Die USA sind multikulturell geworden

Obama ist nicht nur der erste schwarze US-Präsident, sein Sieg dokumentiert auch das Ende der Vorherrschaft der Weißen

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Nachdem sein Sieg feststand (Erdrutsch für Obama), hat Barak Obama in seiner ersten Rede nicht nur erneut den Wandel beschworen, den die Amerikaner mit seiner Wahl zum Ausdruck brachten, sondern auch die Einheit aller Amerikaner. Obamas Sieg, zu dem ihm eine große Wahlbeteiligung und vor allem ein abgewirtschafteter George W. Bush verholfen haben, macht ihn zum ersten schwarzen Präsidenten der USA. Eigentlich bedeutet aber sein Sieg, dass die USA nun wirklich multikulturell geworden sind, dass es kein von Weißen mehr beherrschtes Land ist.

Und damit gehen vermutlich die Amerikaner und die USA der Welt wieder einmal voraus, denn alle Industrieländer sind zu Einwanderungsländern geworden oder müssen dies werden, wenn sie Bestand haben wollen. Von daher ist der Sieg Obamas natürlich markanter und der durch die Entscheidung für ihn unterstützte Wandel tiefer, als wenn Hillary Clinton als weiße Frau gewonnen hätte. John McCain hat hier, unabhängig von allen politischen Orientierungen, das alte Amerika repräsentiert und damit verloren, während Obama den amerikanischen Traum erneut bestätigt hat. Ein US-Kommentator hat einmal den durch Obamas Präsidentschaft eingeleiteten Wandel so verdeutlicht, dass dies etwa damit vergleichbar wäre, wenn in Deutschland ein Präsident mit türkischem Migrationshintergrund gewählt würde.

Mit den auf ihn gerichteten Hoffnungen, verstärkt durch die demokratischen Mehrheiten im Senat und Repräsentantenhaus, wird es Obama allerdings schwer haben, die vielen Probleme zu lösen, die ihm sein Vorgänger, der dazu noch 77 Tage im Amt ist, hinterlassen hat (Bush amtiert noch 77 Tage). Die Börsen in Europa haben, im Unterschied zu denen Asiens, mit ersten Kursverlusten reagiert. Das aber muss in der gegenwärtigen Situation nichts bedeuten. Weltweit war wohl ein Sieg von Obama erwünscht worden. Auch hier liegen auf Obama und seiner Regierung große Hoffnungen, weniger aggressiv und anmaßend zu handeln und mehr auf Kooperation und friedliche Lösungen zu setzen – politisch, wirtschaftlich und in der Umweltpolitik. Für Deutschland könnten die Zeiten allerdings unangenehmer werden. Schließlich kann man sich jetzt nicht mehr so leicht hinter dem supermächtigen Buhmann zurückziehen und gleichzeitig von ihm profitieren, sondern wird stärker in die vielen Konflikte einbezogen werden und Entscheidungen mittragen müssen.

Kommentatoren aus dem arabischen Raum sehen den Wechsel an der Spitze der USA nüchtern. Sie drücken ihre Hoffnung aus, dass die USA unter Obama nicht mehr so anmaßend auftritt, glauben aber nicht, dass es zu entscheidenden Änderungen kommen wird. Israel fürchtet, dass Obama weniger hart gegenüber Iran sein könnte. Wenn Obama allerdings wahr machen würde, stärker auf Verhandlungen zu setzen, dann könnte sich doch schon einiges im Nahen Osten verändern (Kehren die USA auf das diplomatische Parkett zurück?).

Die USA haben ein neues, ein nicht mehr weißes Gesicht - und damit die Chance zu einem Neubeginn. Aber um tatsächlich das jetzt viel gebrauchte Wort von einer "historischen Wahl" zu rechtfertigen, müssten erkennbare Veränderungen – innen-, außen-, umwelt- und wirtschaftspolitisch – bald kommen.