Die Superreichen und die Coronavirus-Epidemie
Die Reichen entwickeln unterschiedliche Pläne, wenn es bedrohlich werden sollte, um sich und ihr Vermögen zu schützen
Wir leben in einer geteilten Gesellschaft, die vom Geld regiert wird. Geld verschafft politischen Einfluss, der abgehängte Teil der Gesellschaft kann wenig durchsetzen und bleibt den Wahlen fern, es sei denn, es werden nicht die eigenen Interessen vertreten, sondern über rechtsnationale Ideologie die des Volkes gegenüber Außenseitern und Fremden, die draußen bleiben sollen. Die Reichen leben sowieso schon länger, mitunter deutlich länger als der arme Teil der Bevölkerung. Sie setzen ihr Geld auch dafür ein, dass sie als Creme der Gesellschaft möglichst lange leben und das Altern hinausschieben können.
Und weil man gewohnt ist, mit Geld Vorteile für sich zu kaufen, sind auch die von der Coronavirus-Epidemie geängstigten Vertreter der vermeintlichen Elite bei der Sache, wenn es darum geht, dem Virus nicht wie das gemeine Volk ausgeliefert zu sein. Und Vorteile sind natürlich auch notwendig, weil man als Reicher und Privilegierter auch zu den Besten, Klügsten und Erfolgreichsten gehört, auf die die Gesellschaft nicht verzichten kann. Man kann sich freilich auch fragen, warum die Reichen zur Elite einer Gesellschaft gezählt werden, wenn sie oft nur durch Erbschaften Beglückte sind, die Macht und Einfluss erlangt haben.
Sich und das angehäufte Vermögen retten
Russ Alan Prince, Präsident von R.A. Prince & Associates und Berater für die Superreichen, schreibt, diese "verfolgen mit großer Aufmerksamkeit Covid-19 und bereiten sich auf die Möglichkeit einer schweren Pandemie vor. Sie führen Wege ein, um den Einfluss der Seuche auf ihre Familien und ihre Unternehmen, auch ihre Angestellten, abzuwehren. Die Superreichen konzentrieren sich auch darauf, ihr Vermögen zu schützen, falls sie es nicht substantiell in dieser Zeit vermehren können." Zitiert wird ein Vermögensverwalter, der sagt, die Reichen würden sich auf ihre privaten Flugzeuge stützen, die Möglichkeit, ihre Familien an möglichen "sicheren Orten" unterbringen zu können, und einen "bevorzugten Zugang auf die besten medizinischen Ressourcen".
Prince erklärt, dass der "disruptive ökonomische Einfluss der Seuche" mit der vernetzten Welt zunimmt: "Das führt dazu, dass die Superreichen und die Professionellen sich darum kümmern, sowohl ihre Geschäftsinteressen und ihr persönliches Vermögen zu sichern, und manchmal auch die aktuellen Umstände als eine Möglichkeit nutzen, Profite zu erzielen." Das führt er allerdings nicht näher aus, macht aber wahrscheinlich schon klar, dass die Superreichen und ihr Anhang, also auch die Vermögensberater, vor allem damit beschäftigt sind, sich und ihr Vermögen zu retten. Was mit dem Rest geschieht, ist nicht nennenswert. Man kauft sich beim Untergang der Titanic gewissermaßen die verfügbaren Rettungsboote und sucht das Weite.
Angeblich haben aber die die drei reichsten Männer, Jeff Bezos, Bill Gates und Bernard Arnault, letzte Woche 30 Milliarden US-Dollar wegen der Epidemie verloren. Die weltweit reichsten 500 hätten an den Börsen fast 450 Milliarden eingebüßt. Damit seien deren Gewinne seit dem Beginn des Jahres, immerhin 78 Milliarden, mehr als wettgemacht worden. Am Hungertuch nagt deswegen aber keiner der Superreichen. Gewinner aber sind pharmazeutische Unternehmen, die Impfstoffe entwickeln, oder Hersteller von medizinischen Handschuhen, Mundschutz oder Desinfektionsmitteln. Aber auch IT-Unternehmen, die dafür sorgen, dass Telearbeit oder Fernausbildung etwa an Unis oder Schulen auf die Schnelle umgesetzt werden können.
Privatjets, Landhäuser und privilegierter Zugang zu medizinischen Informationen und Ressourcen
Bloomberg.com erzählt eine bezeichnende Geschichte von den Reichen. So wird von Tim Kruse, einem Arzt im wohlhabenden Aspen, berichtet, der erzählt, dass seine Patienten ihn auf eine Impfung gegen den Coronovirus angesprochen haben, obgleich es eine solche noch gar nicht gibt. Hintergrund ist, so Bloomberg, dass man ja mal versuchen könnte, schneller als der Rest der Menschheit an einen neuen Impfstoff zu kommen.
Es ist ein Artikel, der eine Situation schildert, wie es sich auch während der Pestepidemien abgespielt hat, auch wenn der Coronovirus noch eher ein Phantasma gegenüber der Pest ist, die die Bevölkerung von Städten halbiert und ganze Landstriche entvölkert hat. Wer reich war, zog sich auch damals aus den Städten und den Menschenmassen zurück auf die Landhäuser, wie das Boccaccio im "Decamerone" erzählt. Landhäuser hat man als Reicher, überhaupt haben diese verschiedene Immobilien weltweit, um bei Unruhen, Naturkatastrophen, Kriegen oder eben auch Epidemien einen sicheren Rückzugsort für sich, die Familie und auch das Vermögen zu haben. Die Armen müssen ausharren oder sich auf die Flucht mit ungewissem Ausgang begeben:
Einige Milliardäre, Banker und andere Angehörige der US-Elite sind ruhig, andere werden ängstlich und alle waschen sich die Hände. Aber die Reichen können es sich leisten, sich mit Mitteln wie Fahrten mit Privatflugzeugen aus der Stadt, Anrufen bei weltweit führenden Experten und Zugang zu luxuriöser medizinischer Behandlung auf eine Pandemie vorzubereiten.
Bloomberg.com
Bloomberg.com gehört Bloomberg, einem vielfachen Milliardär, der sich die Präsidentschaftskandidatur bei den Demokraten erkaufen wollte und von seinem Vermögen schon mal 500 Millionen dafür eingesetzt haben soll. Geld allein kann doch nicht alles. Weil er am Super Tuesday wenig Erfolg hatte, zog er seine Kandidatur zurück und unterstützt nun Joe Biden gegen den linken Bernie Sanders. Da halten dann die Reichen zusammen, damit an ihrem Vermögen nicht gekratzt wird.
Die Reichen entwickeln, so Bloomberg, sehr unterschiedliche Pläne, wenn es bedrohlich werden sollte. Die einen würden sich in ihre Prepper-Bunker begeben, die anderen in andere Länder reisen. Es werden schon Krisen an die Wand gemalt, wenn die reichen Paare, die gerne alleine unterwegs sind, dann plötzlich aus vermeintlichen Überlebensgründen gezwungen wären, auf engem Raum zusammenzuleben.
Aber es könnte alleine schon darum gehen, dass die Ärmeren es sich nicht leisten könnten, nicht zur Arbeit zu gehen, Vorräte anzuschaffen oder Ärzte um Rat zu fragen, was für die Reichen ganz selbstverständlich ist. Und man könnte natürlich auch Phantasien entwickeln, dass eine neue Seuche vor allem die Reichen treffen könnte. Bloomberg verweist auf JPMorgan Chase & Co., die größte Bank der USA, die wie andere Unternehmen die Angestellten aufgefordert hat, auf Geschäftsreisen zu verzichten, Teams zu verkleinern oder Arbeit im Home Office auszuführen. CEO Jamie Dimon sagte am Investorentag der Bank, dass er kurz zuvor geträumt habe, dass er und andere Milliardäre, die sich im WEF in Davos getroffen haben, vom Coronavirus infiziert worden seien: "Ich hatte diesen Albtraum, dass wir uns alle, die wir nach Davos gereist sind, infiziert haben und dann nach der Abreise die Infektion verbreitet haben. Die einzig gute Nachricht ist, dass dies nur die Elite getötet hätte."
Die Zuhörer sollen gelacht haben. Ausgerechnet sie könnten das Opfer einer neuen Epidemie geworden sein. Wäre kein Wunder, weil sie in einer Parallelgesellschaft leben. Das Lachen dürfte ihnen im Hals steckengeblieben sein, sind sie doch gewohnt, dass ihr Vermögen ihnen Immunität verschafft, dass ihr Geld ihr Immunsystem ist.
Aber der Traum der einen und der Albtraum der anderen, dass die Reichen Opfer eines biologischen Virus werden könnten, ist natürlich abstrus. Geld ist ein Immunsystem, auch biologisch, Seuchen treffen vor allem die Armen, auch wenn die Epi- und Pandemien auf die Reichen übergreifen können. Dann sorgen sie für eine Hygiene- und Sozialpolitik, um das Schlimmste zu verhindern - und auch die Geringverdiener oder das Lumpenproletariat zu erhalten, um weiter Profite zu erwirtschaften. Das war im 19. Jahrhundert so und dürfte jetzt nicht groß anders sein. Gut möglich, dass sich jetzt eine Krankenversicherung für alle in den USA durchsetzt - um die Reichen zu schützen.
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