Die Zeit der Monster

Seite 2: Am Rande eines Großkriegs?

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Das Aufkommen dieser monströsen, unverhüllten Gewaltpolitik nach innen wie außen (Trump etwa hat längst dem Lippenbekenntnis zu Freedom and Democracy eine Absage erteilen lassen), die kaum noch ideologisch kaschiert wird, hat seine Ursache einerseits in dem Zerfall der US-Hegemonie, der andere Staatsmonster dazu animiert, die USA imitieren zu wollen und die Rolle einer regionalen oder gleich globalen Hegemonialmacht rücksichtslos anzustreben (Alte neue Weltordnung Andrerseits ist es - ähnlich den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts - die tiefe sozioökonomische Krise, die die Staatsmonster dazu verleitet, die zunehmenden inneren Widersprüche durch äußere Expansion zu überbrücken.

Die zunehmenden sozioökonomischen Widersprüche der alten, im Sterben liegenden Welt treiben die Staaten, die noch nicht zerfallen sind, in Konflikt - und sie lassen Krisenideologien wie den Faschismus und Islamismus aufkommen. Die krisengeschüttelte kapitalistische Welt befindet sich am Rande eines Großkriegs. Die Parallelen zu der Vorkriegszeit in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts mit dem Aufstieg des Faschismus und ihrer monströsen Geopolitik - vom Münchener Abkommen bis zum Erwürgen der spanischen Republik - sind evident.

Die imperialen Machtblöcke bemühen sich, auch offen faschistoide Regime wie das türkische bei dem eskalierenden geopolitischen Kräftemessen zu instrumentalisieren - bis diese Dynamik ihrer Kontrolle entgleitet. Ähnliches - mit umgekehrten geopolitischen Vorzeichen - spielte sich in der Ukraine ab, als der Westen sich faschistischer Kräfte bei seinem Staatsstreich in Kiew bediente.

Für den türkischen Islamo-Faschismus, der nun Blut geleckt hat, ist Afrin jedenfalls nur der Anfang: Nicht nur Zypern, Griechenland, der Irak, selbst Bulgarien wird schon bedroht. Ein Eindämmen des in Weltkriegsfantasien schwelgenden türkischen Regimes, dem sein neo-ottomanischer Fiebertraum bitterernst ist, würde folglich nur dann möglich sein, wenn die konkurrierenden geopolitischen Machtblöcke dieses als eine größere Gefahr erkennen würden als die jeweilige Gegenseite.

Eine temporäre Zweckallianz zwischen Russland und den USA, ähnlich derjenigen gegen den Islamischen Staat, böte derzeit die einzige realistische Option, den großtürkischen Machtwahn Einhalt zu gebieten. Aber danach sieht es derzeit nicht aus.