Die Plünderung der Weltmeere

Seite 2: Ruinöse Wirtschaftsweise

Hunderten von Kleinfischern waren aus mehr als 30 Ländern Lateinamerikas, Afrikas, Asiens und Europas nach Lissabon gepilgert, um ihre prekäre Lage zu schildern und Gehör zu finden. Nach eigenen Angaben ernähren sie insgesamt 500 Millionen Menschen weltweit mit Fisch.

Diese Fischer gehen küstennah oder in den Territorialgewässern auf Fang. Dort finden sich 83 Prozent der weltweiten Korallenriffe. Es sind die Orte für die Brut und Aufzucht der Meeresfauna. Mangrovenwälder und Seegraswiesen gedeihen nur dort. Sie bringen in gesunden Küstengebieten Nutzen als Kohlendioxidspeicher und schützen vor dem Klimawandel, indem sie Sturmfluten auffangen und Küstenerosion verhindern.

Ihnen – den Kleinfischern – geht es, so erläuterte Martilene Rodrigues aus dem brasilianischen Bundesstaat Ceará, nicht nur um ihren Lebensunterhalt, sondern auch um den Erhalt von Kultur und Tradition, die der ruinösen Wirtschaftsweise zum Opfer fallen.

Um Überfischung und Artensterben zu stoppen, fordert der WWF nicht erst seit gestern wirksame Fischerei-Kontrollen, nachhaltige Fangmengen und ein Verbot zerstörerischer Fangpraktiken. Laut FAO kletterte die gesamte Nutzung von Wassertieren und Algen nach den jüngsten vorliegenden Zahlen von 2020 auf den Rekordwert von 214 Millionen Tonnen; bei den Wassertieren im Schnitt 30 Prozent mehr als in den 2000er Jahren, 60 Prozent mehr als in den 1990er Jahren.

In den Zahlen sind Fänge und Aquakultur aus Meer- und Süßwasser zusammengefasst. Gefangen wurden 90 Millionen Tonnen Wassertiere, aus Aquakultur stammen 88 Millionen Tonnen.

"Kollektives Versagen"

Fisch liefert der FAO zufolge mehr als 20 Prozent der Pro-Kopf-Proteinversorgung für drei Milliarden Menschen (in einigen weniger entwickelten Ländern mehr als 50 Prozent) und ist besonders in ländlichen Regionen eine wesentliche Nahrungsquelle, da die Ernährung dort wenig diversifiziert und die Ernährungssicherheit weniger gegeben ist.

Zum Abschluss gab es eine "Erklärung" in Lissabon. Darin wird unter anderem ein "kollektives Versagen" beim Meeresschutz eingeräumt, es wird auch mehr "Ehrgeiz" bei der Suche nach Lösungen gefordert.

Triste Aussichten. Weiter bedrohen Überfischung und andere destruktive Praktiken, wie der Fang mit Dynamit oder Zyanid, die Biodiversität der Meere und Küsten. Zu denken auch an die großen industriellen Trawler, die mit ihren Schleppnetzen den Meeresboden zerstören, um in Minuten tonnenweise Fisch und Beifang einzusammeln.

Eine teuflische Abwärtsspirale für Mensch und Natur. Ungeachtet aller Hiobsbotschaften nimmt die rücksichtslose Plünderung der Weltmeere weiterhin zu. Die Plastifizierung der Ozeane, pro Minute zwei Lastwagenladungen, noch nicht mal eingerechnet.

Diese horrende Plastikverschmutzung trifft auf einen bereits überlasteten Ozean. Im August wollen die UN-Mitgliedsstaaten nochmal einen Anlauf unternehmen, um ein Abkommen hinzubekommen. Lissabon war nicht mal eine Atempause.