Der katholische "Weiberaufstand" ist da
- Der katholische "Weiberaufstand" ist da
- Das Kalkül des klerikalen Männerbundes
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Gegen Fundamentalismus und Starrsinn der klerikalen Männerherrschaft setzen die kirchlichen Frauenverbände jetzt auf Streik
Als die kluge wie streitbare Publizistin und Katholikin Christiane Florin 2017 ihr Buch "Weiberaufstand" vorlegte, bemerkte eine Rezensentin, von einem Aufstand der Frauen in der römisch-katholischen Kirche könne leider noch nicht die Rede sein.
Das hat sich nun spätestens seit diesen Maitagen gründlich geändert, nachdem bereits im April den Redakteurinnen des ersten Frauenmagazins im Vatikan der Kragen geplatzt war.
In diesem Zusammenhang soll nachfolgend auch daran erinnert werden, dass für den Theologen und Ex-Papst Joseph Ratzinger - ganz gemäß bayerischer Kirchensozialisation - nur eine Mannesgestalt die "Transzendenz Gottes" versinnbildlichen kann!
"Maria 2.0": Die Frauenverbände entlarven den Machtkult und verweigern den Gehorsam
Da sich die fundamentalistische Kleriker-Sekte weiterhin taub stellt und ihre Männerselbstanbetung allen Gläubigen als ein göttliches Dogma hinstellt, verlegen sich große katholische Frauenverbände jetzt auf Streik und eigene Gottesdienste im Sinne der angestrebten Reformation - dies alles ganz im Einklang mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken und ungezählten Seelsorgern der Leutekirche. Es ist wohl kaum übertrieben, von einem historischen Ereignis zu sprechen.
Die Anfänge des Streikaufrufs liegen im einstmals tiefkatholischen Westfalen und finden über die Unterstützung der bundesweiten Organisationen (Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, kfd; Katholischer Deutscher Frauenbund, KDFB) im Nu überall Anklang.
Als Bildsymbol zeigt die neue Bewegung die Mutter Jesu, der das Kirchenregime einen Maulkorb verpasst hat. Die Mariengestalt der patriarchalen Dogmatiker ist zum Schweigen verdammt und zeichnet sich aus durch einen Gehorsam, wie ihn die "Mächtigen dieser Welt" (Markus-Evangelium 10,42) von ihren Untergebenen erzwingen. Die "Maria" der feministischen Theologie ist hingegen eine selbstbewusste Frau, mit einem unvergleichlichen Gehörsinn für Worte des Lebens beschenkt und deshalb berufen zu reden.
Das Zuhören ist nun aber genau das, was dem Männermacht-Klerus, der selbstreferentiell und inhaltsleer daherredet, vollständig abgeht. Das Ende dieser Riege wird so aussehen wie bei allen stalinistisch ambitionierten Systemen. Wenn die Frauen stark bleiben und zeitig genug die richtigen Verbündeten finden, wird dies aber nicht gleichzeitig das Ende der römisch-katholischen Kirche in Europa sein müssen.
Reaktionen deutscher Bistumsleiter
Durch die Abgründe der jahrzehnte- bzw. jahrhundertelang vertuschten sexualisierten Gewalt ist die Legitimation der selbstherrlichen Männeralleinherrschaft von Klerikern endgültig dahingeschmolzen. Bekümmerte Bistumsleiter wissen, dass ohne eine durchgreifende Antwort auf die "Geschlechterfrage" in allernächster Zeit ein Massenexodus der Frauen aus der Kirche nicht mehr zu stoppen sein wird.
Vor Ort sind es jedoch in erster Linie die weiblichen Getauften, die das Christentum an eine nächste Generation noch weitergeben. Bezogen auf die meisten Gemeinden kann man mit Fug und Recht sagen: "Alle Kirchen werden still, wenn der Frauenkreis es will."
Der Generalvikar von Speyer signalisiert in offenkundiger Absprache mit dem Ortsbischof seine Sympathie mit den Forderungen der Frauen. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bekräftigt sein Votum, die Weiheämter für Frauen zu öffnen und wenigstens Diakoninnen zu weihen.
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer wünscht einen freien kirchlichen Diskurs über Frauen als Priesterinnen. Ähnlich äußerte sich schon früher Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck.
Auf der anderen Seite bieten aber auch hierzulande noch einige Bischöfe, die offenbar auf dem theologischen Stand pubertierender Priesteramtskandidaten stehengeblieben sind, karnevaleske Schauspiele eines patriarchalen Fundamentalismus. Ihr Motto scheint zu lauten: "Ich bin der HERR, mein Gott."
Diskussionsniveau und Argumentationsfiguren fallen hier wahrlich gruselig aus. Die Kirche sei kraft göttlicher Weisung (!) nicht ermächtigt, Frauen zu weihen. Jesus sei ein Mann gewesen, deshalb könne die Kirche keine Frauen mit Weiheämtern beauftragen … und mehr von dieser Art.
Der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer hält eine Ordination von Frauen für absolut ausgeschlossen und fürchtet dieser Tage um die Reinheit des Glaubens. Der Mann hat wirklich Sorgen um das Heil der Welt!
Das Drama der Pontifikate von Karol Wojtyla und Joseph Ratzinger
1982 offenbarte uns Studierenden in Bonn ein angesehener Theologieprofessor und Priester seine Sorge über den neuen Kirchenkurs von Johannes Paul II. Der Papst komme aus einem autoritären Land und zudem aus einem Katholizismus, der von der Aufklärung ganz unberührt geblieben sei.
Im 19. Jahrhundert hatte ein gewalttätiges Kirchenregiment unter Pius IX. mit Polizeistaat-Methoden durchgesetzt, dass die Errungenschaften der Aufklärung aus dem Raum der Kirche wieder ganz verbannt wurden. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil 1962-65 gab es mannigfache Bestrebungen, der Freiheit und dem aufgeklärten Denken wieder ein Zuhause in der römischen Kirche zu verschaffen.
Mit dieser Dynamik machte der autoritäre Karol Wojtyla kurzen Prozess. Sein Chef-Theologe und Nachfolger Joseph Ratzinger dachte ebenfalls nicht daran, ein freies Gespräch über voraufgeklärte Paradigmen der Lehramtstheologie zuzulassen. Alle, die sich zwischen 1978 und 2013 für eine stillschweigende Anpassung entschieden, verdrängen heute offenbar die bedrückenden Zeiten.
Doch treukatholische Nonkonformisten wissen noch sehr gut, wieviel Traurigkeit diese beiden Pontifikate mit ihren diktatorischen Machtworten, Redeverboten, Amtsenthebungen, Lehrverurteilungen und anderen Maßregelungen verbreitet haben.
Dieser Kontext ist mit Blick auf die gegenwärtige kirchliche Blockade im Diskurs über Geschlechtergerechtigkeit und Abschied vom Fundamentalismus zu beachten. In seinem Buch "Jesus von Nazareth" (Bd. 1: 2007) schreibt Joseph Ratzinger, gemäß dem normativen biblischen Sprachgebrauch müssten Gottestitel und Anrede für Gott männlicher Natur sein; denn nur das Bild vom Vater sei geeignet, "die Andersheit von Schöpfer und Geschöpf, die Souveränität seines Schöpfungsaktes" auszudrücken und die "reine Transzendenz Gottes" zur Reife zu bringen!
Solche patriarchalen Ausführungen sind geradewegs eine Gegenthese zu Albino Luciani (Johannes Paul I.), dem vielleicht zärtlichsten Papst des 20. Jahrhunderts, der in seiner nur 33-tägigen Amtszeit am 10. September 1987 sagte: Gott "ist unser Vater; noch mehr, er ist uns auch Mutter."
Joseph Ratzinger meint seine "normativen" theologischen Bezugnahmen auf Geschlechter-Bilder sehr ernst. Schon in seiner theologischen Meditation "Die Tochter Zion" (1977) heißt es z.B.: "Die irdisch vaterlose Geburt [Jesu] ist der innerlich notwendige Ursprung dessen, der allein zu Gott 'mein Vater' sagen durfte […]." Bei einer doppelten (irdischen und himmlischen) Vaterschaft wäre Jesus demnach in einen Konflikt mit dem göttlichen Gebot der Elternliebe (genauer: Vaterliebe = Vatergehorsam) geraten.
Hingegen gilt eine irdische Mutter (Maria) bei Ratzinger nicht als Problem, weil Jesus ja keine himmlische Mutter hat, die in Konkurrenz zu dieser treten könnte.
In diesen konfusen, zweifellos fundamentalistischen Anschauungen wird die persönliche "Familienpsychologie" des Autors geradewegs zu "metaphysischen Sachverhalten" überhöht. Auf ähnlich dürftiger Basis verbot der aus Polen kommende Papst 1994 herrisch allen in der Kirche, über ein Priestertum der Frau auch nur frei zu diskutieren.
Josef Ratzinger verstieg sich anschließend per Dekret zur absurden Behauptung, die entsprechende Lehramtsentscheidung zum Ausschluss der Frauen sei kraft göttlicher Vollmacht unfehlbar.
Die diktatorische - geistig gewalttätige - Ära der letzten beiden Pontifikate hat das freie Nachdenken und jede zukunftsträchtige Arbeit von Theologinnen und Theologen erstickt. Zumindest die sichtbaren "Früchte" des autoritären Männerdenkens sollten die Kirche heute bewegen, umzukehren.
In den letzten Jahren hat sich z.B. gezeigt, dass der polnische Katholizismus zu einem durchaus beträchtlichen Teil lediglich eine substanzlose "nationalreligiöse Ideologie" ist, die sich der von Papst Franziskus eingeforderten globalen Solidarität von Christen verweigert. Nach Irland sieht mit etwas Zeitverzögerung Polen als ein weiteres stramm römisch-katholisches Land in Europa aufgrund der Enthüllungen über die sexuelle Gewalttätigkeit im männlichen Klerikal-System einer rapiden Entkirchlichung entgegen.
Gerade auch Karol Wojtyla ist Teil eines abgründigen Systems gewesen, was man z.B. im Vorwort der soeben erschienenen Neuauflage von E. Drewermanns Kleriker-Buch belegt findet.
Mit dem Fundamentalismus der Ratzinger-Schule kann die römische Kirche im dritten Jahrtausend schließlich nur noch zur Sekte werden. Unverdrossen folgt jedoch die Glaubenskongregation auch gegenwärtig den alten Männerlehren.
Papa Francesco hat 2016 bei den Frauen in der Kirche zaghafte Hoffnungen geweckt. Doch es behalten leider seine bürgerlich-liberalen Kritiker Recht, die der Kirche der Armen nicht nahestehen: Der gegenwärtige Papst liefert bislang rein gar nichts, um die Untertanenrolle der Frauen im Kirchengefüge der Herren aufzusprengen. Die Devise lautet aktuell: Abwarten und nichts tun. Das ist zweifellos keine überzeugende Befreiungstheologie.