Der lettische Zentralbankchef und das unbeliebte Geld aus dem Osten

Seite 2: Vorwürfe gegen Russland auf dürrer Grundlage

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Olegs Fils, zusammen mit einem Geschäftspartner Mehrheitsaktionär der ABLV, musste am 27. Februar das Ende der Bank verkünden. Das Mitgefühl der Letten dürfte sich in Grenzen halten: Fils gilt als einer der reichsten Einwohner Lettlands. Rebaltica berichtet süffisant, dass seine Frau sich auf Instagram bis vor kurzem mit Luxusjachten, Privatflugzeugen und Reisen zu Champagnerproduzenten inszenierte.

Die ABLV gilt trotz ihrer Zentrale in Riga als "russische" Bank, der misstraut wird. Das Geflecht aus vielen unbewiesenen Behauptungen und wechselseitigen Vorwürfen, über das der Leiter des lettischen Verfassungsschutzes, Janis Maizitis, am 7. März im Lettischen Radio gestand, Lüge und Wahrheit noch nicht unterscheiden zu können, reichte dem lettischen Verteidigungsministerium, über den Urheber der Vorwürfe gegen Rimsevics zu spekulieren. Mit "hoher Wahrscheinlichkeit" handele es sich um eine von außen organisierte Desinformationskampagne, wie man sie in der Wahlkampfzeit in den USA, Frankreich und Deutschland beobachtet habe.

AP-Journalist Carlo Piovano habe das bereits erwähnte Foto mit einer falschen Zeitangabe getwittert, behaupte, es stamme aus dem Jahr 2010 - als Pilshchikov noch russischer Rüstungsmanager war -, doch nach Angabe der internationalen Foto-Datenbank Scanpix sei das Bild erst am 19. Februar ins Internet gestellt worden. Danach sei das Foto weltweit von Redaktionen verbreitet worden, die sich mit dem lettischen Finanzmarkt nicht auskennen.

Das alles bekundet möglicherweise eine sehr breit angelegte Desinformationskampagne, um das Image Lettlands innerhalb der westlichen Länder anzuschwärzen und das gesellschaftliche Vertrauen in den Staat auszuhöhlen. Mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit ist vorauszusehen, dass dies nicht das Ende der Kampagne ist und eine Fortsetzung folgen wird. Das Verteidigungsministerium räumt ein, dass dies nur der Anfang ist, um von außen die lettische Innenpolitik und die bevorstehenden Saeima-Wahlen im Oktober dieses Jahres zu beeinflussen.

Lettisches Verteidigungsministerium

Den lettischen Lesern ist klar, wer mit dem Bösewicht "von außen" gemeint sein dürfte. Auch Ministerpräsident Maris Kucinskis, der zunächst Rimsevics' Rücktritt gefordert hatte, hält es für möglich, dass Guselnikov und die Norvik-Bank das Image Lettlands schädigen wollten, denn Beweise habe er den lettischen Behörden nicht vorgelegt.

Hat also die Norvik-Bank im Auftrag Russlands die US-Agentur Associated Press instrumentalisiert, um Lettland zu destabilisieren? Bei der Norvik scheint es sich um keinen Club von Putin-Gesellen zu handeln: Seit Ende Januar ist Anders Fogh Rasmussen ihr stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Der Däne war von 2009 bis 2014 Nato-Generalsekretär. Während der Ukraine-Krise verfocht er eine harte Haltung gegen Russland, so dass das Handelsblatt bei seinem Abgang titelte "Der Scharfmacher tritt ab". Seit 2015 arbeitet Rasmussen auch als Berater für Goldman-Sachs.

Westliche Banken erwünscht

Letzte Woche sprach Marshall Billingsley, Staatssekretär des US-Finanzministeriums, in Riga mit der lettischen Finanzministerin Dana Reizniece-Ozola. Beide zeigten sich einig in der Frage, dass gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung mehr unternommen werden müsse, die USA haben weitere zehn lettische Banken mit ausländischen Kunden im Visier.

Billingsley kam auch mit Vertretern dreier skandinavischer Banken, die in Lettland Filialen haben, und der Citadele-Bank zusammen. Der US-Vertreter lobte deren Fortschritte bei der Kundenüberwachung. Wer beispielsweise als Ausländer bei der Citadele ein Konto hat, muss die Steuernummer seines Heimatlandes nennen und auch angeben, wenn er ein politisches Amt ausübt.

Böse "russische" Banken und "gute" westliche Banken? Der von Billingsley erweckte Eindruck trügt. Die größte der skandinavischen Bankfilialen in Lettland ist die Swedbank. Sie destabilisierte 2009 den lettischen Finanzmarkt mit ungezügelter Kreditvergabe, sie war mitverantwortlich für die folgende Rezession und Austeritätspolitik, die griechische Verhältnisse vorwegnahm. Auch die Swedbank wurde schon von der FKTK wegen mangelnder Kundenüberwachung mit einer Geldbuße bestraft.

Diese "westlichen" Geldinstitute machen vor allem mit inländischen Kunden Geschäfte und konnten unter verschärfter US-Kontrolle leichter umsteuern. Die ABLV wiederum war nicht lediglich ein Geldspeicher für spekulatives ausländisches Schwarzgeld. Ihre Bilanzsumme betrug mehr als drei Milliarden Euro, fast die Hälfte des lettischen Staatsetats. Zirka eine Milliarde des ABLV-Kapitals sollte in ein neues Rigaer Viertel mit Wohn- und Bürogebäuden fließen. Dort wurden die Bauarbeiten schon eingestellt. Zudem plante die ABLV Charitable Foundation die Mitfinanzierung eines Museums für zeitgenössische Kunst. Auch dieses Projekt ist nun gefährdet.

2015 registrierten lettische Banken mehr als 12 Milliarden Euro Einlagen ausländischer Kunden. Davon sind seitdem 35 Prozent wieder aus Lettland abgeflossen. Nur wenige Experten sehen diese Entwicklung kritisch, wie z. B. Sandris Tocs, der sich darüber beklagt, dass das kleine Luxemburg sich nicht fügt und die dortige ABLV-Filiale bestehen lässt, Lettland hingegen gehorche, weil man Europa und den USA nicht widersprechen dürfe.

Symbolträchtig ist der Transfer zwischen der ABLV und der Citadele-Bank, die vor einigen Jahren unter ungeklärten Umständen billig an US-Investoren verkauft wurde: Sie wird ABLV-Kunden das Geld in Höhe von bis zu 100.000 Euro auszahlen, das ihnen nach dem lettischen Sicherungsfonds zusteht.