Die Rechten sind schlagbar: Mit Marx gegen AfD und FPÖ?

Hammer (zerschlägt Reichen-Sparschwein) und Sichel

Die AfD wird zweitstärkste Kraft bei der Europawahl. Eine Strategie gegen Rechts fehlt. In Österreich zeigt die KPÖ, wie es gehen kann.

Die Brandmauer gegen Rechts schien zu stehen – viele Menschen protestierten gegen Hetze der AfD. Auch Bundeskanzler Scholz beteiligte sich. Die Wahlergebnisse am Tage der Europawahl machen deutlich: Viele Wählende sehen das anders, die AfD erhält die zweitmeisten Stimmen bundesweit auf EU-Ebene.

Die Stimmenabgabe zeigt, das eine Strategie gegen Rechts fehlt. Scholz fährt eine Doppelstrategie: Demonstrieren und AfD-Forderungen übernehmen. Die Reaktion des Bundeskanzlers auf den Mord an einem Polizisten in Mannheim verdeutlicht, wie weit die Themen Rechtsradikaler inzwischen Konsens in der Ampel-Koalition sind.

Vereinbarungen mit einem Tailban-Regime werden gefordert sein, Abschiebungen nach Afghanistan sollen Normalität werden. FDP und CDU-Spitzenpolitiker fordern die Streichung von Bürgergeld für ukrainische Männer, die vor dem Krieg flüchten.

Die österreichische Politikwissenschaftlerin Natascha Strobl kritisiert seit Jahren, dass andere Parteien Themen der FPÖ übernehmen, in der vermeintlichen Hoffnung, Rechtsaußen-Parteien Wählende abwerben zu können. Und die damit das Gegenteil erreichen.

KPÖ: Mieten senken statt "Ausländer raus"

Der überraschende Erfolg der kommunistischen Partei (KPÖ) bei den Wahlen in Salzburg Stadt Anfang des Jahres macht aus Strobls Sicht deshalb Hoffnung:

Die extreme Rechte ist schlagbar.

Der KPÖ-Bürgermeisterkandidat erreichte die Stichwahl, die FPÖ spielte dabei keine Rolle.

Vergleiche mit der AfD fallen auf, wenn Strobl kritisiert, die Rechtsradikalen werden "medial in einer Angstlust hochgeschrieben", die zur "selbst erfüllenden Prophezeiung" werden soll. Der Wahlkampf in Salzburg drehte sich um soziale Themen, Maßnahmen gegen hohe Mieten bestimmten die Debatten:

Man muss die FPÖ nicht mystifizieren und überhöhen; sie ist schlagbar. Und zwar dann, wenn nicht alle auf ihre Themen einsteigen, sondern andere Themen und Personen in den Mittelpunkt stellen.

Natascha Strobl

"Bei der KPÖ kann man nicht Karriere machen", erklären Sarah Pansy, Landtagsabgeordnete in Salzburg, und Georg Kurz, der den Wahlkampf der Salzburger KPÖ mitorganisiert hat. Mandatsträger behalten höchstens den durchschnittlichen Facharbeiterlohn von 2.500 Euro netto für sich. Beträge darüber hinaus werden in Sprechstunden verwendet.

"In Salzburg haben wir damit allein im letzten Jahr in hunderten Fällen konkret helfen können. Das ist ein Wert an sich", erklären Pansy und Kurz. Die Sozialberatungen sind ein wesentlicher Teil der Arbeit der KPÖ-Abgeordneten und helfen, die Sorgen der Wählenden wahrzunehmen.

Wenn man täglich mit Schimmel in Sozialwohnungen, steigenden Gasrechnungen und fehlenden Deutschkursen konfrontiert ist, statt mit Ausschusstagesordnungen und Lobbytreffen, dann verändert das die eigene Politik.

Rosa-Luxemburg-Stiftung

Pragmatisch geht die Partei Themen an. "Wir beziehen uns nicht aktiv auf Kulturkampfthemen. Die Frage ist dann: Hält man es aus, dass die linke Szene das dann nicht besonders gut findet und viele Leute dort nicht die größten Fans von uns sind?", so Sarah Pansy :

Wir mussten irgendwann akzeptieren, dass Menschen uns nicht so sehr aus Moralvorstellungen wählen, sondern aus Vertrauen.

Die Partei trage "Anliegen aus der Bevölkerung" sichtbarer in den Gemeinderat und die Medien als die anderen Parteien. "Es liegt auch daran, dass sie ihre Wirkmächtigkeit vor allem außerhalb des Parlaments sieht", beschreiben Pansy und Kurz.

Basisarbeit ist entscheidend, nicht Bekehrung anhand der Werke von Marx. Als Beispiel für diese Strategie schildern KP-Vertreter Erfolge aus Graz: In den 90ern stellte KPÖ-Gemeinderat Ernest Kaltenegger den Antrag, dass in den stadteigenen Wohnungen keiner mehr als ein Drittel des Einkommens für die Miete bezahlen sollte. Der Antrag wurde erwartungsgemäß abgelehnt.

Die Grazer KPÖ ließ sich nicht entmutigen und startete eine große Kampagne, bei der letztendlich 17.000 Unterschriften gesammelt wurden. Dieser öffentliche Druck führte bei erneuter Abstimmung zu einer Mehrheit im Parlament. "Wir reden übers Wohnen, arbeiten permanent zum Wohnen, machen pausenlos Kampagnen dazu, zwingen den anderen Parteien so unser Thema auf – und stellen die 'Ausländer raus'-Hetze der FPÖ damit schlicht kalt", erklären Georg Kurz und Sarah Pansy für die KPÖ.

Volksfront in Frankreich

In Frankreich gibt es – nach den Schock über das gute Wahlergebnis von Le Pen bei der Europawahl – ein klares Bekenntnis gegen Rechts. Sieben Linksparteien gründeten das Bündnis "Neue Volksfront – Nouveau Front Populaire", das einen Gegenpol zur bisherigen neoliberalen und autoritären Politik setzt.

Unter Zeitdruck gelang es, nicht nur die Gegner klar zu benennen, sondern auch Forderungen im Sinne der Mehrheit der Menschen zu formulieren:

m Bereich der Sozialpolitik beispielsweise wird eine Erhöhung des Mindestlohns auf 1600 Euro netto gefordert, die Rückkehr zu einem Renteneintrittsalter von 60 Jahren, die Reform der Arbeitslosenversicherung, die Stärkung der Kaufkraft durch Deckelung der Preise für Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs.

nd-aktuell

Bürgerbewegung Finanzwende: Geld ist genug da

Als Gegenargument wird häufig genannt, diese Forderungen seien nicht zu finanzieren. Hierzulande weist die Bürgerbewegung Finanzwende seit 2018 auf die sich verschärfende ungerechte Vermögensverteilung hin. Sie kritisiert, dass sich "die Finanzindustrie immer mehr Einfluss erkauft."

Kurzfristigen Profitinteressen überwiegen:

In den letzten drei Jahrzehnten wurden neue Steuerprivilegien geschaffen oder trotz veränderter Bedingungen und Reformen beibehalten. Bei den wichtigen Steuern – auf Erbschaften, Vermögen, Kapitalerträge, Unternehmensgewinne und hohe Einkommen – wurden in diesem Zeitraum nicht nur die Steuersätze gesenkt, sondern teilweise absurde und verfassungswidrige Ausnahmen eingebaut.

Bürgerbewegung Finanzwende e. V.

Geld ist genug da, macht der Verein auf seiner Homepage anhand von Beispielen klar: Eine Vermögensteuer von einem Prozent bringt Einnahmen von 9,5 Milliarden Euro bei einem Freibetrag von 20 Millionen Euro (Superreichen-Steuer) und bis zu 24 Milliarden Euro bei einem Freibetrag von zwei Millionen Euro.