Die Ermordung eines Journalisten
Mosambik verliert einen, der die Wahrheit verbreitet hat
Carlos Cardoso, ein außergewöhnlicher investigativer Journalist, ein Mosambikaner und Patriot weißer Hautfarbe, war im Bezirk Palana in Maputo am 22. November 2000 ermordet worden. Er war 48 Jahre alt und ein Innovator in Techniken der Nachrichtenverbreitung in Afrika. Die tödlichen ca. 10 Schüsse in seinen Kopf aus AK 47 Maschinenpistolen waren bestellt worden, zwei Wagen hatten seinen überfallsartig blockiert.
Jahre zuvor, 1986, hatte er Samora Machel, den Führer der nationalen Befreiungsbewegung Frelimio und damals Präsident des Landes, vor einem von Südafrika dirigierten Mordanschlag gewarnt. Ein Journalist hat nur beschränkte Möglichkeiten, er war nicht für die Sicherheit des Präsidenten zuständig. Nach Machels Tod in einem geplantem Flugzeugabsturz untersuchte Carlos die Beteiligung von Kräften innerhalb von Mosambik.
Zu jener Zeit war er Direktor der offiziellen Nachrichtenagentur der Regierung AIM, unabhängig genug, um selbst 1982 kurzfristig eingesperrt zu werden, ironischerweise wahrscheinlich auf direkte Anweisung von Machel selbst. Doch der Präsident hatte genug Größe um zu verstehen, dass die kritische Ehrlichkeit eines Journalisten wie Carlos für die Frelimo-Regierung essentiell, wenn auch manchmal unbequem, war und er wurde wieder in seinem Posten eingesetzt.
Der Tod von Machel mitten in einem gewalttätigem Bürgerkrieg ausgelöst vom Destabilisierungsprojekt des Apartheid-Regimes in Südafrika war ein besonders harter Schlag. Cardoso verstand, dass das Destabilisierungsprojekt nicht nur die Verarmung des Landes zum Ziel hatte - er sprach davon, dass es in die Steinzeit zurückversetzt und die wirklichen Errungenschaften seines Gesundheitssystems zerstört wurden -, sondern auch die Brutalisierung und Korruption der Frelimo-Regierung in einem langwierigem Krieg. Bis 1989 bereiste er das Land und berichtete von den Greueltaten der von Südafrika unterstützten Renamo, während er zugleich verstand, dass Renamo auf Grund regionaler Ungleichheiten im Land eine Unterstützungsbasis hatte.
Eine solche ehrliche und komplexe Sichtweise der Situation, ganz abgesehen von den Behinderungen der Arbeit durch häufige und lange Stromausfälle wegen Sabotage, haben seine Arbeit nicht leicht gemacht. 1989 gab er auf, gerade als die skrupellose Fraktion innerhalb von Frelimo eine Politik der "Afrikanisierung" begann. Der Friedensvertrag zwischen Frelimo und Renamo und die nachfolgenden freien Wahlen gelten als eine der wenigen Erfolgsstories der UNO. Es ermöglichte wieder Raum für aufrichtigen Journalismus und Carlos gründete, behindert von Produktions- und Vertriebsproblemen - die erste täglich als Fax verschickte Zeitung der Welt, Media Fax. Deren genaue Berichterstattung besonders über wirtschaftliche Ereignisse machten sie zu einem Erfolg. Zu dieser Zeit hatte Frelimo auf freie Marktwirtschaft umgeschwenkt. Sein Widerspruch dagegen kam nicht aus einer in Stein gemeißelten Position, sondern dann, wenn noch mehr Korruption ausgelöst und die Volkswirtschaft geschwächt wurde.
1997 gründete er eine weitere Fax-Zeitung namens Metical, die akkurate Berichterstattung mit Kampagnen verband wie z.B. derjenigen gegen die von der Weltbank erzwungene Schließung von Mosambiks Cashewnuss-Industrie. In jüngster Vergangenheit bezeichnete er eine Gruppierung innerhalb von Frelimo als "Gangster-Fraktion", gegen die er schon immer gewesen war, ganz unabhängig davon, was gerade dem Namen nach ihre Ideologie war. In diesem Jahr konzentrierte er sich auf eine Kampagne gegen Betrug in Zusammenhang mit Verlusten von 124 Millionen US$ bei der Kommerzbank Mosambik, und das nachdem er bereits früher Verhaftungen bei einer älteren Betrugsgeschichte bei der selben Bank vor ihrer Privatisierung gefordert hatte.
Die relevantesten Tribute an Carlos Cardoso kamen von zwei großen Schriftstellern, Mia Couto aus Mosambik und dem portugiesischen Nobelpreisträger Jose Saramago. Beide betonten, dass der Mord kein Unfall war und versuchten auf diese Weise Druck auf die Regierung auszuüben, eine gewissenhafte Untersuchung einzuleiten. In seiner Grabrede sagte Mia Couto über ihn, dass er versucht habe zu zeigen, "dass Transparenz und Ehrlichkeit nicht einfach nur ethische Werte sind, sondern auch die effizienteste Form des Regierens". Er fuhr fort zu sagen, dass nach so vielen Lügen und Betrug viele im Land die Hoffnung aufgegeben hätten, dass sich jemals etwas ändert, "doch genau das ist es, was jene wollen, die Cardoso getötet haben und auch unser Land umbringen wollen".
Man kann die verbleibenden Journalisten von Metical nur bewundern, die unmittelbar nach der Ermordung ihres Herausgebers damit fortfuhren, den Tod von 83 Menschen (hauptsächlich Unterstützer der Renamo-Opposition) in einer Gefängniszelle anzuprangern, in der 4 Menschen pro Quadratmeter gehalten wurden. Der Leitartikel von Mia Couto stellte die Verbindung her zwischen der Brutalisierung der Regierung und der Gesellschaft eines Landes, das in den letzten Jahren vom Westen als das vorbildliche Reformland Afrikas gepriesen worden war.