Die Bräute Allahs und ihre verborgenen Netzwerke
Frauen in fundamental-islamischen Communities: Die Syrien-Heimkehrerinnen werden 2018 vermutlich zu einem großen gesellschaftlichen Problem
Noch ist das Jahr 2017 nicht zu Ende, die vermutlich auch in diesem Jahr turbulente Silvesternacht (nicht nur) in Köln steht noch bevor, die Medien-Anstalten arbeiten an den Jahres-Rückschauen, die Neujahrsansprache der Bundes-Geschäftsführerin ist vielleicht noch nicht einmal geschrieben - trotzdem steht bereits jetzt ein Thema fest, das im nächsten Jahr nicht nur die Medien, sondern auch die Politik, die Justiz, die Polizei, die Geheimdienste und möglicherweise Heerscharen von Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen beschäftigen werden: Salafistische Frauen und ihre Kinder.
Jene, die die Communities zusammenhalten, während ihre Männer und Brüder im Gefängnis sitzen oder sich dem Dschihad in Syrien angeschlossen haben; und jene, die ihnen dorthin gefolgt sind, und nun, nachdem der IS Land verliert, nach Deutschland zurückkehren möchten - oder bereits zurückgekehrt sind.
Gemeint sind Frauen in dem orthodox-islamischen Milieu, das die Lebenswelt zu Zeiten des Propheten Mohammed vor etwa 1.400 Jahren für gegenwartstauglich hält und bereit ist, diese Vorstellung auch mit brachialer Gewalt umzusetzen. Jenes Milieu, das mit vermeintlich harmlosen Aktionen wie dem Verteilen von Koranen in bundesdeutschen Innenstädten vorwiegend junge Leute ködert, um sie für die "wahre Lehre" und den Dschihad, den Kampf für diese wahre Lehre, im IS-Kalifat in Syrien zu begeistern und deren Ausreise zu realisieren.
Laut Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) reisten seit 2012 etwa 930, meist jugendliche Personen ins IS-Kalifat aus. 20% der Ausgereisten waren weiblich, das sind immerhin knapp 200 Mädchen und junge Frauen, die es heim in Allahs Reich zog.
Frauennetzwerke arbeiten offener und gleichzeitig verborgener
Schon das hätte die zuständigen Stellen stutzig lassen werden müssen - das Problem wurde indes weitestgehend ignoriert. Nachdem der IS seine Basis in Syrien mehr oder weniger verloren hat, möchten Allahs Bräute wieder zurück nach Deutschland. Niemand weiß so genau, wie mit diesen jungen Frauen, häufig Mütter nicht selten mehrerer Kinder, umzugehen ist. Dennoch wurde das Problem bislang weitestgehend unter den Teppich gekehrt.
Bis jetzt das Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Nordrhein Westfalen (NRW) mit einer an sich wenig überraschenden Nachricht aufwartete: In diesen salafistischen Netzwerken spielen Frauen eine größere Rolle, als bisher zur Kenntnis genommen wurde. Frauennetzwerke arbeiten offener und gleichzeitig verborgener als die der Männer, weil sie geschickt ausnutzen, dass streng gläubige Musliminnen in dieser Gesellschaft für vollkommen harmlos gehalten werden.
Dabei haben sie eine wichtige Rolle in dem System: Ihnen obliegt es, für Nachwuchs zu sorgen, diesen zu tapferen Gotteskriegern zu erziehen, die Glaubensschwestern bei der Stange zu halten und das Netzwerk unbemerkt auszuweiten und vom äußeren Kreis, z. B. sozialen Netzwerken, geschickt - und vor allem verdeckt - in den inner circle zu leiten.
"Der Salafismus wird immer weiblicher", titelte die FAZ am 2. Weihnachtstag. Gegenstand des Artikels, der dieser Headline folgt, ist ein Netzwerk von rund 40 fundamental-islamischen Frauen, das ins Visier des LfV NRW geraten ist. Analog zu den männlichen Salafisten, die sich untereinander "Bruder" nennen, bezeichnen sich die Frauen als "Schwester".
Die "Schwestern" werden zur Kenntnis genommen
Nein, der Salafismus, bzw. der fundamentale Islam wird nicht weiblicher, Frauen spielten schon immer eine wesentliche Rolle darin. Hier rächt sich ein Versäumnis der letzten Jahre. Denn die Aktivitäten der Frauen sind bislang nur nicht weiter aufgefallen, weil sich niemand dafür interessiert hat, oder weil niemand wagt, im wahrsten Sinne des Wortes die Schleier zu lüften, hinter denen sich deren Gesinnung verbirgt.
"Es kommt nicht drauf an, was auf dem Kopf ist, sondern was sich im Kopf abspielt", ist ein beliebtes Argument feministischer Kopftuch-Befürworterinnen. Genau das ist das Problem: Denn der Schleier auf dem Kopf ist das deutlichste Zeichen für die rückständige Ideologie hinter der größtenteils keusch verhüllten Stirn.
Diese Ideologie unterscheidet sich im Kern nicht von der Lehre der Muslimbruderschaft, der Hamas, die sich in ihrer Charta von 1988 als Teil derselben bekannte oder Millî Görüş, dem türkischen Pendant zur Muslimbruderschaft. Diese Organisationen sind - im Verbund mit den faschistischen türkischen Grauen Wölfen - vertreten in den etablierten islamischen Verbänden wie dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD).
Im Gegensatz zu den salafistischen Strömungen lehnen diese allerdings brachiale Gewalt in Europa ab, weil sie begriffen haben, dass das kontraproduktiv ist. Stattdessen setzen sie auf die "Best-Buddy-Methode": Verbände gründen, Vertrauen schaffen, Kooperationen mit bestehenden politischen Organisationen und Strukturen, Mitgliedschaften in etablierten Parteien, neue, gemeinsame Strukturen schaffen und auf dieser Basis immer weitergehende Forderungen stellen.
Mittlerweile schicken die "Best Buddys" die zweite Generation ins Rennen: Junge, hier geborene, hoch gebildete und gut ausgebildete Musliminnen und Muslime, die sich unter dem Stichwort Neue Deutsche zusammenschließen, die "neue" Vielfalt propagieren, zu der quasi naturgemäß die züchtig verhüllte Frau gehört, die von der Wiege bis zur Bahre von den religiösen Institutionen betreut werden, nach der Halal-Abiturfeier in die betreute Wohngemeinschaft zu den "Brüdern" und "Schwestern" ziehen, an der Uni Interessensgemeinschaften gründen, und später dann in die Wissenschaft, Politik, Justiz und Wirtschaft strömen.
"Expertinnen" ausbilden, die in Talkshows eingeladen werden
Die - protegiert von der Bundesbeauftragten für Integration, Aydan Özoğuz - Institute gründen, die mit Preisen versehen "Expertinnen" ausbilden, die in jede Talkshow, zu jeder Partei und zu Gedenkveranstaltungen eingeladen werden und dort Allah preisen können, die, ebenfalls im Verbund mit Frau Özoğuz, Handreichungen für Journalistinnen und Journalisten zum Umgang mit dem Islam erarbeiten und Expertisen erstellen.
Eines ihrer Hauptanliegen: Die züchtig verhüllte Muslimin in allen Bereichen der Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Justiz, Politik und Medien als role model für die muslimische Frau durchzusetzen, Mädchen aus muslimischen Familien z.B. vom Schwimmunterricht zu befreien und von Klassenfahrten freizustellen. Daneben geht es darum, Raum/Räume religiös zu besetzen, wie z.B. Rückzugsorte an den Unis und religiöse Riten in den Schul-, Universitäts- und Berufsalltag zu integrieren.
Schon die Charta der Hamas definiert die Rolle der islamischen Frau als Hüterin der wahren Lehre und als Erzieherin der nächsten Generation Gotteskrieger. Diese Rolle füllen Frauen in Europa anders aus als z. B. in Gaza. Während sie in den islamischen Gesellschaften auf Haus, Hof und Familie fokussiert sind, agieren sie in europäischen Gesellschaften häufig als Netzwerkerinnen.
Laut FAZ, bzw. laut LfV NRW haben sie "ein komplettes salafistisches Programm im Angebot - von der Kindererziehung über das Kochen und die Interpretation von Religionsvorschriften bis zur Hetze gegen 'Nichtgläubige'".
Das LfV spricht von "40 Schwestern" in NRW, ein "Salafistinnen-Netzwerk", das "aggressiv im Netz werbe und missioniere". Die Frauen seien "mittlerweile Ideologieproduzentinnen", zitiert die FAZ den Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier. Hinzu komme, so die Zeitung, "dass die Frauen ihre eigenen Kinder von früh an indoktrinieren. 'Dadurch wird der Salafismus zu einer Familienangelegenheit, es beginnt etwas zu entstehen, was sehr viel schwerer aufzulösen ist, nämlich salafistische Gesellschaftsteile'".
Eine neue Generation
Auch dass diese Parallelwelten existieren, ist keine bahnbrechende Neuigkeit. Nur wer in den letzten Jahrzehnten konsequent wegsah und -hörte, kann davon nichts wissen. Nicht nur die Frauen, sondern auch die Kinder, insbesondere die der Syrien-Heimkehrerinnen, bereiten den Verfassungsschützern Kopfzerbrechen. Beim Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) ist von einer "neuen Generation des Dschihad" die Rede.
"Diese Kinder und Jugendlichen können gefährlich sein", zitiert das Hamburger Abendblatt den Verfassungsschutzchef Torsten Voß. Wenn es nicht gelinge, die Bedrohung zu entschärfen, "könnten aus den Minderjährigen islamistische Terroristen werden".
Der deutsche Staat müsse die Kinder deshalb am besten schon bei der Einreise im Blick haben, so die Hamburger Zeitung. "Ein wichtiger Baustein ist genau zu prüfen, aus welchem Umfeld Kinder und Jugendliche nach Hamburg kommen und ob entsprechend eine besondere Betreuung nötig ist", wird Voß in dem Springer-Blatt zitiert.
Laut des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, ließen sich nicht alle betroffenen Familien an der Grenze ablehnen. "Wenn es sich um Deutsche handelt, haben sie einen Rechtsanspruch auf Einreise in die Bundesrepublik", so Maaßen.
Die Charta der Hamas
In der 1988 verabschiedeten "Charta", sprich dem Manifest der Hamas, in dem diese sich als Zweig der Muslimbruderschaft, einem fundamental-islamischen Netzwerk mit globalen Expansions-Bestrebungen, zu erkennen gibt, sind den Frauen zwei Kapitel gewidmet, in denen "die Rolle der muslimischen Frau" definiert ist:
Artikel 17: Die muslimische Frau spielt im Befreiungskampf eine ebenso wichtige Rolle wie der Mann, denn sie bringt Männer hervor, und ihre Rolle in der Orientierung und Erziehung der nächsten Generationen ist bedeutend. (…)
Artikel 18: Die Frau im im Dschihad engagierten Haus oder in der im Dschihad engagierten Familie, sei sie nun Mutter oder Schwester, hat eine ganz besonders bedeutende Rolle in der Führung des Haushalts und der Unterweisung der Kinder in den aus dem Islam abgeleiteten moralischen Vorstellungen und Werten und in der Erfüllung der religiösen Pflichten in Vorbereitung auf deren Rolle als Dschihad-Kämpfer, die sie erwartet.Daher ist äußerste Sorgfalt auf die Schulen und Lehrpläne zu verwenden, nach denen muslimische Mädchen erzogen werden, damit sie zu guten Müttern heranwachsen, die sich ihrer Rolle im Befreiungskampf voll und ganz bewusst sind.
Frauen sollten unbedingt auch über ausreichende Kenntnisse und Verständnis in der Führung der Haushaltsangelegenheiten verfügen, denn sparsames Wirtschaften und das Vermeiden verschwenderischen Umgangs mit den Familieneinkünften sind unerlässlich, um auch unter widrigsten Umständen durchhalten zu können.
Sie sollten sich stets vor Augen halten, dass das zur Verfügung stehende Geld wie Blut ist, das nur in den Adern fließen sollte, um Jung und Alt gleichermaßen am Leben zu halten.
Charta der Hamas
Mit anderen Worten, die Rolle, die der fundamentale Islam der Frau zuweist, ist die der Mutter, die potentielle Gotteskrieger gebiert und im Sinne des "Dschihad" erzieht sowie künftige Mütter zur Welt bringt, die ihrerseits potentielle Gotteskrieger gebären und im Sinne des "Dschihad" erziehen sowie künftige Mütter zur Welt bringen, die ihrerseits …
Dieser "Dschihad" hat in den verschiedenen Strömungen lediglich ein anders Gesicht. Während die Salafisten nach einem eigenen Staat streben, vor brachialer Gewalt auch in Europa nicht zurückschrecken, setzen die etablierten Islam-Verbände auf den Marsch durch die Institutionen.
Tupperparty der besonderen Art
Die ihnen zugeschriebene Rolle füllen Frauen in Europa anders aus als in islamischen Staaten oder Regionen, wie z.B. in Gaza. "Tupperparty auf salafistisch" nennt die Bloggerin Sigrid Herrmann-Marschall in ihrem Blog "Vorwärts und nicht vergessen" die Aktivitäten der Frauen: Das Repertoire umfasst demnach "Schwesternunterricht in einschlägigen Moscheen", "Gesundheits-Zirkel", die weiblich eingebunden sind und niedrigschwellig agieren, Internetanwerbung, "Kinderbildungsvereine", "Austausch über Kindererziehung sowie Austauschportale über die korrekte Kleidung".
Selbst neumodische Erscheinungen wie Esoterik wissen die "Schwestern" für sich zu nutzen. Dabei verknüpfen sie geschickt uralte Methoden, das "Schröpfen", islamisch "Hijama", eine Heilmethode, bei der Blut abgezapft wird, bzw. Blutegel zur "Heilung" eingesetzt werden, mit aktuellen Debatten, wie z.B. über die Nebenwirkungen von Verhütungsmitteln für Frauen, oder sie greifen die Argumente der Impfgegner auf.
Dabei beziehen sie sich auf beliebte esoterische Seiten wie das Zentrum der Gesundheit, und auch Verweise auf die neurechte Wissensmanufaktur fehlen nicht.
Auf der Facebook-Seite Hijama Hamburg wird diese Methode auch zur Heilung von Autismus empfohlen. Angeblich ist die Ursache dafür eine kaputte Darmflora. Der Einwand, Autismus sei keine Darmkrankheit, sondern eine Störung im Gehirn, wird mit der Erwiderung "unser Magen-Darm-Trakt ist mit einem eigenen Nervensystem ausgestattet und ist somit das zweite Gehirn" entkräftet. So einfach ist die Welt.
"Ein Tag des Fiebers ist Kaffarah (Sühneleistung) für ein ganzes Jahr", lernen wir. Fieber als schlechtes Karma. Mit dieser Sicht werden Kranke so ganz nebenher als "Sünder" oder "Sünderin" stigmatisiert.
Plastikspielzeug als Wohnstätte von bösen Geistern
Auch den Djinn, den bösen Geistern, die von Satan geschickt werden und Menschen "befallen", die sich nicht religionskonform verhalten, z. B. weil sie verbotene Dinge tun, begegnen wir auf der Seite. Und zwar in Gestalt von Kinderspielzeug, in dem Fall ein Plastik-Dino, die eine "Wohnstätte für Djinn" sein könnten.
Das ist ein versteckter, aber direkter Affront gegen die westliche Lebensweise, denn solche Dinos sind vermutlich hierzulande in fast jedem Kinderzimmer zu finden. Mit Ausnahme der "halal", also streng nach den Geboten Allahs lebenden "Umma" (islamische Gemeinschaft).
Unterschwellig werden also die "Kufr", die "Ungläubigen" mit dem Satan in Verbindung gebracht. Wie bitte sollen Kinder in dieser Gesellschaft zurechtkommen, wenn sie glauben, ihre Schulkameraden seien von bösen Geistern befallen, weil diese mit Plastik-Dinos spielen? Integration jedenfalls geht anders.
Integration funktioniert allerdings im Hinblick auf die IS-Rückkehrerinnen. Der Bloggerin Herrmann-Marschall zufolge könnten diese Netzwerke praktisch hilfreich, z. B. in Bezug auf Wohnungssuche sein. D.h., die rückkehrenden "Schwestern" werden sofort in den Schoß der salafistischen "Familie" aufgenommen und verschwinden somit vom Radar der Verfassungsschützer.
Das macht sie aber nicht weniger gefährlich - im Gegenteil. Da ist es Aufgabe der Justiz und der Geheimdienste, genau das zu verhindern, und Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass genügend Psychologinnen und Sozialarbeiterinnen eingestellt und entsprechend ausgestattet werden, dass eine engmaschige Betreuung dieser Frauen und ihrer Kinder möglich wird. Ratsam wäre es, sich dabei von Experten wie dem Berliner Psychologen Ahmad Mansour beraten zu lassen.
Auf gar keinen Fall darf diese heikle Aufgabe den etablierten Islamverbänden wie dem Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) oder der direkt der türkischen Regierung unterstehenden DITIB übertragen werden.