Der feine Club der Spießgesellen
"Crony Capitalism" und die Eliten der Macht
Die Mainstream-Medien haben ein Kurzzeitgedächtnis, ansonsten gäbe es für die globale Elite der Macht eine ständige Abfolge von Peinlichkeiten. Wenn man also frühere Vorträge, die diese Elite dem Rest der Welt hielt, mit ihrem derzeitigen Verhalten vergleichen will, dann ist Eile angebracht. Die Finanzkrisen der Jahre 1997-98 in Südostasien scheinen bereits einer anderen Ära vor dem 11. September anzugehören; George W. Bush; die Dotcom Seifenblase und all die anderen Dinge, die Meinungsmacher beschäftigen. Für die jeweils dort ansässigen Menschen hat ihr Einfluß allerdings eine Reihe von Konsequenzen nach sich gezogen; beispielsweise für die Arbeiterklasse in Südkorea und die Armen in Indonesien.
Die Ursache für diese Krisen, die Anstürme auf nationale Währungen lag laut der einigen Stimme des Westens, seiner Elite der Macht, in den verallgemeinerten Phänomenen, denen man die Bezeichnung "Crony Capitalism - Spießgesellentum des Kapitalismus" verlieh. Damit wurde das Argument widerlegt, dass die Krisen durch den ungeregelten und massiven Fluss globaler Kreditfinanzierungen verursacht worden waren. Die Idee des "Crony Capitalism" fasst eine ganze Reihe von Verbrechen zusammen: nationale ökonomische Strategien, die auf eine nationale ökonomische Entwicklung abzielen; jegliches Versäumnis, die Forderungen der World Trade Organization für freien Handel einzuhalten; Korruption; ein Zögern in Bezug auf die "Deregulierung"; ein Mangel an "Transparenz"; und ein allgemeines Verweigern der standardisierten Buchführung. Dass solche Phänomene auf ihren finanziellen Märkten die Rechnung präsentiert bekamen, beschrieb Alan Greenspan, der Superman der Federal Reserve, mit großer Wonne als einen Meilenstein im "unerbittlichen Trend zum Marktkapitalismus".
Clubby Capitalism
Sogar damals verschlug einem die kühne Unverschämtheit dieser verallgemeinerten Anklage die Sprache. Zu Beginn der Krise wurde bekannt, dass ehemalige hohe Angehörige der US Regierung, Demokraten wie auch Republikaner, sich für eine Aufhebung der Beschränkung von Regierungshilfe für Aserbaidschan einsetzten, und zwar im Namen von US Unternehmen, die befürchteten, sie könnten sonst nichts vom Öljackpot des Landes haben. Darunter waren James Baker, Brent Scowcroft, Zbigniew Btzezinski, Dick Cheyney und Lloyd Bentsen. Die "Handhabung" der asiatischen Krise an und für sich war "Crony Capitalism" in Aktion, inklusive seiner Personalmischung aus multinationalen Geschäftsbanken, der US Regierung, ihren Finanz- und Verteidigungsministerien, der IMF und weiteren Geschäftsbankiers. Wir könnten diese Gruppierung als "Clubby Capitalism - Geselligen Kapitalismus" [das Wortspiel funktioniert im Deutschen nicht, vielleicht besser frei mit "geselliger Klub der Kapitalisten" zu übersetzen, damit weitere Bezüge im Text klar werden] bezeichnen, oder wie C. Wright Mills vor ungefähr fünfzig Jahren mit großer Voraussicht sagte, als die Elite der Macht. Sogar Jeffrey Garten von der Yale Management School, den man wohl kaum als radikal bezeichnen kann, fühlte sich zu einem Kommentar berufen: "Trotz all des Geredes über freie Märkte ... ist es eine Tatsache, dass die globale Finanzwelt zum Inbegriff der Verflechtung von öffentlichen und privaten Institutionen, Mechanismen und Interessen wurde". Vor kurzem hat der Bankrott von Enron die Ausmaße dessen enthüllt, was man immer noch als "gesellig" [was man immer noch als den geselligen Klub der Kapitalisten bezeichnen könnte ] bezeichnen könnte, was aber in den USA und anderswo im Westen ebenso zweifellos endemischer "Crony Capitalism" ist.
Die Propagandisten des Neoliberalismus hatten es in den letzten Jahren erstaunlich leicht, eine Phantasiewelt aus ihren Interessen zu spinnen. Belehrend, ständig den Rest der Welt mit äußerstem Selbstvertrauen belehrend. Und immer noch machen sie damit weiter. Irwin Stelzer, einer ihrer Besten, (klubfähiger Berater von Rubert Murdoch und Kumpel von Tony Blair), erklärte uns kürzlich, dass wir Enron dankbar sein sollten, denn durch den Einzug des Wettbewerbs in den Energiemarkt seien die Preise für die Konsumenten gefallen. Unverschämt, diese Leute, wo doch Enrons Engagement in Kalifornien und Indien das Gegenteil beweist.
Aber es geht noch darüber hinaus, es war eine Unverschämtheit historischer Größenordnung, die südostasiatische Krise, wie Greenspan es tat, der staatlichen Beteiligung an der kapitalistischen nationalen Ökonomie zuzuschreiben und das als eine Zutat des "dortigen Crony Capitalism" zu bezeichnen. Es gibt zahllose Beweise für diese ganz spezielle Form der Heuchelei gegenüber unterentwickelten Ländern, die versuchen, sich aus der Falle zu befreien. Alle westlichen Ökonomien nutzten Schutzmaßnahmen für ihre heimischen Industrien und andere Maßnahmen für die Entwicklung nationaler Ökonomien und tun es weiterhin, wie beispielsweise der Fall der US Stahlproduktion zeigt.
Terminator Technologie
Es kommt der Wahrheit wohl näher, dass die Verstrickung westlicher Staaten, die öffentliche Gelder im Interesse des Privatkapitals einsetzen, rasch fortschreitet. In den Vereinigten Staaten beispielsweise haben die enormen Verteidigungsbudgets nicht nur einen großen Teil der Forschungs- und Entwicklungskosten für die neuesten technologischen Fortschritte finanziert sondern auch die Flugzeughersteller unterstützt. Dass die Grundlagen des Internet vom US-Militär entwickelt wurden, wollen seine kapitalistischen Utopisten bis heute nicht wahrhaben. Das Beispiel der "Terminator Technologie" zeigt, wie weitverbreitet das Phänomen ist und wie es funktioniert. Diese Technologie steigert die monopolistische Macht der GM Saatproduzenten durch die Hinzufügung eines Gens, das zu jedem beliebigen Zeitpunkt chemisch "bombardiert" werden kann, um die Saat steril zu machen. Diese Technologie wurde in einer Versuchsstation des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums in Lubbock, Texas entwickelt, und zwar im Interesse der "amerikanischen Technologie". Seither rät man innerhalb des Ministeriums von weiteren Arbeiten an diesem furchtbaren "Durchbruch" ab und die Entwicklung blieb dem Oligopol der Agrarindustrie überlassen. Der Skandal um die deregulierten Bankgeschäfte der Savings and Loan kostete durch das Bundesversicherungsmodell $150 Milliarden an öffentlichen Geldern. Allgemeiner gesagt unterstützten die Staaten des kapitalistischen Westens, nicht nur der USA, und ihre Exportagenturen Exporte im Wert von $432 Milliarden, oft in Entwicklungsländer. "Freier Handel" ist dabei ein ebenso dehnbarer Begriff wie "freie Märkte" und doch belehren wir den unterentwickelten Teil der Welt über diese unverdorbenen Werte.
Zur Zeit der finanziellen Krise in Südostasien haben sich die Sprecher auch auf die Anschuldigung des "Crony Capitalism" verlegt, auf angedeutete und offenkundige Verbindungen sowohl bürokratischer wie politischer Natur zwischen Regulierung und Korruption; sie predigten, als sei die Finanzierung westlicher politischer Parteien durch Unternehmen nicht existent oder würde einem anderen Verhaltensbereich angehören. Vor allem die USA haben in den letzten 30 Jahren serielle Deregulierung betrieben, ein Prozess, der inzwischen auch in Europa aufgegriffen wurde. Es ist bestens bekannt welche Konsequenzen es nach sich zog, Arbeit und Umwelt nicht zu schützen, aber am beständigsten war der Prozess im finanziellen Sektor, dessen außerordentliche Macht (neben der der Medien) zur Zeit von Wright Mills Elite der Macht noch nicht voll ausgeprägt war.
In der Welt der Finanzen hat man die Deregulierung auch als Innovation bezeichnet, so als würde man über einen Durchbruch in der Welt der Technik oder der Medizin sprechen. In den 1980ern gab es solche "Innovationen" im Geschäft mit den Fusionen und Ankäufen von niedrig eingestuften Wertpapieren mit hohen Ertragschancen bei erhöhtem Risiko [Junk Bonds]. Wegen der damaligen finanziellen Skandale musste ein Mann, Michael Milken, jetzt angeblich ein Berater von Rupert Murdoch, zwei Jahre in einem Bundesgefängnis absitzen. 1999 wurde der Galls Steagall Act aufgehoben, ganz wie vom Autor dieser Zeilen vorhergesagt. Dieses Gesetz, eine Folge des Börsenkrachs an der Wall Street 1929 und den daraus gelernten Lektionen, hat kommerzielle Banken und Investmentbanken getrennt. Die Lobby der Banken für den Widerruf war heftig und sie bekamen was sie wollten.
Dotcom Seifenblase
Die "Innovationen", die man zu der Deregulierung der Maklerkommissionen am 1. Mai 1975 zurückverfolgen kann, führten in den späten 1990ern während der "Dotcom Revolution", die sich dann zu einer "Dotcom Seifenblase" entwickelte, zu massiven Vermögensverschiebungen von den Kleininvestoren zu finanziellen Institutionen und den Reichen. Diese Verlagerung des Reichtums schloss auch den Mechanismus des Börsengangs, des sogenannten IPOs (Initial Public Offerings) ein, wonach Investmentbanken, vor allem Frank Quattrone von der Credit Suisse First Boston, Dotcom Firmen mit riesigem Werbeaufwand lancierten, dabei allerdings den institutionellen Investoren schon Anteile zugewiesen hatten, bevor sie auf den offenen Markt geworfen wurden. Diejenigen, die das Glück hatten, eine solche Zuweisung zu bekommen, konnten mehr oder weniger sicher sein, dass der Wert ihrer Anteile in schwindelnde Höhen steigen würde, sobald sie in Umlauf kamen. Dank der streitbaren Natur der amerikanischen Kleininvestoren, die solche Anteile zu überhöhten Preisen kauften bevor die Seifenblase zerplatzte, tauchten Anschuldigungen auf, dass die Banken als Gegenleistung zusätzliche, unangemessen hohe und nicht offengelegte Kommissionen von den institutionellen Nutznießern erhielten. Im Fall der Linux Anteile scheint es ein Arrangement für ein Koppelungsgeschäft gegeben zu haben, durch das der Preis noch weiter manipuliert wurde.
Quattrone soll der CSFB angeblich solche Kommissionen im Wert von $1 Milliarde gebracht haben. Im Januar dieses Jahres, als die dramatischeren Ereignisse bei Enron eher im Zentrum des öffentlichen Interesses standen, erhielt diese Bank, der schon Regulierungsmaßnahmen in Japan, Schweden, Neuseeland und Indien auferlegt worden waren, eine Geldstrafe von $100 Millionen, um Anschuldigungen der SEC wegen IPO Missbrauches aufzuklären. Obwohl man das den Fakten nach als Regulierung bezeichnen kann, trat es doch in Kraft. Das alleine hat die Verschiebung von Reichtum nicht verändert und hat darüber hinaus auch die Rolle der Analytiker in der Dotcom Seifenblase außer Acht gelassen, die sich im Enron Skandal erneut stellt. Im Fall der Seifenblase steht der Staranalytikerfirma Mary Meeker von Morgan Stanley and Henry Blodgett of Merill Lynch Prozesse von Anlegern bevor, die behaupten, es handle sich um einen verdeckten Interessenskonflikt, weil sie Dotcom Aktien in den Medien bewarb während sie gleichzeitig für die Investmentbanken arbeitete, die ein direktes Interesse an diesen Aktienkursen und ihren Verbindungen zu Dotcom IPOs hatten.
"Die Verdeckung eines Interessenskonflikts" ist doch sicher Teil des Wesens des "Crony Capitalism". Der Bankrott von Enron hat einige Löcher in diese spektakuläre Form der Verdunkelung gerissen. Es wurde nachgewiesen, dass die Analytiker, die Finanzmedien, das Regime der Regierung Bush und die Wirtschaftsprüfer alle verdeckte Interessenskonflikte hatten. Das Versagen der Finanzmedien, Enron trotz deutlicher Warnsignale wie beispielsweise dem massiven Rückzug aus dem Spiel um die Breitbandfrequenzen während des letzten Jahres, zu entlarven, lässt Fragen zu ihrer Unabhängigkeit aufkommen. In der Dotcom Seifenblase, die während der letzten Jahre der spektakulärste Sektor im allgemeinen überteuerten amerikanischen Stierkampf war, fürchteten sich die Finanzjournalisten, sogar wenn sie es gewollt hätten, Spielverderber zu sein. Sogar der Retter der Welt selbst, Alan Greenspan, wollte die Rolle des Partyschrecks nicht spielen, sieht man von seiner gnomischen Referenz auf die "irrationale Überfülle" ab. Und nebenbei bemerkt leben die Finanzjournalisten, auch wenn sie ärmer sind, in derselben privilegierten Welt und ihre Firmeninhaber sind normalerweise große Namen in dieser Welt.
Warum Off Shore?
Auch die Analytiker im Fall Enron, die diese Anteile anpriesen und die Warnungen ignorierten, arbeiteten für Banken, die durch die Geschäfte mit Enron Geld machten. Und wieder taucht der Name der Credit Suisse First Boston auf, die ihre Rolle in der Schaffung der kontroversiellen Off-Shore Partnerschaften spielte, auf die Enron so versessen war. Ein CSFB Team unter der Leitung von Laurence Nath half dem inzwischen berüchtigten Enron CEO Andrew Faston, die Off-Shore Vermögenswerte Osprey, Marlin und Firefly aufzubauen. Die CSFB behauptet nun, das seien legitime Unternehmungen zur Kapitalbildung gewesen. Allerdings fragt man sich, warum Off-Shore? Warum sind vor allem die USA und Großbritannien so tolerant gegenüber der finanziellen Welt der Off-Shore Unternehmungen? Und warum gibt es dann in einem anderen Bereich der CSFB so viel Unwissen? Curt Launer, leitender Direktor der Marktforschungsabteilung der Bank, hielt eine massive Kaufempfehlung für Enron bis einige Tage vor der Konkursanmeldung aufrecht. Dieser "Herrscher des Universums" spielt nun vor dem Senatsausschuss für Regierungsangelegenheiten den Einfaltspinsel. "Es scheint jetzt so, als wären einige wichtige Informationen, auf der meine Analyse von Enron basierten, ungenau oder nicht komplett gewesen."
Der Druck, in einer Ära in der das einfach erwartet wird, gute Verdienstzahlen zu erzielen, muss im Fall von Enron enorm gewesen sein. Zu diesem Druck kommt noch die "Innovation" der Anteilsoptionen und die Wirtschaftsprüfungsfirmen, die von bestimmten Klienten gewaltige Honorare erhielten. Unter diesem Gesichtspunkt scheinen die Anklagen, die vor vier Jahren auf die südostasiatischen Staaten herabprasselten, besonders grotesk. Damals wunderte man sich, denn der Vorschlag, die westliche Buchführung könne mit ihren Standards einer scheinbaren Transparenz in dieser Region hilfreich sein, kann nur grimmige Freude ausgelöst haben kann, wenn man beispielsweise an Coopers and Lybrand und ihre Erfolgsgeschichte mit Robert Maxwell, Polly Peck, der Barings Bank und nicht astreinen staatlichen Verträgen in Arizona denkt, wovon allerdings nichts ihre Fusion mit Price Waterhouse verhinderte, die jetzt selbst wegen Fehlverhaltens gestraft wurden. Es ging darüber hinaus, die westliche Annahme, dass das Modell des Aktienkapitals für Unternehmen irgendwie "ethischer" war als hohe Schulden zu haben, sollte selbst die größere Transparenz des westlichen Systems der Buchführung stärken. Tatsache ist, dass das (de-regulierte) US Rechnungslegungsgesetz für Aktienoptionen von den Unternehmen keine klare Aussage zu ihrer potentiellen Haftung für den Fall verlangt, dass alle Optionen geltend gemacht werden. Da Enron Angestellte über ihre Kosten Bescheid wissen, ist das zum einen ein Anreiz, als Firma immer mehr Aktienoptionen auszubezahlen.
Der Enron-Konkurs
Und natürlich ist es ein massiver Anreiz, den Aktienpreis durch eine übertriebene Darstellung des Wohlergehens der Firma, das ja normalerweise durch Profitzahlen angezeigt wird, in die Höhe zu treiben. Im Fall von Enron haben die Wirtschaftsprüfer Arthur Anderson die fälschlich überhöhten Profitzahlen nicht überprüft, weil die Honorare der Firma, Honorare für Konsultationen und Revisionen, als zu hoch erachtet wurden, um auch nur über ihren Verlust nachzudenken, ein Interessenskonflikt, den die Finanzpresse - wie immer zu spät - jetzt hervorhebt. Die Presse tut das, weil der Bankrott von Enron trotz der Zerstörung von Dokumenten im Stil des Kriegsverbrechers Oliver North, die Dose voller Würmer namens Anderson ans Licht brachte. Im Fall von Enron sind die führenden Figuren natürlich echte Piraten, die andere, die versuchten mit dem 11. September die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, in den Schatten stellten, indem sie Aktien, von denen sie wissen mussten, dass sie bald wertlos sein würden, an eine unschuldige Welt loswurden. Wenn sie das tatsächlich waren. Man muss dringend Nachforschungen anstellen, wer diese Aktien in den letzten Monaten wirklich gekauft hat.
In der Zwischenzeit erfüllen die Mainstream-Medien ihre normale Funktion, nämlich die, zu spät zu kommen und dann die Scheinwerfer immer auf die falschen Punkte zu richten. Da ist beispielsweise der leicht erregbare Stephen Sacker von der BBC: gibt es eine "rauchende Pistole", die Präsident Bush direkt mit Verfehlungen von Enron in Beziehung bringt? Nein. Und das war's, eine Frage, die niemand anders auch nur stellte, im voraus beantwortet als gäbe es nichts anderes, das einen Blick wert wäre, wie zum Beispiel die Strukturen des "Crony Capitalism".
Man hat das Gefühl, dass weltweit viele verantwortungsbewusste Bürger sich auf die Geschichte von Enron stürzen und sich an die Hoffnung klammern, sie könnte möglicherweise ein Schwachpunkt in Präsident George Bushs nur schwer nachvollziehbarer innenpolitischen Popularität sein. Wenn man nach den vergangenen Betrügereien der Savings and Loan und der niedrig eingestuften Wertpapiere gehen kann, dann werden ein oder zwei Typen wie Michael Milken dran glauben und ein Jahr oder so in einer Bundesanstalt absitzen müssen; oder sie werden gefeuert, wie Allen Wheat, der ehemaligen Chef von CFBS Investmentgeschäften (er wurde lange vor Enron wegen nicht astreiner IPOs entlassen). Um den Kollaps dieser frech als "langfristiges Kapitalmanagement" bezeichneten Risikofonds im Jahr 1998, an den sich die Keynesianischen Kommentatoren ebenfalls wie an eine Rettungsleine klammerten, kümmerte sich dann geschickt die Elite der Macht mit Greenspan und Rubin an der Front. Und wenn Arthur Anderson als Firma unhaltbar wird, dann ist das Oligopol der globalen Wirtschaftsprüfungsfirmen einen Schritt näher am Monopol... Und dann gab es noch vier!
Denn Enron ist nur eine Geschichte, die Geschichte eines Betrugs der in der Welt des "Crony Capitalism" nicht ewig verschleiert werden konnte. Es stimmt natürlich, dass die persönlichen Verbindungen und Doppelung zwischen Enron und den höheren Gefilden der Busch Administration sehr groß sind, ebenso wie die Summen, die in Bushs politische Karriere investiert wurden. Es entspricht auch der Wahrheit, dass Robert Rubin, Clintons Finanzminister und Chef der "geselligen" Kapitalisten, in der Handhabung der Südostasienkrise bei der neuen Administration im Namen von Enron Lobbying wegen ihrer ausgedehnten Kämpfe in Indien betrieb. Tatsache ist allerdings, dass diese Verbindungen und Doppelungen zwischen den politischen, unternehmerischen und militärischen Welten, wie sie Wright Mills vor 50 Jahren beschrieb, völlig normal sind und sich nicht auf die USA beschränken, was man für diejenigen betonen muss, die von der Bush Administration besonders abgeschreckt werden.
Die Elite der Macht
Man denke nur an Douglas Hurd, als Außenminister ein führender Beschwichtiger von Milsocevics mörderischer Politik, der bald danach von der NatWestBank gut dafür bezahlt wurde, mit Milosevic einen profitablen Kredit auszuhandeln, der den Angriff auf den Kosovo finanzierte. Oder man nehme die simple Bewegung zwischen staatlicher Verwaltung, Wirtschaft und Politik in Frankreich. Oder die Finanzierung der Christdemokraten in Deutschland. Es ist inzwischen normal, dass Politiker und Staatsbeamte oder auch hohe Militärs, wenn sie aus dem Amt scheiden oder in Pension gehen, hochdotierte Posten als Direktoren oder Konsulenten in Firmen übernehmen, die ihre Kontakte und privilegierten Informationen hoch schätzen. Die Elite der Macht als "Crony Capitalism".
Beispielsweise eine Firma wie die in Washington ansässige Carlyle Gruppe. Im Laufe von 15 Jahren konnte sie eine 34%ige Rücklaufquote für ihre Investitionen erzielen und wird jetzt inoffiziell mit einem Wert von $3,4 Milliarden gehandelt. In ihrem Besitz sind auch Firmen, die Munitionen und Ausrüstung für das US Militär herstellen. Einer ihrer ersten Partner war Frank Carlucci, Verteidigungsminister unter Reagan. Ein weiterer ist der allgegenwärtige James Baker, ehemaliger Finanzminister, Außenminister und Personalchef von White, oberster Vollstreckungsbeamter für Reagan und Bush Senior und von Bush Junior beauftragt, den knappen Sieg in Florida im Griff zu behalten. Auch Bush Senior selbst und John Major tauchen in den Büchern von Carlyle auf. So wie Arthur Levitt , ehemaliger Vorsitzender der SEC und scharfer Kritiker der IPOs und der Dotcom Seifenblase, als hochbezahlter Sprecher. Die Firma behauptet, dass sie kein Lobbying gegenüber der Regierung betreibt, sie behauptet das trotz Treffen im letzten Februar zwischen Carlucci und Verteidigungsminister Rumsfeld, als Verträge für die Verteidigungsausgaben vergeben wurden. Auch in ihrem Hauptgeschäft, der Übernahme privater Firmen, ist sie in der Position, den Grossteil der eigenen Finanzen privat zu halten.
Im Gegensatz zu Enron ist diese Firma kein Skandal und doch ist sie ein archetypisches Beispiel für das Funktionieren der Elite der Macht. Im Fall von Enron scheint ihre Vorgehensweise etwas plumper gewesen zu sein. Grosse politische Spenden, eine rotierende Drehtür für das Personal mit der derzeitigen Administration, in der Vergangenheit stach James Baker hervor, und offenes Lobbying für weitere Schritte in der Deregulierung des Energiemarktes sowie, und das ist wirklich ekelhaft, Empfehlungen für Abgeordnete der Federal Energy Regulatory Commission (FERC), die anscheinend in zwei Fällen angenommen wurden. Plump vielleicht, aber konsistent als eine Strategie, alle Ebenen möglicher Deregulierung zu bestechen. Bezüglich der Mitgliedschaft in der US Coalition of Service Industries hat sich Enron in eine Position gebracht, um bei den WTO Verhandlungen mitzumischen. Auch nichts Neues und auch nicht nur für die Regierung Bush typisch. Vielleicht erinnert man sich daran, wie Maurice Greenburg, Zar der US Versicherungsindustrie, unter Clinton einen weiteren Schritt für deren Interessen verlangte, als die Abmachung der WTO zur Liberalisierung von Finanzdiensten mit offenem Opportunismus während der Finanzkrise in Südostasien durchgebracht wurde.
Als es sich trotz der byzantinischen Natur ihrer Finanzen und Finanzdokumente nicht länger verschleiern ließ, machte der Enron Konkurs allerdings deutlich, wie die Verbindungen und Doppelungen funktionieren und wie ekelhaft das derzeit ist. Da ist zum Beispiel die Rolle von Vinson und Elkins, Enrons Anwaltskanzlei und Lobbyisten für Alcoa von wo wiederum Finanzminister O'Neill stammt; Armeeoberbefehlshaber Timothy White, einem ehemaligen Vorsitzenden von Enron Energy; Bundeshandelssprecher Robert Zoellick, ehemaliger Enron Berater. So funktioniert diese Elite der Macht seit den 50er Jahren.
Was sich in den letzten 20 Jahren verändert hat, war die Macht des finanziellen Kapitals und die immer abstrakteren Mittel, durch die sie sich einen ungerechtfertigten Anteil einer kapitalistischen "realen Ökonomie" sicherte. Kürzlich ging es noch einen Schritt weiter, nachdem aus den Armen nicht mehr genug Geld herauszuholen ist, muss jetzt auch die "Mittelklasse" ausgequetscht werden. Wir wissen nichts über das Ausmaß noch die soziale Zusammensetzung derer, die in den Dotcom und Enron Seifenblasen draufgezahlt haben, nur dass es nicht die Reichen waren. Das wissen wir auch über Argentinien, allerdings waren dort die Konsequenzen für die Armen und die Mittelklasse schärfer, und der westliche "Crony Capitalism" profitierte davon in Zusammenspiel mit der lokalen finanziellen Elite. Nicht nur das, sondern dieselben Personen, die Familie Bush und Credit Suisse First Boston.
Die Anpassung des argentinischen Peso an den amerikanischen Dollar
Vielleicht erinnert man sich, dass die Anpassung des argentinischen Peso an den amerikanischen Dollar im Jahr 1990 als großer Schritt vorwärts gepriesen wurde, als ein Schritt, der die Inflation in Schach halten würde. Man muss wohl nicht betonen, dass alle diese Besserwisser seit dem rekordverdächtigen Verzug bei der Schuldenrückzahlung den Kopf schütteln, behaupten, man hätte Probleme herausgefordert und so weiter. In der Zwischenzeit wurde das Land für ausländische Investoren dadurch sowohl extrem profitabel als auch sicher; es wurde den reichen Argentiniern besonders leicht gemacht, ihr Dollar-denominiertes Geld ins Ausland zu schaffen; und es wurden anfänglich die Armen ausgequetscht, die für die privatisierten öffentlichen Dienste, die im Besitz ausländischer Firmen sind, in Peso-Dollars zahlen mussten.
Einer der Hauptverursacher dieser Situation, Domingo Cavallo, in den frühen 90ern Wirtschaftsminister, wurde im April 2001 von Präsident de la Rua zurückberufen um das Land aus seiner trotz des übereilten und preiswerten Abverkaufs öffentlicher Vermögenswerte massiven Schuldenkrise zu retten. Am Tag seines erneuten Amtsantrittes diskutierte er mit seinem Freund David Mulford, Vorsitzender der CSFB International, die Möglichkeit eines Schulden-Swaps. Dem nüchternen Magazin Euromoney zufolge hatten sie eine halbe Stunde nach diesem Treffen die Manager der geschäftlichen Transaktionen von sechs weiteren Schwergewichtsbanken zusammengetrommelt, um einen der größten Schulden-Swaps der Geschichte durchzuführen. $29,5 Milliarden alter argentinischer Garantiescheine wurden gegen neue ausgetauscht. Tatsächlich handhabte man die Krise 2001, indem man sich kurzfristig noch höher verschuldete während die führenden Manager coole $125 Millionen an Kommissionen einstreiften. Jetzt untersucht das argentinische Parlament auch, wie, irgendwie nach Manier des IPO Betrugs, führenden Managern darüber hinaus auch neue Garantiescheine zu ermäßigten und vom Parlament nicht genehmigten Preisen verkauft werden konnten. Um hier bei den Fakten zu bleiben, diese letzte Anschuldigung ist bisher nicht bewiesen, aber es wurde enthüllt, wie der westliche "Crony Capitalism" anderswo arbeitet.
In den Fällen der Carlyle Gruppe und Enron ist die einfache Bewegung, die "Drehtür" zwischen Unternehmen, Investmentbanken und politischer Macht sichtbar. Credit Suisse First Boston (CSFB) ist ein weiterer Fall. Richard Horbrooke, ehemaliger internationaler Friedensstifter der Amerikaner sitzt im Vorstand. David Mulford selbst war Organisator des Schulden-Swaps und Bush Seniors Unterstaatssekretär im Finanzministerium und war in dieser Funktion in den 1990ern verantwortlich für die Implementierung des Brady Schuldenplans in Südamerika. Es ist, als hätte er während seiner Zeit in der Regierung einen Testlauf für das durchgeführt, was er dann im Namen der CSFB tat und was ihm auch durch die enge Beziehung zwischen dem ehemaligen Präsidenten Menem und der Familie Bush erleichtert wurde. Mr. Mulford sitzt auch im Vorstand der Banco General de Negocios dessen Vorsitzende, die Rohm Brüder, unter Verdacht stehen, im Dezember 2001 $30 Millionen aus Argentinien hinausgeschafft zu haben, und zwar nachdem beschlossen worden war, normalen Staatsbürgern, die nicht zum Klub der Spießgesellen gehören, keinen Zugriff auf ihre eigenen Bankersparnisse zu gestatten. Wie Euromoney hervorhebt, profitierten Freunde von George Bush und seiner Administration in der Zwischenzeit sehr von Menems und Cavallos Privatisierungsgeschenken, die letztendlich dazu führten, dass einige "öffentliche" Dienste für viele argentinische Bürger nicht mehr leistbar sind.
Reizwort Transparenz
In den herablassenden Vorträgen, die während der südostasiatischen Krise gehalten wurden, war das Reizwort Transparenz und ihre Notwendigkeit. Damals war bereits mit ebenso großer Autorität das Gegenargument des "Geschäftsgeheimnises" zu hören, falls und wenn unangenehme Fragen über westliche Geschäftspraktiken gestellt wurden. Transparenz wie sie von den Predigern gepredigt wurde sollte nie demokratische Kontrolle bedeuten. Stattdessen war es eine selbstgefällige Bestätigung professioneller Standards bei der Rechnungsprüfung und Regulierung, wie sie vor allem in den USA vorherrschten. Die Myriaden von Nicht-Offenlegungsklauseln, die für und im Namen des "Crony Capitalism" geschaffenen worden waren; die Komplexität finanzieller Derivative; das Off-Shore Bankwesen, die Kompromittierung dieser professionellen Standards durch die De-Regulierung; die Präsenz solchen professionellen Personals im Orbit des "Crony Capitalism"; und die Drehtür zwischen Regierung, Banken und Unternehmen, sie alle strafen diese Behauptung Lüge.
Die Vortragenden halten wieder Reden. Finanzminister O'Neill hat im Rahmen des letzten World Economic Forum dem Rest der Welt die Ergebnisse mitgeteilt: es war alles die Schuld Argentiniens; mehr Deregulierung und so weiter. Im Fall von Argentinien ist die Administration abhängig von der Angst vor einem Bürgerkrieg, um zu verhindern, dass autarke und Keynsianische politische Strategien zu weit gehen. In den USA selbst schafft das, was Enron verdeutlicht hat, aber vielleicht ein schwierigeres politisches Problem. Der Kleininvestor ist ein entscheidendes ideologisches und finanzielles Element des US Kapitalismus. Diese Menschen, die sich vielleicht schon auf dem Aktienmarkt die Finger verbrannt haben, sind jetzt womöglich vorsichtiger mit ihren Investitionen, weil sie den Zahlen nicht mehr unbedingt trauen. Die Wiederherstellung ihres Vertrauens könnte Regulierungen beinhalten, die für den vom finanziellen Sektor dominierten "Crony Capitalism" inakzeptabel sind.