Die Erdgaslobby hat Deutschland weiter voll im Griff

Börsenauftakt von Uniper SE, 2016. Bild: Uniper

Lobbys geben Millionen aus, um Gas als klimafreundlich zu promoten. Netzwerke reichen bis in Ampelregierung und grünes Wirtschaftsministerium. Über ein Geflecht aus Korruption und Desinformation.

Die Erdgaslobby mit ihren großen Konzernen wie beispielsweise BASF, Wintershall Dea, Uniper, RWE oder Total haben die EU und Deutschland in die starke Abhängigkeit russischer Energielieferungen gebracht. Zudem beförderte die Lobby dort den Niedergang der erneuerbaren Energien und ist damit eine der Hauptschuldigen, was die heute damit verbundenen Krisen – wie hohe Erdgaspreise, hohe Strompreise, Inflation, Kriegsfinanzierung Russlands, Erdaufheizung u.a. – betrifft.

Erdgas als die Ursache der Krisen wird als Lösung propagiert

Doch selbst in den durch sie ausgelösten Krisen beeinflussen die genannten Konzerne mit ungeheurer Lobbymacht auch jetzt wieder Politik auf allen Ebenen. Sie erdreisten sich nun sogar, Erdgas als Teil der Lösung darzustellen, obwohl die Probleme dadurch ja erst entstanden sind.

So kommt es, dass der Ausbau überdimensionierter LNG-Terminals in Deutschland weiter zunimmt, im Heizungsneubau weiterhin Erdgasheizungen dominieren und die Bundesregierung in diesem Jahr sogar noch den Neubau von großen Gaskraftwerken ausschreiben will.

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitautor des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.

Die Erdgaslobby täuscht in ihren Gesprächen und Werbekampagnen Politik und Öffentlichkeit und stellt Erdgas als Beitrag zum Klimaschutz dar. Dies tut sie, obwohl längst wissenschaftlich bewiesen ist, dass Erdgaskraftwerke oder Erdgasheizungen bis zu 30 Prozent mehr Klimagase ausstoßen als Kohlekraftwerke oder Erdölheizungen.

Zudem werden mit dem Einkauf von LNG und anderen Erdgaslieferungen aus Katar, Aserbaidschan, Vereinigte Arabische Emirate und anderen autokratisch geführten Ländern korrupte Unrechtsregime finanziert.

Wie kann das sein, wo sich doch die Ampelregierungen Klimaschutz und Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben haben?

Neue Studie von Lobbycontrol deckt Lobbymacht der Erdgaskonzerne auf

Der gemeinnützige Verein Lobbycontrol hat in einer umfangreichen neuen Studie die ungeheuerliche Lobbymacht der Erdgaswirtschaft in Deutschland aufgedeckt:

Die Gasindustrie gab 2021 laut Lobbyregister rund 40 Millionen Euro für Lobbyarbeit aus und beschäftigte 426 Lobbyist:innen. Hinzu kommen weitere Millionensummen aus der gasverbrauchenden Industrie, so hatte allein BASF Lobbyausgaben in Höhe von 3,8 Millionen. Die drei größten Umweltverbände hingegen, die sich dem Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Gas widmen, geben zusammen nur 1,5 Millionen Euro für ihre Lobbyarbeit aus.

So heißt es weiter im neuen Gutachten von Lobbycontrol:

Mit hohen Gehältern lockt die Gasindustrie ehemalige Spitzenpolitiker:innen in ihre Lobbyabteilungen. Bei unseren Recherchen haben wir über 30 ehemalige Politiker:innen zusammengetragen, die als Schlüsselfiguren für die Gaslobby dienten und dienen – und das ist sicherlich keine abschließende Liste. Bekannte Namen neben Gerhard Schröder sind z.B. Kerstin Andreae, die ehemalige Bundestagsabgeordnete der Grünen. Sie führt nun den BDEW an und hat einen guten Draht ins grün geführte Wirtschaftsministerium. … Während die Russland-Netzwerke derzeit weitgehend stillgelegt sind, wirken andere auch in der Ampelregierung fort. Unsere Recherchen zeigen: Von Dezember 2021 bis September 2022 trafen sich Vertreter:innen der großen Gaskonzerne im Durchschnitt einmal täglich mit Spitzenpolitiker:innen der Bundesregierung.

Dieser Lobbyeinfluss der Erdgaswirtschaft ist auch deshalb verheerend, weil viele der im Erdgasgeschäft tätigen Unternehmen gleichzeitig auch Geschäfte mit Erdöl machen oder Kohle- und Kernkraftwerke betreiben, sowie umwelt- und klimaschädliche Chemieprodukte (hergestellt aus Erdgas oder Erdöl, wie Pestizide, Düngemittel oder Plastik) produzieren. Mit Sicherheit bedienen sie in ihren Lobbygesprächen auch ihre anderen fossilen und atomaren Interessen.

Unbeirrt von allen Skandalen und Veröffentlichungen treiben die Lobbyisten ihre Anti-Klimaschutz-Kampagnen weiter. Umfangreiche Untersuchungen dazu gibt es schon länger, wie die Bücher von Anja Baisch "Fossile Strategien" oder "Die Klimaschmutzlobby" von Susanne Götze und Annika Joeres.

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