Deutsche Energiewendungen: Vom EEG über Desertec zur Wasserstoffstrategie
Seite 3: Klimaschutz in Westafrika
Auf zwei Ebenen wären die sozioökonomischen Bedingungen einhergehend mit einem konsequenten Klimaschutz vor allem in der Sahel-Zone Westafrikas zu verbessern.
Kurzfristig müsste eine flächendeckende, lokale Versorgung mit (zunächst weitgehend autarken) Photovoltaikanlagen erfolgen, was die Lebensqualität der in Afrika überwiegend noch nicht stromversorgten Wohnorte erheblich verbessern und zugleich auch den Verbrauch von fossilen Brennstoffen deutlich reduzieren würde. Dazu bedarf es finanzieller Ressourcen, um mit den auf dem Weltmarkt sehr preiswert verfügbaren Photovoltaik-Modulen auf lokaler Ebene die dafür notwendige Infrastruktur zu erstellen, was dort auch mit erheblichen Arbeitsplatzeffekten verbunden wäre.
Rainer Baake, Direktor des Thinktanks Stiftung Klimaneutralität und früherer Umwelt- und Energiestaatssekretär stellte dazu kürzlich fest:
Afrika ist der Kontinent mit dem größten Nachholbedarf bei der Elektrifizierung. Die Zahl der Menschen, die weltweit keinen Zugang zu Elektrizität haben, fiel 2017 zum ersten Mal in der Geschichte unter eine Milliarde - von denen leben 60 Prozent in Afrika.
Photovoltaikanlagen für eine Export-Wasserstoffproduktion würden den in vielen Regionen herrschenden Wassermangel noch verschärfen.
Langfristig müsste das bereits 2005 von der Afrikanischen Union beschlossene, aber bisher nur punktuell umgesetzte Projekt der "Großen Grünen Mauer" durch Wiederaufforstungen über die gesamte Breite Westafrikas vorangetrieben werden. Vorbild ist dabei ein entsprechendes Projekt in China, das dort über mehrere Jahrzehnte konsequent verfolgt und mittlerweile erfolgreich umgesetzt wurde.
Im Rahmen des im Januar 2021 in Paris stattgefundenen Klimagipfels "One Planet Summit" wurde von Frankreichs Präsident Macron versprochen, seinerseits mindestens ein Drittel der dafür benötigten Mittel aufzubringen. Zweifel darüber, ob dieses und ähnlich gelagerte Versprechen umgesetzt werden, sind freilich nicht nur vor dem Hintergrund der kolonialen Vergangenheit europäischer Mächte angebracht.
Eine Wiederaufforstung der Sahel-Zone ist prinzipiell nur möglich, wenn dort fossile Grundwasserkörper angezapft werden, die sich vor Jahrtausenden in der damals noch vorhandenen Feuchtregion gebildet haben. Ähnlich wie Erdgas und Erdöl handelt es sich hierbei um fossile Quellen, die unter den mittlerweile geänderten klimatischen Verhältnissen nicht mehr erneuerbar sind. Eine ökologisch vertretbare Nutzung ist deshalb zur Wasserstoffelektrolyse keinesfalls akzeptabel und selbst für ökologisch sinnvolle Aufforstungsprojekte nicht unproblematisch.
Schließlich dauert es mindestens einige Jahrzehnte, bis sich aus angepflanzten Baumplantagen eine Biodiversität entwickelt, die man als Ökosystem Wald bezeichnen kann. Dieses zeigen auch die Erfahrungen aus China. Erst dann sind Voraussetzungen geschaffen, damit der Grundwasserentnahme ein entsprechender Zulauf aus einem neu geschaffenen Feuchtsystem gegenüber steht. Derartige Überlegungen findet man im H2-Atlas des Forschungszentraums Jülich allerdings nicht, wo es ja nur um die deutsche Perspektive geht.
Die generelle Wasserknappheit in Nordafrika wird auch im SRU-Gutachten als Problem angesehen (Absatz 89), weshalb die Nutzung von Oberflächenwasser generell als problematisch eingestuft wird. Das SRU-Gutachten weist zwar auch darauf hin, dass man in Küstenregionen prinzipiell das benötigte Elektrolysewasser durch vorgeschaltete Meerwasserentsalzungsanlagen gewinnen könne (Absatz 90), jedoch nur mit erheblichen Zusatzkosten und ökologischen Risiken.