Deutsche Teilnehmer: Kündigungen nach russisch organisierter Beobachtung in der Ost-Ukraine

Seite 2: BBC-Journalist bestätigt Kritik an deutschen Teilnehmern

Bei der Pressekonferenz, die auch der Autor des t-online-Berichts erwähnt, sprach Baab gemeinsam mit anderen über seine Beobachtungen bei der Abstimmung. Dem Ausschnitt zufolge, der auf RT DE zu sehen ist, berichtete Baab von einem einhelligen Meinungsbild der Bevölkerung sowie von einer hohen Wahlbeteiligung. Er kritisierte allerdings auch einige Wahllokale unter freiem Himmel. Dort sei die Geheimhaltung nicht gewährleistet gewesen.

Es sei ihm wichtig gewesen, diese Kritik zu äußern. "Ich habe das gesagt, was ich gesehen habe", so Baab gegenüber hintergrund.de. Lars Wienand, der auf t-online.de über die Teilnahme Deutscher an den Referenden in der Ostukraine geschrieben hat, bewertet deren Teilnahme an der Pressekonferenz als Parteinahme. Auf Twitter schrieb er: "Die Journalisten, die ich kenne, sitzen bei brisanten Pressekonferenzen nicht auf dem Podium."

Bestätigt wird diese Einschätzung auch von dem britischen Journalisten Francis Scarr, der für die BBC tätig ist. Er verwies auf Twitter unter anderem auf die Auftritte der Teilnehmer der russischen Mission. Eine slowakische Teilnehmerin bezeichnete die umstrittenen Referenden als ein "historischen Ereignis", an dem sie dank der russischen Einladung habe teilnehmen können. Scarr zeigte auch ein russisches Video, in dem Schaller die international heftig kritisierten Referenden als "sehr gut organisiert" und "transparent" bezeichnet.

Nach seiner Freistellung bereute Schaller seinen Aufenthalt in der Ostukraine, der rein privat gewesen sei. Dem Hessischen Rundfunk sagte er, dass er es nie wieder tun würde:

Ich war einfach so naiv zu glauben, ich könnte die technische Beobachtung von der politischen Dimension trennen.

Stefan Schaller

Der Energiemanager sprach gegenüber dem Sender auch von seiner Überzeugung, dass es sich immer lohne, nicht nur die eine Seite zu sehen. Die Aufmerksamkeit, die sein Auftreten vor Ort hervorgerufen hat, habe ihn selbst überrascht.

Die Rechtmäßigkeit der Referenden wird vor allem von westlichen Regierungen und der Europäischen Union entschieden in Frage gestellt. Diese Ablehnung begründet sich zum einen in der militärischen Besatzung der Gebiete durch Russland beziehungsweise prorussische Kräfte. Zum anderen sei Dauer und Ablauf der Abstimmung nicht mit demokratischen Grundsätzen vereinbar.

Weder am Ergebnis der einseitig anberaumten und kontrollierten Abstimmung noch an der Zustimmung Russlands herrscht ernsthafter Zweifel. Die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete, Senatoren seien aufgefordert worden, sich auf ein "wichtiges Ereignis" am Freitag vorzubereiten und dafür drei Corona-Tests zu machen – ein möglicher Hinweis auf eine Veranstaltung mit Wladimir Putin.

Bei einer Umsetzung dieser Pläne würden insgesamt etwa 15 Prozent der Ukraine dauerhaft besetzt. Zudem sollen drei Prozent des ukrainischen Territoriums unter russische Kontrolle gestellt werden, die von russischen Truppen derzeit noch nicht kontrolliert werden. Alles in allem geht es um mindestens 90.000 Quadratkilometer ukrainischen Gebiets – das ist etwa die Größe Portugals.

Kreml-Sprecher Peskow jedenfalls war sich zu Wochenbeginn schon recht siegessicher und kündigte indirekt weitere sicherheitspolitische Schritte an:

Die Situation wird sich aus rechtlicher Sicht, aus völkerrechtlicher Sicht dramatisch ändern, mit allen relevanten Konsequenzen für den Schutz der Sicherheit in diesen Gebieten.

Dmitrio Peskow