Die Trump-Gefahr für die US-Wirtschaft

Trump-Tower, Chicago, Dezember 2006. Foto: Antonio Vernon / CC BY-SA 3.0

Seit dem Wahlsieg des angeblichen "Nicht-Kandidaten" der Wall Street, erlebt man dort statt des Einbruchs eine "Trump Rally"

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Einige hatten sogar einen Börsen-Crash vorhergesagt, sollte Donald Trump die Präsidentschaftswahlen gewinnen. Fabuliert wurde davon, Clinton sei die Kandidatin der Wall Street und schon eine Umfrage, die den Sieg des republikanischen Kandidaten in Aussicht stellte, habe "für Schweißausbrüche bei den Investoren an der Wall Street gesorgt".

Doch das Gegenteil ist der Fall, es hat eine regelrechte "Trump-Rally" eingesetzt und der US-Dollar gewinnt deutlich an Wert. Man kann sogar schon von Blasenbildung sprechen, die bei der kommenden Ernüchterung platzen wird, da ein starker Dollar auch die Exporte belastet.

Dass die US-Notenbank quasi gezwungen ist, nun die Leitzinsen zu erhöhen, wird die Konjunktur zusätzlich genauso belasten wie der Trump-Isolationismus. Das alles dürfte, wie ein gestiegener Ölpreis, auch negativ auf Investitionen und den US-Arbeitsmarkt wirken.

Absurde Prognosen

Wie absurd einige Prognosen zu einem möglichen Wahlsieg von Trump waren, zeigte sich gleich nach seiner Wahl. Von einem Trump-Schock an den Börsen gab es keine Spur, obwohl die Prognosen fast noch dramatischer ausfielen als die, mit denen vor einem "Brexit-Schock" und vor "substanziellen wirtschaftliche und finanziellen" Folgen für die Weltwirtschaft gewarnt wurde.

Gingen die Börsen nach der Brexit-Entscheidung zunächst kurz auf Tauchstation, hakte man an den Finanzplätzen aber auch diese Entscheidung schnell wieder ab.

Doch nicht einmal eine solche Bewegung konnte man seit dem Trump-Wahlsieg feststellen. Tatsächlich hat sein Sieg die US-Börsen beeinflusst, doch statt eines Crash ist seit fast einem Monat das genaue Gegenteil zu beobachten. So meldete die Süddeutsche Zeitung, dass der US-Börsenindex Dow Jones am Tag nach dem Wahlsieg auf ein "neues Rekordhoch" geklettert ist. Das waren 18.873,66 Punkte. Nachdem der Index am vergangenen Freitag erstmals wieder leicht gesunken ist, steht er nun sogar bei 19.174,00 Punkten.

Viel aussagekräftiger ist aber der breiter gestreute S&P 500. Statt die 30 größten US-Unternehmen, bildet der S&P 500 die 500 größten börsennotierten Unternehmen in den USA ab. Und der war vor den Wahlen eingebrochen und hat seither aber um 11,4% zugelegt, weshalb von einer "Trump-Rally" gesprochen wird. Und es ist auch nicht so, dass nur der Absturz vor der Wahl ausgeglichen wurde. Blickt man ein Jahr zurück, dann hat er insgesamt 5,4% zugelegt.

Warnungen vor einer "Trump-Blase"

Allerdings werden die Zweifler schon deutlich lauter, die von einer "kräftigen Portion Ungewissheit" sprechen, während andere schon vor einer Blasenbildung warnen. So warnt auch der renommierte US-Ökonom und Nobelpreisträger Robert Shiller vor einer "Trump-Blase" an den Finanzmärkten. Im einem Interview erklärte er gerade beim Besuch in Berlin:

Anleger werden Trumps Wirtschaftspolitik fälschlicherweise als den Beginn einer neuen Ära interpretieren; einer Zeit mit weniger Regulierung, niedrigeren Steuern und einem wirtschaftsfreundlicheren Klima. Trump könnte auf diese Weise an den Märkten eine richtige Blase schaffen, eine Trump-Blase.

Robert Shiller

Die steigenden Kurse basieren natürlich auch auf der Trump-Ankündigung, die Unternehmensteuer von 35 Prozent auf 15 Prozent zu senken, wie er in seinem Wirtschaftsprogramm angekündigt hatte, das ein Rezept für ein Desaster ist.

"Die Senkung wird zwar nicht so dramatisch sein, wie es diese Zahlen suggerieren, weil er auch Steuerschlupflöcher schließen will", meint Shiller. Der Aktienkurs steige aber schon deshalb, weil die Unternehmen trotz allem einen größeren Teil ihrer Gewinne behalten dürfen – selbst wenn es der Volkswirtschaft nicht hilft und es keine zusätzlichen Arbeitsplätze schaffe.

Shiller geht auch nicht davon aus, dass es sich nur um einen kurzfristigen Effekt handelt und sich deshalb eine enorme Blase entwickelt könnte. Und die werde "böse enden, so wie damals, 1929", erklärt er in Bezug auf die große Depression.

Die Frage ist aber, ob Trump überhaupt die Zeit erhält, auch zunächst positive Effekte auszulösen, um die Blase weiter aufzublähen, von denen Shiller spricht. Er benennt zum Beispiel die Deregulierung im Umweltschutz, was umweltschädigend produzierenden Firmen helfen dürfte und das Wirtschaftswachstum stärken und Arbeitsplätze auf Kosten der Umwelt schaffen könnte. Deshalb hatte Trump ja gerade angekündigt:

Ich werde der größte Jobs-Präsident sein, den Gott jemals geschaffen hat.

Donald Trump

Doch auch wenn man tatsächlich daran glaubt, dass es einen Gott gäbe, der Trump erschaffen haben soll, gibt es deutliche Probleme auf diesem Weg. So wurde schon in der Telepolis-Analyse der vollmundigen Ankündigung herausgearbeitet, dass weniger die Auslagerung in Billiglohnländer im Rahmen der Globalisierung für die Vernichtung von vielen Stellen verantwortlich ist, sondern vor allem die Tatsache, dass immer mehr Maschinen die Menschen in den Fabriken ersetzen:

Immer weniger Arbeitskräfte produzieren immer mehr Realgüter wie beispielsweise Autos, elektronische Geräte bis hin zum Pappkarton.

Patrick Spät

Firmen von der Abwanderung abhalten

Wie gerade in Medien beschrieben wird, versucht Trump derzeit, Firmen von der Abwanderung abzuhalten. Dank seiner Intervention habe sich der Gasofen- und Klimagerätehersteller Carrier entschieden, die Produktion nicht nach Mexiko zu verlagern und in Indianapolis 1.100 Stellen zu erhalten.

Dass der Firma das mit Steuererleichterungen im Umfang von 7 Millionen US-Dollar schmackhaft gemacht wurde, habe Trump genauso ausgeblendet, wie die Tatsache, dass "in den kommenden Jahren 1300 andere Carrier-Jobs nach Mexiko wandern werden", analysiert zum Beispiel die Neue Zürcher Zeitung.

Angesichts immer neuer Steuererleichterungen für Firmen und der Tatsache, dass auch der Spitzensteuersatz für die Besserverdienenden von fast 40% auf 33% sinken soll, stellt sich natürlich schnell die Frage, wie er den ohnehin hoch verschuldeten Staat finanzieren will, da er zudem noch viel Geld in Infrastrukturmaßnahmen stecken will. Allerdings ist diese Ankündigung natürlich ein weiterer Grund für eine derzeitige Blasenbildung an den Börsen.

Und was das Wirtschaftswachstum und den Jobaufbau angeht, wird vermutlich der Wind immer eisiger, der Trump bald ins Gesicht wehen wird, während die Entwicklung am Stellenmarkt bisher noch positiv ist. Am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktzahlen sorgten sogar für eine kleine Überraschung. Im November hat die US-Wirtschaft 178 000 Stellen geschaffen. Damit ist die offizielle Arbeitslosenquote von 4,9 nun auf 4,6% gesunken.

Zwar hat sich in Großbritannien seit der Brexit-Entscheidung der Arbeitsmarkt, gegen alle Horror-Ankündigungen, positiv entwickelt. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass das Pfund stark nachgegeben hat. Damit wurden Exporte deutlich billiger und die britischen Inseln sind für Besucher billiger werden, was sich im Tourismusboom schon deutlich gezeigt hat.