Die Klimaerwärmung befeuert Tornados

Die Energie- und Klimawochenschau: Von Greenwashing, antarktischen Kipppunkten und Chancen für Tropenwälder

Eine Serie von starken Tornados ist Freitagnacht durch das Mississippi-Becken in den USA gezogen und hat für schwere Verwüstung und viele Todesopfer gesorgt. Der Ort Mayfield im Bundesstaat Kentucky wurde fast vollständig zerstört, allein in Kentucky starben mindestens 74 Menschen. Der Tornado, der Mayfield zerstört hat, legte insgesamt 365 Kilometer zurück und damit für einen Tornado die längste Strecke, die überhaupt in der Geschichte gemessen wurde. Und auch der Dezember ist eine ungewöhnliche Jahreszeit für die Stürme, die normalerweise eher im Frühjahr auftreten.

Die Wetteranomalie in der Mitte der USA setzt sich mit sehr warmen Temperaturen fort: Für Mittwoch werden in der Region Temperaturen erwartet, die um 11 bis 22 Grad Celsius über dem Durchschnitt liegen. Welchen Anteil der Klimawandel an den verheerenden Stürmen hatte, wird Aufgabe der Attributionsforschung sein. Präsident Joe Biden erklärte gegenüber der Presse, dass er die Umweltschutzbehörde EPA beautragen wolle, den Zusammenhang zu untersuchen.

Verwüstungen nach dem Tornado nahe Mayfield, Kentucky. Bild: National Weather Service / Public Domain

Der Klimawissenschaftler Michael Mann erklärte gegenüber Democracy Now, dass es sich nicht um eine reine Naturkatastrophe handele, sondern diese durch den menschengemachten Klimawandel verschärft wurde. Hohe Wassertemperaturen im Golf von Mexiko hätten zu ungewöhnlich hohen Temperaturen im Süden der USA geführt. Gleichzeitig ist der Pazifik durch das Klimaphänomen La Niña kälter als gewöhnlich, was den Jetstream nach Norden wandern lässt. Warme Luft von Süden konnte so weit in den Norden vordringen. Bei der Kollision der warmen und feuchten Luftmassen mit dem Jetstream entstehen schließlich die Tornados.

Wir haben eine Zunahme dieser massiven Tornadoausbrüche beobachtet, die auf die Erwärmung des Planeten zurückgeführt werden kann. Wir werden auch in Zukunft erleben, dass der Klimawandel in Verbindung mit natürlichen Faktoren wie dem La-Niña-Ereignis immer extremere Beispiele für diese Art von Phänomenen hervorbringt

Michael Mann

Joe Biden hatte den Klimaschutz zu einem wichtigen Wahlkampfthema gemacht und umfassende Maßnahmen versprochen. Dazu gehörte, keine neuen Öl- und Gasbohrlizenzen für öffentlichen Grund und Boden oder vor den Küsten mehr zu vergeben. Doch die Roadmap, die Innenministerin Deb Haaland Ende November veröffentlicht hat, halten diese Versprechen nicht.

Das Innenministerium hatte im Auftrag des Präsidenten einen Bericht über Öl- und Gasförderlizenzen erstellt. Die Vorschläge darin beziehen sich in erster Linie auf höhere Preise oder Steuern, die die Förderer zahlen sollen, nur in Gebieten mit Konfliktpotenzial in Bezug auf Naturschutz oder Erholung sollten möglichst keine Konzessionen mehr vergeben werden. Nun findet der größte Teil der Öl- und Gasförderung in den USA auf privaten Flächen statt, doch für die Klimaschutzbewegung in den USA dürfte der Bericht enttäuschend sein.

Greenwashing auf EU-Ebene?

Wir hatten an dieser Stelle über die Neuregelung der EU-Taxonomie zu nachhaltigen Investments berichtet. Umweltverbände befürchten, dass Atomenergie und fossiles Erdgas als "nachhaltig" deklariert werden sollen und damit weiter gefördert würden. Mittlerweile wurden Teile der neuen Taxonomie angenommen, wie das Portal Klimareporter berichtet.

Die Entscheidung, ob Atomenergie und fossiles Gas als nachhaltig gelten sollen, steht aber weiterhin aus. Vor allem Frankreich setzt sich dafür ein, dass die Atomenergie in die Taxonomie aufgenommen wird, während sich die vorherige deutsche Bundesregierung für die Aufnahme von Erdgas stark gemacht hatte. Umweltverbände appellieren an den neuen Bundeskanzler Olaf Scholz, beides abzulehnen. Ob das Thema beim Besuch Scholz' beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron vergangene Woche zur Sprache kam, ist nicht bekannt.

Die EU-Taxonomie wird ab Januar bestimmen, welche Finanzprodukte als nachhaltig bezeichnet werden dürfen. Bislang können die Anbieter von Investmentfonds u.a. ihre eigenen "Nachhaltigkeitskriterien" anlegen.

Einer Prüfung durch die Organisationen Facing Finance und Urgewald hielten nur 100 von 650 "Nachhaltigkeitsfonds" stand, alle anderen enthielten Kontroversen. "Beispiele für 'Nachhaltigkeitsfonds' mit Kontroversen sind der Union Investment Fond 'UniInstitutional Dividend Sustainable', der zu 19,57 Prozent in kontroverse Geschäftsmodelle investiert ist, oder der HANSAperspektive von Signal Iduna (20,13 Prozent). Ähnliches gilt z.B. auch für viele DWS ESG Fonds wie z.B. Xtrackers MSCI Europe Materials ESG Screened ETF, der fast zu 50 Prozent belastet ist", so die Bewertung der NGO.

Als Kontroversen betrachten sie etwa Beteiligungen an Kohle-Wertschöpfungsketten, Rüstungsexporte in Konfliktstaaten oder die Verursachung von großen Mengen von Plastikabfällen.

Thwaites-Gletscher vor dem Kollaps?

Wissenschaftler:innen warnen seit Jahren, dass die Eisschilde in der Westantarktis immer instabiler werden. Neueste Aufnahmen lassen nun befürchten, dass das Schelfeis des Thwaites-Gletscher sschon innerhalb der nächsten fünf Jahre zerbrechen könnte. Das ist der Teil des Gletschers, der auf dem Meer aufschwimmt. Verschwindet das Schelfeis, kann der dahinterliegende Teil des Gletschers, der auf dem Land aufliegt, schneller ins Meer abfließen.

Würde der ganze Thwaites-Gletscher abfließen, würde der Meeresspiegel um 65 Zentimeter steigen. Schon heute trägt der antarktische Gletscher mit 4 Prozent zum Meeresspiegelanstieg bei, würde das Schelfeis zersplittern, könnte bis zu ein Viertel des Meeresspiegelanstiegs auf sein Konto gehen, so die Wissenschaftler:innen.

Thwaites-Gletscher. Bild: Nasa / Public Domain

Veränderungen spielen sich auch unterhalb der Meeresoberfläche der Antarktis ab. Dort sorgt die Erwärmung des Wassers für eine Veränderung der Artenzusammensetzung. Im Antarktischen Ozean leben große Mengen von Krill, doch diese kleinen Krebstiere, die auch Hauptnahrungsquelle etwa von Walen sind, werden im Zuge der Erwärmung zunehmend von anderen Kleinlebewesen, den Salpen, verdrängt.

Das wird nicht nur Auswirkungen auf Nahrungsnetze haben, sondern auch darauf, wie viel Kohlendioxid der Ozean aufnehmen kann, wie Wissenschaftler:innen des Alfred-Wegener-Instituts berichten.

Beide Arten tragen mit ihrem Kot dazu bei, dass Kohlenstoff in die Tiefe absinkt. Wie die Forscher:innen jetzt herausfanden, gelangt bei den Salpen jedoch viel weniger Kot in tiefere Wasserschichten, als beim Krill, den ersterer wird schneller gefressen oder zersetzt und der darin enthaltene Kohlenstoff wird wieder frei. Rund 20 Prozent des Salpenkots erreicht Wassertiefen von 300 Metern gegenüber 72 Prozent der Ausscheidungen des Krills.

Sollte sich der Rückzug des Antarktischen Krill fortsetzen und Salpen flächendeckend zur dominierenden Art aufsteigen, werden die Gewässer entlang der Antarktischen Halbinsel künftig deutlich weniger Kohlenstoff in ihren Tiefen einlagern als bisher.

Bettina Meyer, Leiterin der neuen Studie

Tropenwälder können sich schnell regenerieren

Eine gute Nachricht aus der Wissenschaft lautet, dass tropische Wälder eine hohe Regenerationsfähigkeit besitzen. Nach 20 Jahren könnten nachwachsende Tropenwälder wieder rund 80 Prozent der Funktionen von Urwäldern ausfüllen. Die Bodenfruchtbarkeit erreicht schon nach zehn Jahren wieder 90 Prozent dessen, was die Urwälder aufweisen, Struktur und Artenvielfalt von Wäldern erholen sich nach 25 bis 60 Jahren. Bis die gleiche Menge an oberflächlicher Biomasse vorhanden ist, dauert es allerdings um die 120 Jahre.

Allerdings ist es auch für nachwachsende Wälder wichtig, dass ursprünglicher Wald erhalten bleibt, damit sich etwa Samen wieder dorthin verbreiten können.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass natürliche Regeneration eine kostengünstige und naturbasierte Lösung für den Klimaschutz, den Erhalt der biologischen Vielfalt und die Wiederherstellung von Ökosystemen darstellt.

Christian Flatz, Universität Innsbruck

Allerdings kann es auch an manchen Orten erforderlich sein, die natürliche Regeneration zu unterstützen.

Es gibt zahlreiche Initiativen zur Wiederherstellung von natürlichen Ökosystemen, wie etwa eine entsprechende UN-Dekade von 2021 bis 2030, doch die entscheidende Frage dürfte sein, ob Ökosysteme so schnell wiederhergestellt werden können wie sie an anderer Stelle verschwinden.

Im Amazonasgebiet waren die Entwaldungsraten in diesem Jahr so hoch wie lange nicht mehr. Und für den Erhalt des Amazonas spielt wohl auch seine Gesamtgröße eine entscheidende Rolle, da er durch die Verdunstung der Vegetation sein eigenes Klima miterzeugt. Schrumpft der Wald zu stark zusammen, bleibt der Regen aus. Ab einem Kipppunkt, der schon sehr bald erreicht sein könnte, würde sich der Wald dann zu einer Savanne verwandeln.

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