Deutsche Krankenhäuser in der Krise: Bund oder Länder – wer soll zahlen?

(Bild: Sasin Tipchai, Pixabay)

Lauterbach plant mit dem "Krankenhaustransparenzgesetz" stärkeren Eingriff in Krankenhausmarkt. Länder widersetzen sich. Ein Weiter so ist dennoch ausgeschlossen.

Ein aktuelles Problem vieler deutscher Krankenhäuser ist die mangelnde Finanzierung der Infrastruktur. Die Bundesländer kommen ihren gesetzlichen Verpflichtungen zur Finanzierung der Krankenhausinfrastruktur seit Jahren nicht mehr nach.

Die Krankenhäuser sind daher gezwungen, ihre Infrastruktur selbst zu finanzieren und sich auf die Behandlungen zu konzentrieren, die ihnen in der aktuellen Situation den höchsten Gewinn bringen. Ob sie für den Patienten wirklich notwendig sind, ist dabei leider zweitrangig.

Und es gibt noch einen zweiten Engpass: Nach Corona konnten viele Behandlungen nicht mehr durchgeführt werden, weil zu viel Personal in der Intensivpflege verschlissen wurde und für die anderen Bereiche zu wenig Personal zur Verfügung stand und kein neues mehr rekrutiert werden konnte. Die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland stößt dort inzwischen auf zunehmenden Widerstand, weil man die Abwanderung von qualifiziertem Personal nun unbedingt verhindern will.

Schon vor drei Jahren hatte der serbische Staatspräsident Aleksandar Vučić dem damaligen deutschen Gesundheitsminister Jens Spahn auf der Suche nach Pflegekräften gesagt: ″Ich möchte nicht, dass du nach Serbien kommst und meine Schwestern abholst.″ Das nimmt man ihm in Deutschland wohl bis heute übel.

Trotz deutlich gestiegener Löhne gibt es zu wenig einheimische Pflegekräfte, sodass viele Pflegestellen unbesetzt bleiben. Besonders betroffen von diesem Mangel sind viele deutsche Kinderkliniken. Dort können auf den pädiatrischen Intensivstationen durchschnittlich ein Drittel der Betten wegen Personalmangels nicht genutzt werden. Die reduzierte Auslastung bei steigenden Kosten für die Klimatisierung hat dafür gesorgt, dass so manchem Krankenhaus jede Kalkulation entgleist ist und in dieser Situation nur noch der Gang zum Insolvenzrichter blieb.

Aus den Ländern kommt jetzt der Ruf nach mehr Geld vom Bund. Die Entscheidung über Krankenhausstandorte und die Ausstattung der Krankenhäuser will man aber weiterhin auf Landesebene belassen. Der Bund soll lediglich als Geldgeber auftreten. Wenn der Bund schon in die Finanzierung einsteigen soll, dann will der Gesundheitsminister auch die Regeln dafür festlegen.

Das gefällt weder den Ländern noch den Trägern der Krankenhäuser. Ohne jedes Mitspracherecht der Länder würde die Krankenhausstruktur in den einzelnen Bundesländern nach den allein von Karl Lauterbach ersonnenen Definitionen sortiert.

Leidet die deutsche Gesundheitsversorgung unter zu vielen Krankenhäusern?

Das legt die fünfte Empfehlung der "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" nahe, die sich auf die drei Bereiche Krebs, Schlaganfall und Endoprothetik konzentriert.

"Die von der Regierungskommission durchgeführte wissenschaftliche Potenzialanalyse hat gezeigt, dass im gegenwärtigen System Krebs- und Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten früher sterben als nötig, weil zu viele Krankenhäuser diese Behandlungen durchführen", stellt Tom Bschor, Leiter und Koordinator dieser Regierungskommission fest.

Das legt die fünfte Empfehlung der "Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung" nahe, die sich auf die drei Bereiche Krebs, Schlaganfall und Endoprothetik konzentriert.

"Die von der Regierungskommission durchgeführte wissenschaftliche Potenzialanalyse hat gezeigt, dass im derzeitigen System Patientinnen und Patienten mit Krebs und Schlaganfall früher sterben als notwendig, weil zu viele Krankenhäuser diese Behandlungen durchführen", stellt Prof. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission, fest.

Modellrechnungen haben ergeben, dass eine schnelle Versorgung in einer spezialisierten Klinik der Gesundheit des Patienten mehr nützt als die schnellere Einlieferung in ein nicht spezialisiertes Krankenhaus und die anschließende Verlegung.

Wichtig scheint hier die schnelle Erkennung vor Ort zu sein, die einen sofortigen Transport in die richtige Abteilung ermöglicht. Wenn hier der erste Notarzt den Notfall nicht richtig interpretiert und der Patient keine spezifischen Angaben macht, nützen auch viele Krankenhäuser wenig.

Auch bei den Medikamenten droht ein Kahlschlag

Seit Anfang des Jahres gelten in Deutschland strengere Regeln für die Preisgestaltung von Arzneimitteln. Mit dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz besteht nun aus Sicht vieler Ärzte die Gefahr, dass wichtige Medikamente vom Markt verschwinden, warnen Infektions- und HIV-Mediziner. Und wenn die aktuelle US-Politik gegen die hohen Arzneimittelpreise in den USA vorgeht, werden ab 2026 auch alle Möglichkeiten der Quersubventionierung enden.

Den Schweizer Firmen Roche und Novartis, die zuletzt verstärkt auf teure Medikamente gesetzt haben, wird das gar nicht gefallen. Denn die USA waren praktisch der letzte Markt, in dem der Staat bei der Festsetzung der Medikamentenpreise nicht mitreden durfte und der Pharmaindustrie hohe Gewinne ermöglichte.

Was hierzulande kaum beachtet wird, ist die Tatsache, dass der Inflation Reduction Act (IRA) nicht nur die Ansiedlung von Industriebetrieben in den USA begünstigt, sondern auch den Spielraum der Arzneimittelhersteller bei der Preisgestaltung einschränken soll.

Wenn die Margen für die Pharmahersteller zu gering werden und damit die Ziele ihrer Aktionäre in weite Ferne rücken, werden sich immer mehr Anbieter vom Markt verabschieden und nur noch Spuren in der Lieferengpassliste des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hinterlassen.

Nachdem Indien seine Arzneimittelexporte wegen des Eigenbedarfs gedrosselt hat, hängt die Arzneimittelversorgung am seidenen Faden der chinesischen Hersteller und am Wohlwollen der Regierung in Beijing.

Für das deutsche Gesundheitssystem wird die Luft bei steigenden Kosten immer dünner und die Überalterung könnte in Deutschland zu einem immer größeren Problem werden. Offensichtlich rächt sich jetzt die jahrzehntelange Flickschusterei und die Politik kann das bestehende System nicht mehr in Gänze retten, sondern muss sich auf die Strukturierung und Finanzierung der Zukunftsbereiche konzentrieren.

Dabei wird die medizinische Versorgung der Kinder Vorrang vor der Versorgung der Alten haben müssen. Beides in gleichem Maße zu leisten, würde die Ressourcen hierzulande überfordern, mit oder ohne Lauterbach.

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