Die Kieselalge und der Berg

Moubray Bay und Mount Herschel, Ostantarktis. Bild: Andrew Mandemaker/CC BY-SA 2.5

Neue wissenschaftliche Studien deuten auf einen dramatischen Anstieg des Meeresspiegels in diesem Jahrhundert hin. Der Klimakollaps kann nur jenseits des Kapitalismus aufgehalten werden

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Wie kommen die Meeresorganismen in die Gebirgskette? Es ist eine dieser sehr fachspezifisch anmutenden wissenschaftlichen Streitfragen, deren Klärung weitreichende Konsequenzen für das Verständnis des Klimawandels hat, die jüngst weitgehend gelöst werden konnte.

1984 entdeckte eine wissenschaftliche Expedition in das Transantarktische Gebirge, auf einer Höhe von rund zwei Kilometern über dem Meeresspiegel, Versteinerungen winziger Meeresorganismen, sogenannter Kieselalgen oder Diatomeen. Seitdem tobte in der Wissenschaft ein heftiger Streit darüber, wie die Diatomeen in einen der ältesten Gebirgszüge der Antarktis gelangt sind.

Der entscheidende Durchbruch

Im Laufe der vergangenen Dekaden bildeten sich "zwei große Lager aus", die einander verbissen bekämpften, erinnerte sich der Antarktis-Experte Reed Scherer gegenüber der Washington Post:

Es ging dabei wirklich gemein zu.

Die Anhängerschaft eines "dynamischen" Erklärungsansatzes ging davon aus, dass im erdgeschichtlichen Zeitalter des Pliozän, also vor 5,3 bis 2,5 Millionen Jahren, die gigantische ostantarktische Eisdecke einen dramatischen Kollaps erfahren habe. Die daraufhin einsetzende Anhebung des antarktischen Bodens und nachfolgende Gletscherbildung habe die Kieselalgen in die luftigen Höhen der Transantarktische Gebirgskette verschlagen.

Die Befürworter einer konkurrierenden, die Stabilität des antarktischen Klimasystems betonenden Theorie argumentierten hingegen, dass die ostantarktische Eisdecke im Pliozän stabil blieb, und sehr starke Winde die Diatomeen in das Gebirge trugen. Problematisch an dieser Hypothese war der Umstand, dass die Winde sehr stark sein müssten, um die feuchten Kieselalgen so weit hinaufzuwehen.

Neueste Forschungsergebnisse, die auf bislang umfassendsten Computersimulationen beruhen, haben Aspekte beider Theorien, der "dynamischen" wie der "stabilen", zur Lösung dieses wissenschaftlichen Rätsels aufgenommen.Demnach ist im Pliozän tatsächlich ein großer Teil des ostantarktischen Eises im sogenannten Aurora-Subglazialbecken abgeschmolzen.

Hiernach wurden die sich dort bildende Meeresbuchten von den Kieselalgen bevölkert, bis sich nach Tausenden von Jahren der Meeresboden so weit anhob (Das Gewicht der Eismassen war verschwunden), dass stellenweise Archipele entstanden. Die Überreste der toten, ausgetrockneten Kieselalgen konnten dann von den Winden bis ins transantarktische Gebirge getragen werden.

Die von einem Wissenschaftlerteam der University of Massachusetts und der Pennsylvania State University ausgearbeitete Studie wird in der Fachwelt als entscheidender Durchbruch bei der Lösung dieser alten Streitfrage betrachtet, da hier erstmals eine kohärente, größtenteils widerspruchsfreie Theorie vorgelegt werden konnte.

Marine Kieselalgen leben als "Eisalgen" im Inneren des Meereises des antarktischen McMurdo-Sunds. Bild: Prof. Gordon T. Taylor, Stony Brook University - corp2365, NOAA Corps Collection/gemeinfrei

Diese Forschungsergebnisse unterstrichen, "wie sehr die paleoklimatischen Modelle in der vergangenen Dekade verbessert werden konnten", freute sich die italienische Arktisforscherin Simone Galeotti gegenüber der Washington Post. Auch David Harwood, einer der prominentesten Vertreter des dynamischen Erklärungsansatzes, sah den alten wissenschaftlichen Disput nun "nahe an der Lösung".

Klimavergangenheit rückt Klimazukunft in ein düsteres Licht

Und dennoch ist die Freude über den wissenschaftlichen Fortschritt nicht ungetrübt, da die neuen Erkenntnisse über die Klimavergangenheit die Klimazukunft in ein düsteres Licht tauchen. Einer der Autoren der Studie, Richard Alley, warnte davor, dass die Forschungserlebnisse eine stärkere klimatische Sensibilität der ostantarktischen Eisdecke nahelegen, als von der Wissenschaft ursprünglich angenommen. Falls der menschengemachte Klimawandel anhalte, drohe "ein großer und wahrscheinlich schneller Anstieg des Meeresspiegels."

Entscheidend für diese düstere Prognose ist der Umstand, dass dieses Forschungsvorhaben sich mit klimatischen Vorgängen im eingangs erwähnten erdgeschichtlichen Zeitalter des Pliozän befasste. Diese erdgeschichtliche Warmzeit des Pliozän ist deswegen ein guter Indikator des kommenden Klimawandels, weil damals die CO2-Konzentration in der Atmosphäre ähnlich dem gegenwärtigen, jüngst durch den Klimawandel verursachten Zustand war: 400 ppm (Parts per Million).

Im Pliozän herrschten zwar global um ein bis zwei Grad höhere Temperaturen als heute, doch scheint der rasante aktuelle Temperaturanstieg auch in diese Richtung zu deuten. Der Anstieg der CO2-Konzentration auf 400 ppm scheint mit kurzer klimatischer Verzögerung auch die entsprechenden Temperaturrekorde zur Folge zu haben.

Damit scheint eine Grundannahme der häufigsten Klimaprognosen hinfällig. Diese gingen davon aus, dass der Klimawandel die Eismassen in der Arktis und in Grönland hart treffen werde. Auch die Westarktis wird in den meisten Prognosen als anfällig für die Klimaerwärmung betrachtet. Doch die mit Abstand größten Ansammlungen von Eis in der Ostantarkis wurden bislang als klimatisch stabil eingestuft. Wieder mal scheint die Wissenschaft die Dynamik des Klimawandels sträflich unterschätzt zu haben.

Die Lösung des Rätsels um die arktischen Kieselalgen lasse "große Befürchtungen über die Zukunft" aufkommen, bemerkte die Washington Post. Sollte der Klimawandel die Erde tatsächlich in klimatische Verhältnisse führen, die denen im Pliozän mit seinem "radikal höheren" Meeresspiegel ähnelten, dann würden "merkwürdig platzierte Diatomeen die geringste unsere Sorgen" sein. Ein radikal höherer Meeresspiegel meint: 25 Meter über dem heutigen.

Bereits für die nähere klimatische Zukunft, für diese kommenden Dekaden des 21. Jahrhunderts, haben diese neuen Erkenntnisse zu einer drastischen Revision Prognosen des kommenden Meeresanstiegs geführt. Inzwischen geht die Klimawissenschaft davon aus, dass der Meeresspiegel in diesem Jahrhundert um zwei Meter ansteigen wird. Damit wurden die ursprünglichen Projektionen "nahezu verdoppelt", wie die Washington Post meldete. Die Immobilienpreise in New York, Hamburg und London dürften somit bald wieder sinken.

Der wichtigste Faktor, der zu dieser drastischen Revision der Klimaprognosen beitrug, sind eben die neuen Erkenntnisse über den antarktischen Eispanzer. Sollte das hohe Niveau der CO2-Emmissionen beibehalten werden, drohe ein "monumentaler und irreversibler" Anstieg des Meeresspiegels. Die Schmelzvorgänge würden selbstverständlich nicht bei den zwei Metern in diesem Jahrhundert haltmachen.

Bis zum Jahr 2500 könnte sich der Meeresanstieg auf 15 Meter summieren - allein aufgrund der Antarktischen Eisschmelze. Frühere Prognosen haben die Antarktischen Eismassen für größtenteils klimabeständig erklärt. Man ging bis vor Kurzem in der Klimawissenschaft davon aus, dass der Meeresanstieg größtenteils durch abschmelzende Gletscher und die Expansion des erwärmten Wassers ausgelöst würde, während die Eismassen Antarktikas und auch Grönlands kaum eine Rolle bei den Prognosen spielten.

"Katastrophale Umbrüche ab 2100" - Exodus von den Küsten

Die neuen Studien deuteten auf "gravierende Probleme" in den Küstenregionen binnen der kommenden Jahrzehnte, erklärte der Klimawissenschaftler Ben Strauss gegenüber der Washington Post, doch drohten vor allem ab 2100 "katastrophale Umbrüche", sollten die Kohlenstoffemissionen nicht bald massiv gesenkt werden. Bei einem Szenario hoher Emissionen würde das 22. Jahrhundert zu einem "Jahrhundert in der Hölle", es wäre ein Jahrhundert "des Exodus von den Küsten".

Beispielsweise würden Bangladesch, Schanghai, Teile Virginias und Washington D.C. verloren gehen. Doch auch im 21. Jahrhundert werden die Landverluste bei hohen CO2-Emissionen bereits einsetzen: Miami Beach und die Florida Keys könnten schon im diesem Jahrhundert von den Fluten verschlungen werden. New Orleans würde in den kommenden Jahrzehnten zu einer deichgeschützten Insel werden.

Dabei läuft die Zeit für sinnvolle, massive Gegenmainahmen unerbittlich ab. Binnen der kommenden Dekade werde die globale Temperatur um 1,5 Grad gegenüber dem vorkapitalistischen Zeitalter ansteigen, warnten jüngst prominente Wissenschaftler.

Auf diesen Grenzwert hat man sich bei der Pariser Klimakonferenz geeinigt, um eine katastrophale Verselbstständigung des Klimawandels zu verhindern. Die kapitalistische One World befindet sich aber derzeit auf dem besten Weg, die globalen Temperaturen um 2,7 Grad zu erhöhen - weitaus höher als im Pliozän.

Die Grenze von 1,5 Grad wird von der Wissenschaft als ein Schwellenwert betrachtet, nach dessen Überschreitung der Klimawandel eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickelt. Nach dem Überscheiten bestimmter quantitativer klimatischer Kipppunkte drohen somit irreversible qualitative Veränderungen des Gesamtsystems (Die Dialektik des Klimawandels)

Warnungen vor einem plötzlichen Umschwung

Solche "qualitativen" Umwälzungen des Klimawandels, die durch langfristige, Jahrhundertelande "quantitative" Veränderungen des Klimawandels (Erhöhung der CO2-Konzentration) ausgelöst werden, werden selbst nach menschlichem Ermessen rasch ablaufen. Der plötzliche Umschwung würde in einer kurzen Periode stattfinden, die in Dekaden gemessen werden könnte. Die weitverbreitete Gleichgültigkeit gegenüber dem Klimawandel, die sich in der Parole "Nach mir die Sintflut" wunderbar manifestiert, könnte sich somit am "dialektischen" Prozess des Klimawandels blamieren.

Während insbesondere der rechte und rechtsextreme Stammtisch, der in dem öffentlichen Diskurs des Exportweltmeisters Deutschland wieder Oberwasser gewinnt, den Klimawandel entweder leugnet oder verharmlost, reagieren die kapitalistischen Funktionseliten auf ihre ganz eigenen Weise auf die große Eisschmelze in der Arktis.

Die Anrainerstaaten der Arktis streiten sich um den Zugang zu den Ressourcen und fossilen Energieträgern, die unter dem rapide schwindenden Eispanzer der Arktis liegen. Russland, Kanada, Dänemark und die USA befinden sich in heftigen Auseinandersetzungen um Wirtschaftszonen und Einflusssphären in der arktischen Region, berichtete The Guardian Mitte September. Russland, das beste Aussichten bei diesem neoimperialistischen arktischen Wettrennen hat, will inzwischen sogar über die Eigentumsfrage des Nordpols verhandeln.

Die durch den Klimawandel ausgelöste arktische Eisschmelze motiviert die kapitalistischen Staatsmonster der Region dazu, sich die Ressourcen der Region zu sichern - und noch mehr Treibhausgase in die Luft zu blasen.

Evident ist somit, dass der Kapitalismus mit seinem Uferlosen Wachstumszwang das genaue Gegenteil einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise ist, die notwendig wäre, um den drohenden Klimakollaps noch abzuwenden. Die Überwindung des Kapitalismus stellt somit auch eine ökologische Überlebensnotwendigkeit der menschlichen Zivilisation dar. Reformen greifen hierbei eindeutig zu kurz, wie sich leicht ausführen lässt.

Kapital als Weltvernichtungsmaschine

Dieser permanente Wachstumszwang des kapitalistischen Systems resultiert aus dem Wesen des Kapitals selber. Als Kapital fungiert Geld, das durch einen permanenten Investitionskreislauf vermehrt, also "akkumuliert" oder "verwertet" werden soll. Das Wirtschaftswachstum ist hierbei nur der volkswirtschaftlich sichtbare Ausdruck der Kapitalakkumulation, die tatsächlich an eine "stoffliche Grundlage" gebunden ist. Spätestens seit dem Ausbruch der Finanzkrise ist klar geworden, dass dieser Prozess der Kapitalakkumulation an die Warenproduktion gekoppelt ist und nicht auf den Finanzmärkten aufgrund reiner Spekulationsprozesse dauerhaft aufrechterhalten werden kann.

Wie läuft das Ganze nun ab? Der Unternehmer investiert sein als Kapital fungierendes Geld in Rohstoffe, Arbeitskräfte und Energie, um in Fabriken hieraus neue Waren zu schaffen, die mit Gewinn verkauft werden. Das hierdurch vergrößerte Kapital wird in diesem uferlosen "Verwertungsprozess" in noch mehr Energie, Rohstoffe etc. investiert, um wiederum noch mehr Waren herzustellen.

Dieser potentiell endlose Kernprozess kapitalistischer Produktion hat die Selbstverwertung, also das unaufhörliche Wachstum des Kapitals zum Ziel. Niemand investiert sein Geld, um danach weniger oder genauso viel zu erhalten. Hiermit müssen auch die Aufwendungen - Rohstoffe und Energie - für diesen Verwertungsprozess permanent erhöht werden.

Deswegen wird auch künftig der Rohstoff- und Energiehunger der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie anschwellen, und er wird - wenn er nicht durch gesellschaftlichen Widerstand und Wandel gestoppt wird - erst durch die nächste Weltwirtschaftskrise oder den ökologischen und zivilisatorischen Kollaps unterbrochen werden.

Das Kapital strebt somit nach einer möglichst hohen "Selbstvermehrung"; es ist Geld, das zu mehr Geld werden will. Dieser "hohle", selbstbezügliche Prozess ist allen gesellschaftlichen oder ökologischen Folgen seiner beständig anwachsenden, alle Weltregionen und Gesellschaftsbereiche verwüstenden Verwertungstätigkeit gegenüber blind. Der permanent anschwellende Prozess der Kapitalakkumulation, der die innerste Treibfeder des kapitalistischen Konjunkturmotors bildet, "verbrennt" somit die Rohstoffe der Erde, die für unser Überleben notwendig sind.

Zusätzlich wird dieser kapitalistische Kernprozess effizienter Ressourcenverbrennung durch die konkurrenzvermittelten Produktivitätssteigerungen in Kapitalismus gesteigert. Je größer die Produktivität, desto größer der Ressourcenhunger des Systems, da die Warenproduktion nur als Mittel für den irrationalen Selbstzweck uferloser Kapitalakkumulation dienen. Die permanenten Steigerungen der Produktivität nötigen den Spätkapitalismus dazu, die Verschwendung von Ressourcen und Rohstoffen massiv auszuweiten, ins Extrem zu treiben.

Im Rahmen der Kapitalverwertung sind nämlich alle ökologischen Ressourcen und Rohstoffe nur als Träger von Wert - also abstrakt menschlicher Arbeit - von Belang. Je höher aber die Steigerung der Produktivität, desto weniger abstrakte Arbeit ist in einem gegebenen Quantum Ware verdinglicht: Wenn ein Fahrzeughersteller die Produktivität um zehn Prozent bei der Einführung eines neuen Fahrzeugmodells erhöht - was durchaus branchenüblich ist -, dann muss er auch zehn Prozent mehr Autos umsetzen, um bei gleichem Produktpreis die gleiche Wertmasse zu verwerten - oder jeden zehnten Arbeiter entlassen.

Um den Verwertungsprozeß des Kapitals im gewohnten Umfang aufrechtzuerhalten, müssen daher bei steigender Produktivität entsprechend mehr Waren produziert und abgesetzt werden. Eine Steigerung der Produktivität um 50 Prozent bedeutet, dass der Warenausstoß - und somit auch der Ressourcenverbrauch! - um 50 Prozent erhöht werden muss. Deswegen gilt: Je größer die Produktivität der globalen Industriemaschinerie, desto stärker wird auch ihr Ressourcenhunger, da die Wertmasse pro produzierter Einheit tendenziell abnimmt. Ein Versuch, in der kapitalistischen Weltwirtschaft eine ressourcenschonende Produktionsweise einzuführen, ist somit unmöglich - er käme einer Kapitalvernichtung gleich.

Die Produktivitätssteigerung, die eigentlich zur Realisierung einer ressourcenschonenden Wirtschaftsweise unabdingbar ist, wirkt im Kapitalismus als ein Brandbeschleuniger, da hier eine blinde, funktionalistische Rationalität dem irrationalen und an seinen eskalierenden Widersprüchen zugrunde gehenden Selbstzweck uferloser Kapitalverwertung dienen muss. Aus diesem durch Rationalisierungsschübe ins Extrem getriebenen Verwertungszwang ergibt sich die besagte Tendenz zur immer stärker beschleunigten effizienten Ressourcenverschwendung.

Der menschliche Körper als Mais-Sirup-Müllhalde

Ein Paradebeispiel für diese Tendenz liefert die US-amerikanische Maisindustrie, die seit der sogenannten grünen Revolution in den 1970ern die US-Verbraucher mit Maissirup beglückt. Dieses gesundheitsschädliche Fruktosekonzentrat hat den gewöhnlichen Zucker weitgehend verdrängt.

Der Filmemacher Curt Ellis hat in seinem Dokumentarfilm "King Corn" die Geschichte und die Folgen der Industrialisierung der US-amerikanischen Maisbranche beleuchtet. Er schilderte die Einführung des Süßungsmittels in einem Interview folgendermaßen:

In den 1970ern wurde diese enorme Steigerung der Maiserträge erreicht, und nun tauchten überall im Mittleren Westen diese gigantischen Maisberge auf. Deswegen schien alles hilfreich, um diese Maismengen verwenden zu können - wie eben der Maissirup, der sich nun in Tausenden Produkten wiederfindet. Er ist überall, er ist in deiner Spaghettisoße oder in einem Laib Brot - in Produkten, in denen er vor einer Generation noch nicht zu finden war.

Curt Ellis

Produktivitätssteigerungen in der kapitalistischen Agrarindustrie führen somit nicht zu einer Schonung der begrenzten natürlichen Ressourcen, sondern zum Bemühen, auf Biegen und Brechen neue Nachfragefelder zu schaffen, um den Verwertungsprozess aufrechtzuerhalten - und wenn es der menschliche Körper sein muss, der als Mais-Sirup-Müllhalde missbraucht wird.

Das Kapital fungiert somit als eine Weltvernichtungsmaschine, es stößt an seine äußeren, ökologischen Grenzen - die endliche Welt wird von der uferlosen und selbstbezüglichen Verwertungsbewegung des Kapitals buchstäblich verbrannt.

Von Tomasz Konicz erschien jüngst im Konkret Verlag das Buch "Kapitalkollaps. Die finale Krise der Weltwirtschaft".