Die Verselbstständigung der Ressentiments

Seite 2: Rechter Extremismus nimmt an Intensität zu

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Die Themen Polizeigewalt und institutioneller Rassismus sind inzwischen auch wahlkampftauglich. Der linke demokratische Präsidentschaftsbewerber erklärte bei seinem Wahlkampfauftritt in Los Angeles, dass er im Falle eines Wahlsieges eine dezidiert antirassistische Politik betreiben würde: "Es wird keinen Präsidenten geben, der stärker institutionellen Rassismus bekämpfen wird", versprach Sanders in der voll besetzten Los Angeles Sports Arena unter dem Jubel von rund 16 000 Anhängern.

Sanders stellt keinen weit abgeschlagenen Zählkandidaten dar: Bei den jüngsten Umfragen in New Hampshire konnte er sogar die demokratische Favoritin Hillary Clinton mit 44 zu 37 Prozent überholen.

Auf der anderen Seite scheinen sich gerade diese rassistischen Ressentiments, die das Fundament des "institutioneller Rassismus" der USA bilden, zu verselbstständigen. Eine Polarisierung zeichnet sich bei diesem Problemkomplex ab: Der zunehmenden Auseinandersetzung mit der offenen und versteckten rassischen Diskriminierung stellt sich ein an Intensität zunehmender rechter Extremismus entgegen, der sich in dem zunehmend militant agieren Milizwesen und dem außer Kontrolle geratenen rechten Rand der Republikaner äußert (Tea Party: Extremismus der Mitte).

Inzwischen fordern die rechten Milizen offen den Staat heraus, indem sie lokale Unternehmer oder Oligarchen bei Rechtsstreitigkeiten mit Bundesbehörden militante Unterstützung zukommen lassen. Berühmt in der Szene ist die "Schlacht von Bunkerville", bei der bewaffnete Milizionäre einen Großgrundbesitzer bei einer Auseinandersetzung um Weiderechte mit der Bundesregierung unterstützten - und eine bewaffnete Konfrontation nur durch den Rückzug der Staatsmacht verhindert wurde.

Ähnliche Auseinandersetzungen zwischen Staatsmacht und durch rechtsextreme Milizionäre unterstützten lokalen Kapitalisten haben nach diesem Erfolg der Rechten rasch um sich gegriffen.

Der rassistische Amoklauf in Charleston, der alten Bastion der Konföderation, bei dem neun Menschen in einer von Schwarzen frequentierten Kirche starben, wurde gerade durch einen durch Milizideologie geformten Rechtsextremisten verübt - ein isoliertes Individuum, das sich immer weiter in seinen ganz persönlichen rassistischen Wahn hineinsteigerte, in dem Bundesregierung und Schwarze Amerikaner zu einer allgegenwärtigen Bedrohung verschmolzen.

Der den republikanischen Vorwahlkampf dominierende Präsidentschaftsanwärter Donald Trump stellt zweifelslos die Kristalisationsfigur dar, die all den innerhalb der rechten weißen Mittelklasse und Unterschicht anschwellenden Ressentiments ein Gesicht und eine Stimme verleiht. Der Milliardär Trump führt in den Umfragen bei den republikanischen Vorwahlen gerade deshalb, weil er offen rassistisch agiert.

Wenn Trump etwa davon spricht, dass die Mexikaner die USA "killen" würden, dann artikuliert er die Ängste des weißen rechten politischen Spektrums, dass sich angesichts zunehmender Krisenfolgen und der demografischen Verschiebung in den Vereinigten Staaten um seinen Einfluss und um den "weißen Charakter" der USA sorgt.