Die Weltwirtschaft vor ihrer nächsten Krise

Hongkong; Symbolbild: Pixabay

Diesmal wird es voraussichtlich auch China nicht richten können, was die Aussicht auf einen längeren und tieferen Absturz eröffnet.

China schwächelt. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Prognose für das chinesische Wirtschaftswachstum nach unten revidiert. Die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft wird demnach 2022 nur um 3,2 Prozent wachsen, nach dem es im vergangenen Jahr noch 8,1 und in den Jahren davor – mit Ausnahme des ersten Pandemiejahres – meist etwas über sechs Prozent gewesen waren.

Insgesamt prognostiziert der immer noch von den alten Industrieländern dominierte IWF der Weltwirtschaft für 2022 ein Wachstum von 3,2 Prozent und für 2023 nur noch 2,7 Prozent. Russland wird ein Rückgang von -3,4 und -2,3 Prozent prognostiziert und die Industrieländer werden trotz der chinesischen Formschwäche meist deutlich weniger als die Volksrepublik wachsen. Wenn überhaupt.

Das mögen gute Nachrichten in Sachen Klimakrise und Massenaussterben der Arten sein, denn fortgesetztes Wachstum bedeutet eine exponentielle Zunahme des stofflichen Umsatzes und damit unter den gegebenen Verhältnissen einen weiter expandierenden Verbrauch nicht erneuerbarer Ressourcen aller Art.

Optimistische Prognose

Doch wirtschaftlich sind 2,7 Prozent Wachstum eher ein globales Krisenzeichen. Der Kapitalismus, ein auf Profit, Konkurrenz und Ausbeutung basierendes System, in dem sich ein größerer Teil des in den Unternehmen von abhängig Beschäftigten erarbeitenden Reichtums de jure oder de facto privat angeeignet wird, kann nur mit permanentem Wachstum halbwegs funktionieren.

(Und auch das nur sehr schlecht, wenn man zum Beispiel an die weltweit 800 Millionen hungernden Menschen oder die offensichtlich fehlende Nachhaltigkeit denkt.)

Es kriselt also, und wie es aussieht, ist erstens die IWF-Prognose noch immer eher optimistisch und wird zweitens diesmal China nicht, wie in den diversen größeren Krisen der letzten 25 Jahre, mit seinem enormen Wachstum den Karren aus dem Dreck ziehen.

Es sei denn vielleicht, dem Land der Mitte gelingt es, sein Seidenstraßen-Investitionsprogramm weiter auszudehnen, in den beglückten Ländern damit einen Aufschwung zu generieren und zusätzlich noch durch Nachfrage und Investitionen in Afrika der dortigen Wirtschaft sehr lange Beine zu machen.

Die Börsen

Doch all das ist mehr als ungewiss. Sicher ist nur, dass in den Industrieländern inzwischen eine Inflation grassiert, wie sie viele der Lebenden noch nie gesehen haben, dass die Stimmung in der Industrie sich dem Nullpunkt nähert, dass die Finanzmärkte in schwere Turbulenzen geraten, dass in China und den USA die Immobilienpreise purzeln, dass in Großbritannien und anderswo die Pensionsfonds sehr plötzlich unter erheblichen Druck stehen und dass die Aktienkurse auf breiter Front zu bröckeln beginnen.

An einigen Börsen wie der Frankfurter geht es bereits seit Anfang des Jahres abwärts. Der deutsche Dax hat seit Januar rund 25 Prozent und seit Juni 15 Prozent verloren. An der Hongkonger Börse geht es erst seit Ende Juni so richtig nach unten.

20 Prozent hat der dortige Hang-Seng-Index seitdem verloren. An anderen wichtigen Börsen hat die Talfahrt ebenfalls erst Mitte August eingesetzt. Der Tokioter Nikkei-Index verzeichnet seitdem ein Minus von 9,4 Prozent, der New Yorker Dow-Jones-Index gut -14 Prozent und der Londoner FTSE-100-Index knapp minus acht Prozent.

Der international zusammengesetzte Index der erneuerbaren Energieträger RENIXX hat seit Januar ebenfalls rund 25 Prozent verloren, hält aber noch immer etwa das Dreifache des Wertes, von dem er im Januar 2020 zu einer kräftigen Rallye, das heißt, zu einem starken Aufschwung, angesetzt hatte.

Derweil könnte der frühere Anstieg der deutschen Aktien auch damit zusammenhängen, dass, wie berichtet, die hiesige Wirtschaft von der Energiekrise überdurchschnittlich hart betroffen ist.