Die Geister, die ich rief
S.D.M.I.-Group bedroht erfolgreiche Wettbewerbsteilnehmer
Die Plattenindustrie droht einem Computerwissenschaftler der Universität Princeton mit rechtlichen Interventionen, falls seine Forschungsgruppe wie geplant ein Papier vorlegt, das beschreibt, wie ein bestimmtes Kopierschutzverfahren der Musikindustrie, genauer S.D.M.I umgangen werden kann. Dr. Edward W. Felten erhielt unlängst einen entsprechenden Brief von Matthew Oppenheim, seines Zeichens Sekretär der "Secure Digital Music Initiative", einer von den großen Plattenlabeln gesponserten Vereinigung, in dem er aufgefordert wurde, die Veröffentlichung solcher Technik zu unterlassen.
Dr. Felten und seine Kollegen planten, ihr Papier beim vierten International Information Hiding Workshop zu veröffentlichen - einer Veranstaltung, die sich mit dem eher ungängigen Thema Steganographie befasst. Diese Forschungsrichtung beschäftigt sich mit Vorgehensweisen, generell einsehbare Informationen vor einem, folgt man den Multis, "illegalen" Zugriff etwa zu Kopierzwecken, zu "verstecken". Als Beispiele seien hier das digitale Wasserzeichen, dessen Prägung Photoshop ermöglicht, und das eine Weiterverarbeitung bzw. unrechtmäßige Verwendung durch Nichtautorisierte verhindert, oder die Verschlüsselungen genannt, die Pay-TV-Veranstalter verwenden. Es liegt auf der Hand, dass Leute, die derartige Systeme entwickeln, auch wissen wollen, wie man sie umgehen kann.
Oppenheim hält dagegen: "Da gibt es eine Grenze, die überschritten wurde. Wenn Forschungen weiter gehen als es für den akademischen Zweck nötig wäre, ist diese Grenze verletzt, und das ist schlecht für unsere ganze Gesellschaft. Nicht nur für die Künstler und Rechteinhaber, sondern auch für den Kunstliebhaber!"
Lustig an der Sache scheint, dass die S.D.M.I-Group selbst im letzten Jahr einen Wettbewerb ausgerufen hat, der die Teilnehmer dazu aufforderte, die "Sicherheit" des Codierungssystems auf die Probe zu stellen - und an genau diesem Wettbewerb hatte sich Felten mit seiner Arbeitsgruppe beteiligt. Auf der anderen Seite steht der "Digital Millennium Copyright Act" (www.educause.edu/issues/dmca.html), der es als strafbare Handlung ansieht, Möglichkeiten eines Zugangs zu mit Verschlüsselungstechnologie geschütztem Material zu veröffentlichen. Felten will nun das Papier erst veröffentlichen, wenn es von seinem Anwalt geprüft wurde.
Einstweilen wurde das Papier bei Cryptome gepostet - der Interessierte findet dort ein Statement zur einstweiligen "Nicht-Veröffentlichung" von Dr. Felten unter dem Titel "S.D.M.I.-Attack", unter dem selben Titel mit der Endung zip findet sich auf dieser Page auch das umstrittene Papier.