Deutsche Urlauber flüchten aus Portugal

Nazaré, Portugal

Das Land gilt ab heute als Virusvariantengebiet. Rückkehrer müssen für 14 Tage in die Quarantäne

Großbritannien hat seine Reise-Bestimmung für Portugal geändert und nun zieht Deutschland nach. Im Großraum Lissabon hat man es mit der ansteckenden Delta-Variante zu tun. Angeblich ist sie für 70 Prozent der neu entdeckten Infektionen verantwortlich. Die 7-Tage-Inzidenz in Portugal ist auf 93 pro 100.000 Einwohner gestiegen.

Das Robert Koch-Institut hat Portugal nun als Virusvariantengebiet eingestuft. Ab dem heutigen Dienstag dürfen Fluggesellschaften und Reiseunternehmen nur noch deutsche Staatsbürger und Ausländer mit Wohnsitz in Deutschland zurückbefördern. Deshalb verlassen viele deutsche Urlauber nun fluchtartig das Land, um der strikten 14-tägigen Quarantänepflicht zu umgehen, die selbst Geimpfte und Genesene nicht durch einen Test verkürzen können.

Reiseveranstalter bieten an, ihre Kunden schnellstmöglich zurückzubefördern. TUI hat zudem alle Anreisen nach Portugal bis zum 31. Juli storniert. Den Kunden wird versprochen, dass sie "ihre Anzahlung/den Reisepreis" zurückerhalten würden, es könne aber auch kostenfrei umgebucht werden. Olimar holt ebenfalls seine Kunden zurück und setzt sich mit ihnen für geplante Reisen in Verbindung.

Dass nun auch Deutsche Portugal wegen der neuen Quarantänebestimmungen eher meiden werden, ist erneut ein schwerer Schlag für Portugals Tourismusindustrie. Nach Großbritannien ist Deutschland das zweitwichtigste Herkunftsland ausländischer Urlauber. Vermutet wird, dass die Delta-Variante vor allem über britische Touristen eingeschleppt wurde. Briten waren in großer Zahl nach Portugal gereist, da Großbritannien das Land zwischenzeitlich zum sicheren Gebiet erklärt hatte.

In Großbritannien hatte sich die Zahl der neu registrierten innerhalb der vergangenen Woche trotz der relativ hohen Impfquote auf über 18.000 verdoppelt.

Portugal hatte sich auch Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel zugezogen. Die deutsche Kanzlerin hatte - neben vollbesetzten Fußballstadien bei der EM - auch kritisiert, dass es nicht gelungen sei, zu einem einheitlichen Verhalten der Mitgliedstaaten bei den Reisebestimmungen zu kommen. "Wir haben jetzt eine Situation in Portugal, die hätte man vielleicht vermeiden können", beschied Merkel.

Portugal hatte sich geweigert, den Reiseverkehr mit Großbritannien zu beschränken. Deutschland, Frankreich oder Österreich hatten längst Quarantänepflichten für alle Einreisende aus Großbritannien verfügt.

Der Pfeil von Merkel zielte aber auch auf Spanien, denn, besorgt um seine Tourismusindustrie, wollte das Land trotz des Delta-Hotspots Großbritannien die Bewohner der Inseln sogar ohne Testpflicht auf die Balearen reisen lassen. Inzwischen ist auch die sozialdemokratische Regierung in Madrid umgeschwenkt. Für eine Einreise wird bald eine komplette Zweifach-Impfung oder ein PCR-Test verlangt.

Die Regelung soll ab heute veröffentlicht werden und 72 Stunden danach in Kraft treten, um den Reiseveranstaltern Zeit zu geben, sich auf die neue Situation einzustellen. "Wir werden auf die Briten die gleichen Bedingungen anwenden wie auf die übrigen Europäer", erklärte Regierungschef Pedro Sánchez. Warum man ausgerechnet Urlauber aus dem Delta-Hotspot anders behandeln wollte, bleibt sein Geheimnis.

Dass es Portugal kaum etwas genutzt hatte, von Urlaubern aus Großbritannien einen PCR-Test zu verlangen, ignoriert man in Madrid. Die spanische Regierung will keine Quarantäne für Briten einführen. Beobachter gehen davon aus, dass sich die Delta-Variante, die bereits auf den Balearen zirkuliert, sich auch auf dem Festland ausbreiten wird. Wie das funktioniert, zeigt sich aktuell an Schülern, die sich in großer Zahl in Mallorca auf Abschlussfahrten angesteckt haben und nun die Inzidenzen in ihren jeweiligen Heimatregionen hochtreiben.

Fast 900 Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Regionen Spaniens, ungefähr die Hälfte kommt aus Madrid, hatten sich kürzlich auf Mallorca infiziert. Zwölf Schüler wurden inzwischen in Krankenhäuser eingeliefert; bei einigen wurde die Delta-Variante festgestellt.

Weil die Infektionen meist erst nach der Rückkehr registriert wurden, meldeten die Balearen am Montag nur 131 Neuansteckungen. Die 7-Tage-Inzidenz auf den Balearen ist, da viele Infektionen über Rückkehrer exportiert werden, mit 30 weiter niedrig.