Die Zähmung des Freien Liebesspiels der Kräfte

Zeitweilige Zwangsquarantäne für dominante Männchen?

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Was nicht einmal die Fummel-Revolution der 60er bei den Menschen schaffte, soll jetzt eine neuartige Wissenschaftsmethode aus den USA bei Tieren erreichen. Nämlich, dass sich jedes Männchen mal fortpflanzen darf, nicht nur die Schönen und Starken. Mit temporären Koitusverboten für die führenden Männchen sollen speziell die vom Aussterben bedrohte Tierarten in ihrer genetischen Erbstruktur gegenüber Umweltveränderungen fit gemacht und so bewahrt werden.

Die Welt ist ungerecht. Was man haben will, das kriegt man nicht und was man kriegen kann, das gefällt einem nicht besonders. Bei der Partnerwahl ist das oftmals nicht anders. Obwohl man in der Werbung genau gesehen hat, dass man bei Anwendung des richtigen Shampoos, des richtigen Schonkaffees oder der richtigen Zigarette ("Life can be so simple!" [doh!] ) im Handumdrehen Sex haben wird, schaut es für die Meisten in der harten Realität ganz anders aus. Statt der puren Lust umschmeicheln den geplagten Single doch nur Schuppen, Herzrasen und Lungenkrebs, that`s it. Und warum? Weil die ganzen sonnenbankgestählten Fatzkes, die Porschefahrer, DJs und Szenekellner immer den Sieg davontragen müssen. Seufz. Tiere haben es da angeblich besser, die pimpern ja wann sie wollen bzw. wenn die Saison es in Form der Brunftzeit nahelegt.

Weit gefehlt. Bei vielen Tierarten setzen sich für die Anmeldung zur Paarung mit der geneigten Weiblichkeit immer die stärksten und schlauesten Männchen in der Gruppe durch. Die anderen Rudelmitglieder schauen in die Röhre und werden höchstens noch zum Dauer-Spanner. Diese bejammernswert neoliberalen Verhältnisse führen, wie amerikanische Forscher herausgefunden haben, auf Dauer zu einer Verarmung bei der Vererbung genetischer Eigenschaften. Die Nachkommen mögen vielleicht physisch besonders stark sein, aber ihnen fehlen irgendwann breiter gestreute Erbinformationen, die sie von mehr verschiedenen Vätern bekommen würden. Die Tiere können so auf lange Sicht wesentlich weniger gut mit negativen Umwelteinflüssen wie neu auftretenden Krankheiten oder Klimaveränderungen fertigwerden. Wie New Scientist meldet, hat der Biologe Peter Tolson vom Toledo Zoo in Ohio aus der Beobachtung dieses inzucht-ähnlichen Effekts seine Schlüsse gezogen. Speziell bei einer Population von beispielsweise nur noch 200 Tieren einer stark bedrohten Art, sagt Tolson, könnte man beim Gewährenlassen der dominanten Männchen wohl kaum noch von ausreichender genetischer Diversifizät sprechen.

Die Wissenschaftlerin Allison Alberts und ihre Kollegen vom Zoo im kalifornischen San Diego beschlossen daher, die von Mutter Natur initiierte Oligarchie der Lust zwangszudemokratisieren. Sie wollten einmal die führenden männlichen Tiere zeitweilig aus einer Population entfernen, um den auf Magerkost gesetzten Artgenossen (sowie möglicherweise auch manch gelangweiltem Weibchen) eine Freude zu machen. Für dieses Experiment nahmen die Forscher kubanische Iguanas. Die Iguana-Echsen sind zwar selbst nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht, bestimmte mit ihnen verwandte Arten aber schon. Eine pikante Note ergibt sich aus der Tatsache, dass das Experiment ausgerechnet in der US-Enklave Guantanamo Bay auf Kuba stattfand. Aber vermutlich sollte man der Tatsache, dass es dort die bedrohten Arten des Kommunisten und des Al Qaida (Vgl. Kuba Transfer) gibt, nicht zuviel Bedeutung beimessen. Sechs Wochen lang trennten Allison Alberts und ihr Team die fünf Alpha-Männchen (bzw. Alpha, Beta, Gamma, Delta und Epsilon) während der Paarungszeit von den anderen Iguanas. In der Hackordnung tieferstehende Männchen ergriffen beherzt ihre Chance beim Schopf (oder so) und mussten sich deshalb nach der Rückkehr der alten Platzhirsche erst einmal tüchtig keilen, um die gschlamperten Verhältnisse neu zu klären.

In Anbetracht der globalen Probleme, die auf den männlichen Menschen in Zukunft noch zukommen werden, wäre es durchaus ein sympathischer Gedanke, sich frühzeitig ebenfalls einmal vererbungsmäßig zu wappnen und bei der edlen Aufgabe als Normalo Hilfestellung leisten zu lassen. Auch der Homo sapiens wird schließlich mit neuen Krankheiten und einer Klimakatastrophe klarkommen müssen. Und wer wird stark genug sein, sich als Mann außer mit AIDS oder wachsenden Ozonlöchern auch mit all den Forderungen nach Waschbrettbauch, dickem Konto und sensiblen Gesprächen auseinanderzusetzen?

Und überhaupt - imagine there`s no Womanizer. Endlich einmal könnte es wieder Spaß machen, in die Disco, ins Bierzelt oder an den Badesee zu gehen. Und wäre er einmal in Quarantäne gesteckt, könnte Alpha-Boris Becker zusammen mit Alpha-Dieter Bohlen in aller Ruhe die ultimative Coverversion von "Brown Sugar" aufnehmen und damit Alpha-Mick Jagger endgültig in den Ruhestand schicken. Geil, aber nur gerecht.