Die Byteburg ist kein Weltkulturerbe

Über die Bewerbung von Hessen und Rheinland-Pfalz um die Eintragung des mittleren Rheintals in die Liste der UNESCO

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An Symbolik hat es wahrlich nicht gemangelt: Spektakulär wurde - mit Übertragung in RTLs Katastrophenshow - der Silo der Loreley-Mühle in St. Goarshausen gesprengt, womit das hässlichste Bauwerk der Region rückstandsfrei entsorgt war. Ohnehin war es zwanzig Jahre seiner vierzigjährigen Existenz nicht benutzt worden, und der flache Container-Paneel-Bau einer Supermarktkette, der an seine Stelle treten wird, fällt hinter der halbhohen Rheinfront aus Wohnhäusern des frühen 20. Jahrhunderts nicht mehr auf. Auf der anderen Rheinseite aber, dieser Scheußlichkeit gegenüber, hat man erst vor fünf Jahren eine gigantische Straßenbrücken-Konstruktion von ebenso ausgesuchter Hässlichkeit hingeklotzt, an deren Fuß ein Auto-Verkaufshaus mit Stern und ein Pseudo-Landsknechts-Lokal sich krakenartig ausbreiten. Ob diese vorsätzliche Verletzung des Landschaftsbildes genauso locker beseitigt wird wie der Siloturmkasten, steht allerdings dahin.

St. Goar , St.Gorashausen & Rheinfels, Lithographie von Samuel Prout, 1824

Es geht um das Rheintal zwischen Bingen und Koblenz, das mehrheitlich zu Rheinland-Pfalz und in kleinen Partien zu Hessen gehört; und beide Bundesländer haben vor wenigen Monaten den Antrag bei der UNESCO gestellt, dieses Stück Landschaft in die Liste des Weltkulturerbes einzutragen. Sie umfasst alle Bauwerke und Naturdenkmäler, die als bewahrenswertes 'Erbe der Menschheit' besonderen Schutz zu genießen haben. Es geht also in erster Linie um die leichtere Einwerbung von Sponsorengeldern und Steuerbefreiungen, um Entwicklungs- und Tourismus-Programme für eine sich selbst als notleidend einstufende Region.

Da ist viel Wahrheit dran, doch das Ganze ist es auch nicht: Eine wirkliche Idee für die Situationsverbesserung scheint niemand zu haben. Und bis Mitte 2002, wenn die entsprechende Kommission ihren Beschluss fällt, muss nicht nur der ordnungsgemäße Antrag in Paris sein, sondern auch ein Entwicklungsplan für die Bewahrung des kulturellen Erbes. Doch dieser hat natürliche und hausgemachte Grenzen, und die machen die ganze Bewerbung nicht eben glaubwürdiger.

Zunächst fällt auf, dass die touristische Definition des mittleren Rheintals anders hieß und heißt als die des jetzigen Antrags: Seit den britischen Reiseführern des 18. Jahrhunderts umfasste die Rheinreise der Grand Tour den Bereich von Köln bis Mainz, wobei gelegentlich die Empfehlung gegeben wurde, die Rheinreise, von Belgien oder den südlichen Niederlanden kommend, in Xanten beginnen zu lassen. Die Begrenzung nach Norden, also das Weglassen der Strecke von Koblenz bis Köln hat mehrere, äußere wie innere Gründe. Direkt im Norden von Koblenz steht mit dem Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich eine der teuersten Ruinen Deutschlands, ein stetes Mahnmal an die ländliche Regierungszeit von Helmut Kohl und dessen abstruse Vorstellung, in einer erdbeben-aktiven Region rund fünfzig Kilometer südlich der damaligen Bundeshauptstadt Bonn einen Nuklearmeiler quasi nach französischer Manier ohne ein tragfähiges Sicherheitskonzept etablieren zu können.

Burg Gutenfels

Selbst für das antragstellende Land Rheinland-Pfalz ist klar, dass dieses Denkmal administrativen Irrsinns abgerissen werden müsste, sollte die Region als Ganzes Weltkulturerbe werden wollen. Praktischer Weise kann man bei der jetzigen Begrenzung das ganze Koblenz-Mayener Becken unverändert lassen, eine typisch gesichtslose Landschaft aus Lagerhallen, Kleinindustrie, Fitness- und anderen Clubs sowie einem breit ausufernden Siedlungsbrei von Einfamilienhäusern und Einkaufszentren, in dem sich die alten Bimssteingruben und Ziegeleien bereits als schützenswerte Objekte der Industriearchäologie ausnehmen. Ganz Spitzfindige werden das Antragsgebiet mitten durch die Koblenzer Stadtfläche abgrenzen, um gerade noch den Zusammenfluss von Rhein und Mosel zu integrieren. Noch praktischer ist es allerdings für die Antragstellerländer, dass durch die willkürliche Grenzziehung ein nördliches Bundesland ausgeschlossen wird: Nordrhein-Westfalen.

Dort steht mit dem Kölner Dom ohnehin das erste Objekt der Liste zum Weltkulturerbe in Deutschland - 22 weitere sind es inzwischen, vom Stadtbild in Nördlingen über Schloss Neuschwanstein und andere Ludoviciana bis zum Dresdner Zwinger und Schloss Sanssoucis samt Park. Der seinerzeitige Kölner Dombaumeister Arnold Wolff hat bei der Aufnahme in die Liste mit einem konservatorisch wie finanziell überzeugenden Konzept aufwarten können, das seine Nachfolgerin nur noch fortzuschreiben braucht; diese Erfolgsgeschichte kann abgehakt werden und sorgt bei den südlicheren Politikern sicher für die genügende Portion Neid zur Abgrenzung. Ein Stadt wie Köln hatte obendrein mit den geschickt vermarkteten romanischen Kirchen und einer soliden Stadtdenkmalpflege gegenüber einem Tal mit zwei kleineren Mittelstädten und einer wissenschaftlich wenig profilierten Landesdenkmalpflege in Rheinland-Pfalz bereits legitimatorisch beim Antrag einige Vorteile.

Das Rheintal selbst hat im Kernstück - das hier der Einfachheit halber geologisch durch die Mittelgebirge definiert sei und demnach von der südlichen Stadtgrenze Bonns bis zum Niederwalddenkmal bei Eltville reicht - jede Hilfe bitter nötig. In den 1950er und frühen 1960er Jahren Naherholungsgebiet des Kohlenpotts, das mit Vespa oder Beiwagen-Motorrad und Zelt in einem Tag gut erreichbar war; danach das Ziel der familiären Kaffeefahrten im Bus oder auf dem Schiff; um 1970 als langsamst durchfahrener Teil der Rheinreise Basel-Rotterdam, die vornehmlich von ausgewanderten AmerikanerInnen gebucht wurde, begann um 1975 der unaufhaltsame Abstieg der Region zum Trinker-Weinfest-Kegeltour-Ziel mit entsprechend unansehnlichen Hilfsbauten neben und hinter ehedem ansehnlichen Gasthöfen sowie riesigen Straßen-Brücken-Spangen inmitten der Dörfer zur Aufnahme großer Reisebusse. Die frühen 1990er Jahre brachten einen klitzekleinen deutsch-deutschen Austausch-Boom: Die Ossis fuhren an den Rhein, die Wessis an die Saale. Doch das hielt auf beiden Seiten keine fünf Jahre an, und beide Täler versanken erneut in Dornröschenschlaf. Jetzt soll der wachküssende Prinz die UNESCO sein, mit der Forderung nach einem sanften, ökologisch nachhaltigen Tourismus, der den entsprechenden Papieren gemäß im 'oberen Qualitätssegment' anzusiedeln wäre.

Ökologisch passiert schon viel im Rheintal, aber sicher nicht genug. Manche Weinberge, die nicht mehr mit breiten Asphaltstraßen erreichbar und dementsprechend zwanzig Jahre nicht gepflegt worden waren, werden von jungen Winzern zu hochwertigen Lagen renaturiert. Diese Winzer sind zudem selbstbewusst genug, sich von der drückenden Fuchtel der politisch verfilzten Weinbau-Genossenschaften zu lösen, auch wenn dieses für eine Übergangszeit von zehn Jahren unglaublich teuer ist und weder von den Banken noch den dörflichen Kollegen unterstützt wird. Ganz langsam werden in manchen Dörfern und Kleinstädten die Stimmen jener PolitikerInnen lauter, die in der Betonierung der schroffen Hänge auch einen Grund für die alljährlichen Hochwasser sehen, die den Tourismus ausbremsen. Viele der flacheren Hänge sind inzwischen mit Obstbäumen bestanden, und an den ganz steilen Felsstücken wird nicht mehr jedes abfallende Bröckchen verbetoniert.1

Meist aber bietet sich das Bild in der Symptomatik des Rheinbogens gegenüber der Loreley: Ein plangepflügter und baumfreier Campingplatz liegt direkt neben der schnellfahrtfreundlich ausgebauten Landstraße; auf der selben und der anderen Straßenseite finden sich zwei nur notdürftig als Gasthaus getarnte Verfütterungsanstalten, und daneben nimmt eine Baustoffhandlung mit Betonfertigteilen den größten Raum des 'romantischsten' Stücks Rheintal ein. Immerhin ist dieser Handelshof seit wenigen Jahren aufgeräumt und in den Beständen sortiert, stört den Blick also weniger als die Signalbäume und Schilderwälder der Rheinschifffahrt, die diese im Zeitalter von Radar und Videoüberwachung nicht mehr braucht. Die Nazi-Thingstätte oben auf der Loreley ist durch Rockmusik und andere Veranstaltungen inzwischen so heftig umgewidmet und umgebaut, dass ihr alle Symbolik abhanden kam; wenigstens in dieser Hinsicht hat sich das ganze Tal erfolgreich von einem nationalistischen Geruch befreit, der ihm durch die 1950er Jahre noch anhaftete.

Neben den schroffen Felsen neben und im Rhein ist es eine Kette von Bauwerken, die das Tal zum Ziel der Romantik werden ließ: die Burgen. Wer deren Geschichte recherchiert, ist noch immer auf die schon ein Vierteljahrhundert alte Dissertation von Ursula Rathke2 angewiesen, die sehr deutlich die eigenwillige Verschränkung von Literatur und Burgenbau im 19. Jahrhundert herausstellt und damit die erwartete Mittelalterlichkeit des Rheintals auf eine der Industrialisierung parallele Romantisierung nach englischem Vorbild reduziert. Meist waren es bürgerliche Bauherren, die, als Finanziers globaler Unternehmungen steinreich geworden, sich einen Wunschtraum erfüllten, indem sie auf mittelalterlichen Grundmauern ein zwar alt anmutendes, doch im Kern jeweils zeitgemäßes Bauwerk errichten ließen, das ihrem Repräsentations- wie Romantikbedürfnis genügte. Manche Burgen gelangten durch die Metternichschen Regelungen des Wiener Kongresses gleich in preußische Herrscherhände und wurden zu deutschtümelnden Bastionen am Rhein hochgemauert - auch das hat mit Rheinromantik ursächlich nicht allzu viel gemein.

Die Geschichte dieser Burgen ist in vieler Hinsicht eine sehr deutsche: Viele hatten jüdische Eigentümer und wurden von NS-Dienststellen in Erholungsheime und Ähnliches umgewandelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg standen sie leer oder wurden als Weinlokale unterer Qualität genutzt, bis sie erneut in den 1980er Jahren Begehrlichkeiten weckten. Die eine oder andere Burg ging nun in den Besitz eines Hotelkonzerns über, eine ganze Reihe wurden an einen Immobilienspekulanten verkauft, der die Objekte seinen Pflegekindern überschrieb. Doch als er Konkurs anmeldete, mussten auch einige Burgen zurück gegeben werden. Manche wurden von lokalen Fördervereinen übernommen, die das ewige Hickhack um Burgennutzung und Burgenbesuchsregelung leid geworden waren. Andere standen alsbald zum freien Verkauf an, und eine der schönsten kaufte sich Kai Krause, der mit Synthesizer- und Graphik-Software recht reich geworden war. Fortan hieß Burg Rheineck oberhalb von Brohl nur noch Byteburg.

Burgenkauf und -verkauf ist keine ganz einfache Sache, denn das nördliche Nachbarobjekt von Herrn Dr. h.c. Krause wird schon länger im Immobilienhandel angeboten und geht überhaupt nicht weg: Schloss Burgbrohl ist keine Burg im eigentlichen Sinn, sondern eine Villa nach Plänen des Heimatschutz-Propheten Paul Schultze-Naumburg aus der Zeit kurz vor dem Ersten Weltkrieg. Der Vorbesitzer heißt Gottfried Helnwein, ist mit Spiegel-Titeln, Rockmusiker-Portraits und allerlei Postergraphik reich geworden; er hat das Haus nur als privaten Wohnbereich genutzt - wahrscheinlich sind die Interessenten nicht in der Lage, sich eine andere Verwendung vorzustellen. Umgekehrt hatte das Land Nordrhein-Westfalen die Drachenburg oberhalb von Königswinter aus der Nachlassmasse des (vorsichtig gesagt) recht eigenwilligen Antiquitätenhändlers Paul Spinat übernommen, sie für einige Millionen Mark denkmalpflegegerecht und mustergültig saniert - und sucht noch immer nach einer zündenden Idee für ihre Nutzung.

Die aber hat Kai Krause. Auf der Byteburg will er selber wohnen, doch in anderen Burgen plant er schon Workshops der besonderen Art, vor allem mit Jugendlichen und hochbegabten Kindern. Da sollen möglichst eine Denkburg, eine Übungsburg und eine Was-weiß-ich-auch-immer-Burg zusammen kommen, alles so, wie man sich das von einem sozial denkenden oder wenigstens nachdenklichen Zu-Geld-Gekommenen vorstellen mag. Die Rockefeller-Vanderbilt-Krause-Foundation am Rhein hat jedoch einen klitzekleinen Webfehler: Die Burgen sind zwar schon anvisiert und ausgespäht, liegen aber gar nicht am Rhein, sondern in der Jülicher Börde und am Nordrand der Eifel. Denn Kai Krause kann es gut mit dem Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen, auch wenn seine Wohnburg gute zwanzig Kilometer südlich der Landesgrenze liegt, aber immer noch dreißig Kilometer nördlich der geplanten Weltkulturerbe-Region. Also planen der Macher aus Essen und der Politiker aus Bonn lieber ihre Think-Tanks auf eigenem Terrain als in der Anbindung an ein mögliches Naturdenkmal.3

Das Rheintal hat als Landschaftsstreifen noch einen politisch schwer wiegenden Vorteil: Es liegt inmitten des europäischen Verkehrsgürtels London - (Paris) Brüssel (Rotterdam) - Mailand, der in fast allen Strategiekonzepten der Landesentwicklungsplanung eine entscheidende Rolle spielt. Mit geschicktem Management ließen sich also hier Strukturpläne von externen Ausbildungsstätten und Firmenzentren erarbeiten, zu denen eine Infrastruktur aus kleinteiliger, aber ökologisch verantwortlicher und in jeder Hinsicht anspruchsvoller Touristik käme. Auch hierfür gibt es schon ein Beispiel, die privatwirtschaftliche Hochschule für Unternehmensführung in Koblenz-Vallendar - wiederum einige Kilometer nördlich der geplanten Kulturschutzzone, aber auch in einem Schloss angesiedelt. Und rund um Vallendar und Ehrenbreitstein findet sich bereits ein recht ansehnliches Angebot qualitätsvoller Restaurants, Wohnungen und Einkaufsmöglichkeiten. Doch bis sich derlei Strukturen am Rheinlauf direkt ansiedeln lassen, sind noch eine Reihe von Demontagen alter Sünden vonnöten.

Einer der größten Umweltsünder am Rhein ist bereits auf dem Rückzug: die Bahn. Bis in die 1880er Jahre war die Bahnreise von Norden her in Rolandseck zu Ende, wo zwei identische Bahnhöfe für den Übergang zwischen Gleis und Wasser sorgten. Im Süden waren es die Orte Bingen und Rüdesheim, wo der Umstieg aufs Schiff erfolgte. Um 1900 wurden dann recht unsensibel zwei Schneisen für die Bahngleise rechts und links des Rheins geschlagen, die teilweise alte Ortschaften wie Bacharach oder Oberwesel ihrer Rheinfront beraubten. Schlimmste Uferbauten etwa vor der Loreley oder in St. Goar wurden zwar durch Tunnels vermieden, doch insgesamt schlängelt sich die Bahn dröhnend durchs Tal, wobei die vielen Intercity-Züge weniger problematisch sind als die unendlichen Güterzüge auf der rechten Rheinseite - es ist eine der ganz wenig profitablen Strecken dieser Art für die BahnCargo.

Wenn im Jahr des Antrags 2002 die ICE-Trasse längs der A3 zwischen Frankfurt und Köln fertig ist, wird zwar der Güterverkehr kaum zurück gehen, aber die Bahn erhielte im Personenverkehr die Chance eines Touristikangebots, das sie gerade eben abgeschafft hat: bewusst langsam fahrende Interregios könnten alte und neue Übernachtungsorte wie Bingen, Bacharach (in diesem Ort wäre eine Untertunnelung anzulegen) und Boppard anfahren und mit südlichen wie nördlichen Ballungszentren verbinden. Die rechte Rheinseite - von der Sonne wesentlich mehr begünstigt und nur aus militärstrategischen Gründen in der Geschichte benachteiligt - ist ebenso leicht als Aussichtsbahnstrecke parallel zur Rheinschifffahrt mit Haltepunkten in Rüdesheim und Lahnstein ausbaubar. Und wo gerade die Schiffe angesprochen werden: Es muss gestalterisch doch noch etwas zwischen dem aufgemotzten 'Goethe' samt schlapp mitlaufenden Schaufelradwerk und den unsäglich modernistischen Blechkurvaturen nach französischem Vorbild geben - Design ist hier noch Fremdwort.

Die bislang durch Interviews und Presseberichte bekannt gewordenen Vorschläge umfassen das übliche Arsenal durchschnittlicher Marketing-Arbeit: Ein neues Logo und einen neuen Dachverband brauche man (immer in dieser Reihenfolge!), ein paar Regeln zur gemeinsamen Gestaltung der Gasthöfe, Pensionen und Campingplätze, etwas Geld zur Bepflanzung der übelsten Straßenbau- und Uferbefestigungssünden und vor allem anderen eine neue Strategie der Vermarktung über PR- und Werbeagenturen. Landesentwicklungsplanung gibt es auch ein wenig, aber die entpuppt sich meist als Kaschierung der Sündenfälle aus bürgermeisterlichem Bauwahn und lokalpolitischer Erpressung durch die Schaffung von Arbeitsplätzen etwa in der Ansiedlung kleinerer und mittlerer Industrien oder Einkaufszentren.

Stolz vermeldet der von den Ländern beauftragte Politiker Bernhard zu Droste-Hülshoff, ein ehemaliger Diplomat und damit sicher ein Garant des richtigen Ablieferns von Vorschlägen, dass man die gesamte Bewerbung online ablaufen lasse. Nur: Im Netz steht davon nichts. Der uralte und ehrwürdige 'Rheinische Verein für Heimatschutz und Denkmalpflege' - der in den 1920er Jahren Aufsehen erregende Publikationen zur modernen Architektur herausgab - beschloss zwar vor einiger Zeit eine Rhein-Charta, aber die ist ebenso wenig im Netz abrufbar wie die Bewerbung der Bundesländer. Alle 84 Eintragungen, die Google zum Thema anbietet, sind Pressetexte und Berichte betroffener Medien, unter denen sich aber keine Vorschläge, was zu tun sei, befinden. Einzige Ausnahme sind die Geographen an der FH Koblenz, die wenigstens vorsichtige Ansätze zur Renaturierung des Geländes anmahnen. Den Stand des Bewusstseins im Rheintal kann man unter der gleichnamigen Website abrufen. Die gipfelt in einer 'Virtuellen Rheinreise mit dem Shopping-Schiff' und einem kleinen Kahn, der auf blauem Untergrund wackelt. Es wird wohl doch noch eine Weile dauern, bis das Rheintal entweder Kulturerbe oder Naturdenkmal wird - von beidem ist es jetzt noch weit entfernt.