Die wieder aufgetauchte genveränderte Weizensorte
Fast 10 Jahre nach den letzten Freilandversuchen ist in Oregon eine Roundup-resistente Weizensorte gefunden worden, die nie zugelassen wurde, Monsanto kann es sich nicht erklären
Letzte Woche wurde bekannt, dass in den USA genveränderter Weizen, der nicht zugelassen ist, auf einem Feld in Oregon gefunden wurde. Das US-Landwirtschaftsministerium USDA hatte am Mittwoch vor einer Woche berichtet, dass die Proben von einer Farm in Oregon von einer genveränderten, gegen das Totalherbizid Glyphosat (Roundup) resistenten Weizensorte von Monsanto stammt . In den USA ist allerdings bislang noch kein genveränderter Weizen zugelassen worden, interessanter ist aber, dass Monsanto die Weizensorte in 16 US-Bundesstaaten zwischen 1998 und 2005 auf Testfeldern anbauen konnte. Irgendwie also hat die genveränderte Weizensorte überlebt und konnte sich wieder verbreiten.
Das USDA versicherte, dass von dieser Weizensorte keine Gefahr ausgehe. Man habe schließlich 2004 eine freiwillige Prüfung durchgeführt, Monsanto habe alle Informationen geliefert, um die Sicherheit der Sorte beurteilen zu können. Demnach soll sie so sicher wie jede nicht-genveränderte Sorte auf dem Markt sein.
Das hat freilich nicht ganz zu Unrecht manche Länder nicht wirklich überzeugt. Japan, einer der größten Exportmärkte für US-Weizen, hat einen vorläufigen Einfuhrstopp verhängt, Südkorea prüft Importe und schon eingeführten US-Weizen sorgfältig, die EU-Kommission rief die Mitgliedsstaaten zu Kontrollen auf. Monsanto hat letzten Samstag dem Joint Research Centre der EU ein Testverfahren für die Sorte geschickt. Um daraus eine Prüfungsmethode zur Identifizierung zu entwickeln, brauche man aber zwei Wochen.
In Folge gingen die Preise für europäischen Weizen in die Höhe, während in den USA Sorge herrscht, da die Hälfte der Weizenproduktion normalerweise in den Export geht. Der Weizen aus Oregon wird gar zu 90 Prozent ins Ausland verkauft. Monsanto könnte die Entdeckung schaden, schließlich wächst selbst in den USA die Abneigung gegen genveränderte Produkte. Am letzten Maiwochenende hatte es Protestaktionen gegen Monsanto in mehreren US-Städten gegeben. Soja und Mais werden eher akzeptiert, weil diese meist als Futtermittel verwendet werden, genveränderter Weizen würde hingegen direkt von Menschen verzehrt werden, was auch in den USA noch auf Bedenken stößt.
Der Saatgutkonzern, so machte kürzlich eine Meldung die Runde, wolle sich aus dem Geschäft in Europa zurückziehen, keine Anträge mehr auf Zulassung neuer genveränderter Sorten stellen und auch auf Freilandversuche verzichten, berichtete die taz nach einem Gespräch mit dem Sprecher von Monsantos EU-Niederlassung, Brandon Mitchener. Die Europäer lehnen genveränderte Pflanzen ab, es sei ein Kampf gegen Windmühlen.
So wollte Monsanto das nicht ganz verstanden haben und hat eine Stellungnahme veröffentlicht, dass man schon länger nur dort "gentechnisch verbesserte Sorten" anbiete, "wo ein funktionierendes Zulassungssystem und breite Unterstützung auf landwirtschaftlicher und politischer Ebene für die Technologie vorhanden ist". Es treffe allerdings zu, so wird erklärt, dass man sich "in Deutschland und Europa auf die Züchtung und Verkauf von konventionellem Saatgut und Pflanzenschutzmitteln" konzentriere. Das, so kann man dem entnehmen, kann aber auch wieder anders werden, wenn weitere Sorten doch für den EU-Markt zugelassen werden. BIslang ist die Maissorte MON810 zugelassen, wird aber nur in wenigen Ländern wie Spanien oder Portugal angebaut.
Anträge hat Monsanto sowieso nicht zurückgenommen, morgen berät die EU-Kommission über eine Erstzulassung der genveränderten Maissorte SmartStax, für die die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA schön grünes Licht gegeben hat. Die Supermaissorte ist gleich gegen die zwei Herbizide Glyphosat und Glufosinat resistent und sie enthält sechs verschiedene Insektengifte, darunter Cry1A105, das aus verschiedenen Insektengiften synthetisiert wurde. Das Problem ist nicht nur, dass Unkräuter auch Glysophat resistent werden, sondern auch Insekten. Daher müssen genverändere Pflanzen weiter aufgerüstet werden. Aber es kann auch dazu führen, dass genveränderte Sorten selbst zu Unkraut wie im Fall in Oregon werden.
Monsanto gibt sich ratlos
Die Entdeckung des genveränderten Weizens in Oregon kam durch einen Zufall zustande. Mitarbeiter einer Farm stolperten über Weizen an einer Stelle, wo eigentlich keiner wachsen sollte. Sie hatten danach immer wieder versucht, den Weizen durch Besprühen mit Roundup zu vernichten, was aber keinen Erfolg zeigte. Wissenschaftler der Universität stellten fest, dass es sich um eine genveränderte Sorte handelte, und schickten Anfang Mai eine Probe an das USDA, wo eben festgestellt wurde, dass es sich um eine Monsanto-Sorte handelt, deren Anbau verboten ist. Noch ist unklar, ob es weitere Felder mit dieser Weizensorte gibt und ob sich diese selbst verbreitet hatte oder dort angepflanzt wurde, worauf relativ hohe Strafen stünden.
Monsanto erklärte, man habe die Versuche mit dieser Weizensorte vor neun Jahren eingestellt. Das sei alles ordentlich gemacht und wohl dokumentiert worden. Natürlich verweist der Konzern darauf, dass der genveränderte Weizen bislang nur auf einem Feld gefunden worden sei, woraus man schließen könne, dass das Vorkommen "minimal" sei, also vernachlässigenswert. Es könnte aber durchaus sein, dass sich die Sorte auch auf anderen Farmen angesiedelt hat bzw. von den Feldversuchen übriggeblieben ist.
Nach eigenen Prüfungen könne der Weizen auf dem Feld nicht aus übrig gebliebenen Samen in der Erde oder Weizenpollen in der Luft entstanden sein. Normalerweise bleibe Weizensamen höchstens ein bis zwei Jahre im Boden. Zudem sei Weizen eine überwiegend selbstbestäubende Pflanze, 99 Prozent des Pollens bleibe innerhalb von 10 m von seiner Quelle. In der Nähe des Fundorts habe es keine Testfelder gegeben.
Eine Erklärung gibt es also von Monsanto nicht, was eher beunruhigend ist, was die Kontrolle über Testfelder anbelangt, versichert wird nur ein ums andere Mal, das von der Weizensorte und dem Resistenzgen keinerlei Gefährdung ausgehe, schließlich habe man dieses Gen auch in die zugelassenen und seit Jahren weit verbreiteten Mais- und Sojapflanzen eingebaut. Der Konzern behauptet, wie nicht anders zu erwarten, dass es sich nur um einen Einzelfall handle, und schließt Sabotage nicht aus.
2006 war es bereits zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. In den USA war die genveränderte, ebenfalls nicht zugelassene, gegen das Herbizid Liberty Link resistente Reissorte LL601 von Bayer CropScience in der Reisernte gefunden worden. Untersuchungen hatten dann ergeben, dass der verunreinigte Reis in andere Länder exportiert worden war. LL601 war zwischen 1998 und 2001 getestet worden. Wie die Reissorte sich verbreiten konnte, blieb auch ungeklärt (Schuld ist der liebe Gott ...). Für Bayer wurde es aber teuer. Der Konzern musste mehr als eine halbe Milliarde Euro an die US-Farmer zahlen, die auf ihrer Ernte sitzengeblieben waren. Ähnliches könnte auch Monsanto blühen, sollte es sich herausstellen, dass der genveränderte Weizen in den Handel gekommen ist.
Inzwischen hat bereits ein Farmer, allerdings aus Kansas, eine Schadensersatzklage in unbestimmter Höhe eingereicht. Die Nachlässigkeit Monsantos habe zum Preisverfall von Weizen und zu Importverboten geführt.