Die Basis: Wenn eine Corona-Protestpartei plötzlich mehr sein will
Ohne Covid-19-Maßnahmen gäbe es keine Zielgruppe für die angeblich "weder links- noch rechtslastige" Partei. Einzelne Funktionäre wollen aber auch über große Geopolitik reden
Als der bayerische Landesverband der Partei Die Basis am Dienstag zu einer hybriden Pressekonferenz in München eingeladen hatte, ging es unter anderem um China. Das ostasiatische Land kam in der Einladung wie der Kasper aus der Kiste, denn es spielte bisher im bundesweiten Rahmenprogramm und auch im Wahlkampf der ursprünglichen Protestpartei gegen die Corona-Maßnahmen keine Rolle.
Letztere dürften nach wie vor das wichtigste, wenn nicht das einzig wichtige Thema ihrer Zielgruppe sein. Daneben stehen im offiziellen Wahlkampfmaterial vor allem Finanzmarktkritik und die Forderung, dass "Bürgerinnen und Bürger über Lösungswege entscheiden" sollen, die "in basisdemokratischen Gruppen erarbeitet wurden".
In der Presseeinladung für Dienstag tauchten dann aber Sätze auf, die wirkten, als wolle die "Basis" große Geopolitik betreiben und sich den Kopf des deutschen Kapitals zerbrechen: "China hat einen Weg gefunden, zur dominanten Wirtschaftsmacht aufzusteigen und den westlichen Ländern auch technologisch zu enteilen. Es entsteht eine 'neue Seidenstraße', die andere Wirtschaftsräume stärkt. Europa droht ein Niedergang in der geopolitischen Konstellation." Diese und andere Herausforderungen würden seit 20 Jahren nicht angegangen - und nun solle der Öffentlichkeit das Programm der "Basis" zum Thema Wirtschaft und Finanzen vorgestellt werden.
Auf der Pressekonferenz musste ihr Bundestagskandidat Christoph Ulrich Mayer dann aber auf die Frage einer Teilnehmerin, welche Gefahren für Deutschland von China ausgingen, ehrlich antworten, dass seine Partei dazu noch keine gemeinsame Position erarbeitet habe.
Mehrere Programme
Neben dem bundesweiten Rahmenprogramm mit den "vier Säulen" "Freiheit", "Machtbegrenzung", "Achtsamkeit" und "Schwarmintelligenz" gibt es jeweils eigene "Parteiprogramme" oder "Landesprogramme" der Partei Die Basis in verschiedenen Bundesländern. In der Rubrik Wirtschaftspolitik des bayerischen Parteiprogramms heißt es unter anderem, Deutschland müsse als rohstoffarmes Land seine Stärken und Schwächen analysieren, um Chancen und Risiken zu erkennen. Der Mittelstand soll gefördert werden und die bisherige CO2-Steuer "könnte" in einen zweckgebundenen Nachhaltigkeitsfonds umgewandelt werden. Unabhängigkeit von chinesischen und amerikanischen Unternehmen wird in der Rubrik "Digitales" erwähnt.
Mitgliederumfragen: diffuses Bild bei Umwelt und Klima
Mitgliederumfragen der "Basis", der nach eigenen Angaben bundesweit mehr als 27.000 Personen angehören, ergaben vor allem große Einigkeit in der Ablehnung einer direkten oder indirekten Impfpflicht (99 Prozent) und im Wunsch nach Beendigung des "Corona-Notstands" (98 Prozent).
Der frisch gekürte "Basis"-Kanzlerkandidat und Jurist Reiner Fuellmich hatte Anfang des Jahres eine enorm hohe Zahl von Impftoten prophezeit. Laut einem Bericht des Tagesspiegels hatte er im Februar sogar von einer "organisierten Massentötung" gesprochen, die rund 25 Prozent der Betroffenen direkt umbringen werde. Nachdem inzwischen die Mehrheit der Bevölkerung geimpft ist, wird diese Behauptung nicht einmal von der "Querdenker"-Bewegung aufrechterhalten, während die Impfskepsis weit über diesen Kreis hinausgeht.
Allerdings treiben die Anhängerschaft der Partei Die Basis auch Befürchtungen bezüglich einer zunehmenden Massenüberwachung um, die weniger leicht von der Hand zu weisen sind. 99 Prozent stimmten auch der Forderung zu, Bargeld als Zahlungsmittel zu erhalten (99 Prozent). Auch für "echte Friedenspolitik; Entspannung auch mit Russland" zeigten sich 97 Prozent aufgeschlossen. "Auslandseinsätze ohne UN-Mandat" wurden zu 95 Prozent abgelehnt.
Umwelt- und verkehrspolitisch ist das Bild diffus: 90 Prozent der Befragten wünschen sich eine langfristige Zulassung von Verbrennungsmotoren, obwohl immerhin 38 Prozent Klimaneutralität bis 2035 wollen. 45 Prozent würden einen früheren Kohleausstieg begrüßen.
Sollte Die Basis irgendwann Abgeordnete stellen, versprechen sie, sich für Forderungen einzusetzen, denen die Mitglieder zu mindestens 70 Prozent zustimmen. Exakt diesen Wert erreichte in den Umfragen eine "Mietpreisbremse", wobei unklar blieb, ob alle Befürworter mit der schon existenten lückenhaften Regelung zufrieden sind oder sich zum Teil eine weitergehende wünschen.
Aber was ist schon von einer Partei zu erwarten, die sich als "weder links- noch rechtslastig" bezeichnet und deren Anhängerschaft nur durch die Corona-Maßnahmen und den zunehmenden Druck auf Ungeimpfte überhaupt auf einen gemeinsamen Nenner kommt?
Angeblich vor allem Wählerpotenzial bei Union und AfD
Glaubt man dem Ergebnis einer Insa-Umfrage, die der Hamburger Landesverband der "Basis" in Auftrag gab, hat sie aber ein "theoretisches Wählerpotenzial" von bis zu 16 Prozent, die sich "absolut" oder "eher" vorstellen können, ihr Kreuz bei der neuen Partei zu machen. Besonders hoch sind die Zustimmungswerte angeblich bei bisherigen Wählern von Unionsparteien und AfD.
In anderen Umfragen landet Die Basis allerdings unter den "Sonstigen", die bei der Bundestagswahl am 26. September weit unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben dürften.