Die kleine deutsche Lösung und die griechische Abschreckungsstrategie
Seite 2: Die griechische Abschreckungsstrategie
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Im Wahlkampf im Sommer 2019 hatte Kyriakos Mitsotakis im Wahlkampf versprochen, dass er die griechischen Grenzinseln in der Ägäis entlasten würde. Zügig sollten die überbelegten Lager durch Entscheidung der Asylanträge geleert werden. Mit Abschiebungen sollten die als illegale Immigranten eingestuften Geflüchteten, das Land verlassen. Anerkannten Flüchtlingen sollte der ihnen zustehende Schutz gewährt werden.
Mit einer Abschreckungsstrategie wollte Mitsotakis die von ihm der Vorgängerregierung vorgeworfene Sogwirkung der Flüchtlingspolitik unterbinden. In der Praxis zeigte sich dies zuletzt im März, als massive griechische Truppen, bestehend aus Polizei, Militär und Bürgerwehren die griechischen Außengrenzen absicherten. Die regierungsnahe Kathimerini titelte damals "150.000 Immigranten sind bereit zur Landung auf Lesbos".
Griechenland zeigte sich vor den Augen der Öffentlichkeit und auch bei der Stippvisite von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen von der harten Seite. Die Effektivität des griechischen Grenzschutzes wurde dabei auch von der EU gelobt. Der Vizevorsitzende der allein regierenden Nea Dimokratia, Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis betonte in einem Interview im März im Sender SKAI TV:
Damit die Flüchtlingsboote nicht mehr kommen, müssen diejenigen, die auf die Boote steigen, aufhören, die Schmuggler für die Überfahrt zu bezahlen. Um dies zu gewährleisten, müssen sie von den bereits hierhin Gelangten erfahren, dass sie hier eine schlechte Zeit haben werden, dass wir sie einsperren und dass sie hier nicht tun können, was sie wollen.
Wirtschaftsminister Adonis Georgiadis
Hinsichtlich der Dauer der faktischen Einkerkerung ließ Georgiadis alles offen. Für ihn liegt auch ein lebenslanger Lageraufenthalt im Rahmen des Vorstellbaren.
Zwischenzeitlich waren nach offiziellen Angaben mehr als 21.000 Menschen im Lager Moria. Während der Corona-Pandemie wurden Tausende in kleinen Gruppen aufs Festland gebracht. Zum Zeitpunkt des Feuers lebten im Lager zwischen 13.000 und 15.000 Personen dort. Zu denen, die aus Moria mittellos nach Athen geschickt wurden, zählte auch der Patient 0 des Lagers, ein vierzigjähriger Somalier mit anerkanntem Flüchtlingsstatus.
Denn zur Abschreckungsstrategie der griechischen Regierung zählen nicht nur die Lager. Personen, denen Asyl erteilt wurde, wird automatisch sämtliche Unterstützung oder Unterbringungsmöglichkeit entzogen. Sie werden zu Obdachlosen.
Dem Somalier gelang es, nach knapp anderthalb Monaten in Athen, einem aktuellen Corona-Hotspot, nach Moria zurückzukehren, und dort im wilden Lager unterzukommen. Moria war hinsichtlich der inhumanen Bedingungen kein Einzelfall. Auch auf Samos und Chios sind die Lager überfüllt.
Samos meldete am Dienstag die ersten beiden CoVid-19 Fälle im mit rund 6.400 Personen hoffnungslos überfüllten Aufnahmelager. Die nominelle Kapazität des Lagers liegt bei 648 Personen. Infektionen gibt es zudem auch in Lagern auf dem Festland, wie in Ritsona in Zentralgriechenland.