Die Balkanroute: wilde Camps, Polizeigewalt und brutale Pushbacks

Seite 2: Die Balkankonferenzen

Die westlichen Balkanländer hatten bereits Fakten geschaffen, bevor Sebastian Kurz sich an die Spitze der Nulltoleranz gegenüber Geflüchteten stellte - allen voran Slowenien, Mitglied im Schengen-Raum und besonders dazu aufgefordert, die Grenze zu Kroatien zu bewachen.

Daraufhin rüsteten auch Kroatien, Mazedonien und Serbien ihre Grenzen auf. Zuvor hatte Ungarn seine Grenze zu Serbien mit dem Bau eines Grenzzaunes dicht gemacht.

2013, kurz nach der Aufnahme Kroatiens in die EU, fand die erste von Frontex organisierte Balkankonferenz in Wien statt, mit dem Ziel das "Migrationsmanagement am Balkan" zu ordnen.

Dazu trafen sich am 13. und 14. November 2013 Vertreter internationaler Organisationen, die EU und Regierungspolitiker der Westbalkan-Staaten, um darüber zu beraten, wie man Migration über die Balkanroute eindämmen oder besser noch ganz verhindern könne.

Zwei weitere Konferenzen folgten 2014 ebenfalls in Wien und 2015 in Berlin, bei der auch die Beitrittsgesuche Albaniens, Bosnien-Herzegowinas, Serbiens, Mazedoniens, Montenegros und des Kosovo zum EU-Beitritt diskutiert wurden. Dabei wurden Infrastrukturprojekte in Milliardenhöhe gewährt. "Die Zukunft des Balkans liegt in Europa", stellte der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel klar.

Doch noch bevor diese Pläne umgesetzt werden konnten, wurde die sogenannte Balkanroute im Sommer 2015 zur die Hauptstrecke für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa.

Geflüchtete kamen von der Türkei über Griechenland weiter nach Mazedonien und von dort weiter über Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich und Deutschland. Einzig Ungarn wurde für den Bau seines Grenzzauns im Herbst 2015 kritisiert, das als wichtiges Transitland den Geflüchteten aus Serbien die Grenze dicht machte und die Menschen damit zwang, ihre Route nach Bosnien zu verlagern. Erst der (kürzlich neu aufgelegte) Flüchtlingspakt mit der Türkei beendete die Migration nach Südosteuropa im großen Stil.

Österreich, historisch eng verwoben mit dem Balkan und zudem Nachbarland Sloweniens, hat großes Interesse daran, dass die West-Balkanländer ihre Grenzen aufrüsten.

Seit 2017 war Sebastian Kurz Österreichs Bundeskanzler und gab den starken Mann gegen Einwanderung, gegen die er ein gemeinsames europäisches Bollwerk errichten möchte. Doch gegen diese Abschottungspolitik gibt es in Österreich auch viel Widerstand aus der Bevölkerung.

So hat Sigrid Spenger, die Kassiererin der Initiative SOS Balkanroute, ihre eigene Organisation Ankommen in Wien ins Leben gerufen und zusammen mit Afghanen und Afghaninnen eine Demonstration in Wien organisiert, bei der die Geflüchteten selbst zu Wort kamen "Es ging nicht darum, dass wir für sie sprechen, sondern dass sie öffentlich sichtbar für sich selber sprechen", so Sigrid Spenger.