Die reichen Alten werden immer reicher

In den USA haben die wenigen Superreichen, die über 80 Jahre alt sind, ein größeres Vermögen als alle Menschen unter 50 Jahren

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Die Gesellschaften vergreisen. In Demokratien werden die anteilsmäßig wachsenden Alten vermehrt die Politik bestimmen. Der Trend geht mithin in Richtung konservativ. Es soll so bleiben, wie es war. Und wenn dann die Superreichen, die die Politik beeinflussen können, auch immer älter werden, haben die jüngeren Menschen schlechte Chancen, die Weichen zu ihren Gunsten und für die Zukunft stellen zu können.

Nach Bloomberg sind 6 der reichsten 25 Amerikaner über 80 Jahre alt: Dazu gehören etwa Carl Icahn, Charles Koch, George Soros oder Warren Buffett. Obgleich die amerikanischen Über-80-Jährigen nur 3,7 Prozent der Gesamtbevölkerung darstellen, kontrollieren sie, so der Internal Revenue Service (IRS), ein größeres Vermögen als alle US-Bürger unter 50 Jahren. Wirklich reich sind die Alten also. Das dürfte schon immer so gewesen sein, und reich können nun auch junge Menschen werden. Ein Beispiel ist Mark Zuckerberg, der fünftreichste Mensch der Welt, der gerade einmal 33 Jahre alt ist.

Der Reichtum der Superreichen kann von der Steuerbehörde nur geschätzt werden. Je reicher jemand ist, desto besser kann er sich Berater leisten, um sein Vermögen zu verschleiern und damit seine Steuerlast zu senken. Der Schätzung liegen die Erbschaftssteuern zugrunde, die von den Nachkommen der gestorbenen Reichen gezahlt werden mussten. Auch da kann viel geschraubt werden. Das wirkliche Vermögen kann also weitaus größer sein, als das von der Behörde erfasste, zumal wenn schon vor dem Tod Schenkungen gemacht werden, um die Besteuerung zu umgehen..

Die letzten IRS-Daten stammen von 2013. Danach besitzen 584.000 US-Bürger ein Vermögen von 6,9 Billionen US-Dollar. Diese Superreichen sind gerade einmal 0,2 Prozent der Bevölkerung. Menschen über 80 Jahre alleine haben 1,2 Billionen US-Dollar Vermögen, alle Menschen unter 50 Jahre, inklusive Zuckerberg, besitzen nur 1 Billion, stellen aber 43 Prozent der Bevölkerung. Und die achtzigjährigen Reichen haben auch nur die Hälfte der Schulden, die Menschen unter 60 Jahre haben.

Das ist eine bemerkenswerte Kluft, da so die demografischen Veränderungen, also das politische Übergewicht der Älteren, noch einmal drastisch verstärkt wird. Die Superreichen haben nicht nur wirtschaftlichen Einfluss, sondern auch politischen. Sie sind gut vernetzt mit den Mächtigen in der Gesellschaft. Sie verfolgen nicht die gleichen Interessen, wie man beispielsweise an George Soros, den Koch-Brüdern oder Warren Buffet sehen kann, aber mit ihrem Finanz- und Wirtschaftsmacht sind sie für keine Entscheider zu vernachlässigen.

Die IRS-Daten zeigen nicht, dass der Anteil der Superreichen am Gesamtreichtum gewachsen ist. Das weist wohl darauf hin, dass trotz steigenden Reichtums viele Schlupflöcher für die Erbschaftssteuer bestehen. Aus vielen Untersuchungen geht allerdings hervor, dass der Anteil des reichsten 1 Prozents in den letzten Jahrzehnten größer geworden ist - nicht nur in den USA (Das reichste 1 Prozent in den USA hängt die übrigen 99 Prozent immer weiter ab, Das reichste Prozent in Deutschland besitzt ein Drittel des Gesamtvermögens).

In einer im letzten Jahr veröffentlichten Studie über die Vermögensungleichheit in den USA konstatieren Emmanuel Saez and Gabriel Zucman von der University of California in Berkeley, dass der Anteil des Vermögens des reichsten 0,1 Prozent am Gesamtvermögen von 7 Prozent 1978 auf 22 Prozent im Jahr 2012 gestiegen ist, ähnlich hoch wie 1929. Aber nach dieser Untersuchung sind die Reichsten jünger als noch 1960 und haben einen höheren Anteil am Einkommen. Das Vermögen der "unteren" 90 Prozent ist bis Mitte der 1980er Jahre gestiegen und seitdem ständig gesunken. Die Zunahme der Ungleichheit in den letzten Jahrzehnten, so die beiden Forscher, verdanke sich dem Anstieg der Topeinkommen in Kombination mit einem Anstieg bei der Ungleichheit der Rücklagen. Wer weniger verdient, wird auch weniger sparen und für das Alter vorsorgen können.

Saez und Zucman vermuten, dass ein zusätzlicher Trend dazu führt, dass die Erbschaftssteuer gleich geblieben ist. Mit der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich wachse auch der Abstand der Lebenserwartung zwischen Arm und Reich. Weil die Reichen deutlich länger leben als die Armen, könnte die Zunahme des Vermögens der Reichen womöglich von der Erbschaftssteuer noch nicht erfasst worden sein. Zudem werden eben die Superreichen älter.

In den 1980er Jahren waren die Sterberaten zwischen Armen und Reichen nicht ganz so weit auseinander. Menschen aus dem reichsten zwischen 65 und 79 Jahren hatten aber auch schon ein um 12 Prozent geringeres Risiko, in einem der Jahre zu sterben, als der Durchschnitt der Amerikaner. Jetzt ist das Risiko bereits um 40 Prozent geringer. Dazu kommt, dass zwar die Reicher länger leben, aber dass die durchschnittliche Lebenserwartung stagniert. Das reichste 0,1 Prozent lebt länger als das reichste 1 Prozent, das wiederum länger lebt als das reichste Zehntel etc.

Das Fazit, das in dem Bloomberg-Artikel gezogen wird, ist vermutlich bezeichnend. Es geht nicht darum, die weiter anwachsende Kluft zu begrenzen oder für mehr Gleichheit zu sorgen, schon gar nicht um größere Reformen. Man konstatiert die Veränderungen zuungunsten der Mehrheit und erklärt, eines habe sich nicht verändert: "Es ist noch immer eine gute Zeit, reich zu sein."