Die zerkämpfte Wahl und die linke Perspektive

Seite 2: Das Scheitern der Linkspartei

Die Realität sieht leider anders aus. Dies zeigt sich besonders bei der Linkspartei, die an ihrer eigenen Identitätspolitik zu ersticken droht: immer linker als der Rest! Die roten Linien sind zu einem Imperativ geworden, der die Partei jedoch auch nach Innen nur noch teilweise zu einen vermag.

Dennoch wird eisern daran festgehalten. So kann man sich eben gut gegenüber den anderen Parteien abgrenzen. Wer sich innerhalb dieser gezogenen Linien bewegt, der kann sich gegenüber der SPD als guter Linker fühlen. Blöd nur, wenn man dadurch im Bund niemals in Regierungsverantwortung kommt. Nicht wenige Genossen werden dies als Segen begreifen. So bleibt die linke Identität intakt.

Gerade in einer Zeit, in der das Kernthema der sozialen Gerechtigkeit eine so große Bedeutung annimmt, verweigert sich die Partei, verbarrikadiert sich in einem stolzen Trotz, der an Realitätsverweigerung grenzt. Robert Pausch hat dies in der Zeit bereits mit der Überschrift seines Textes auf den Punkt gebracht: Grün-Rot-Tot.

Am Thema NATO zerbricht die Regierungsoption. Für den Alltag der Menschen außerhalb des linken Milieus spielt diese Frage einfach keine Rolle. Ausgerechnet diese Frage entscheidet für die Linke alles. Das muss man sich erst mal trauen.

Und doch muss man dafür schon Verständnis haben, wenn der Platz in der Opposition so schön kuschelig ist und es im Inneren ohnehin regelrechte Mobbingkampagnen gibt (Kipping vs. Wagenknecht), bleibt man bei altbekannten Rezepten.

Bei den derzeitigen Ergebnissen, den katastrophalen 11 Prozent in Sachsen-Anhalt und einer Bundesprognose von etwa 6 Prozent, wird es eng für eine Partei, die noch bei der Wahl ihrer neuen Vorsitzenden von einer historischen Chance gesprochen hat. Die Rezepte beginnen immer weniger Menschen zu schmecken.

So wäre es an der Zeit, endlich Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen. Eine moderne linke Politik, so viel scheint klar zu sein, muss sich erst erfinden und kann nicht in der ständigen Abgrenzung entstehen. Wir müssen weg von einer Politik, in der Parteien als Marken auf einem Wahl-Markt agieren.

Die Parteien zerkämpfen sich gegenseitig. SPD, Grüne und Linkspartei sollten gemeinsam anpacken und einen neuen Universalismus realisieren. Die Maßgabe kann nicht mehr darin liegen, was lediglich der eigenen Partei nützt. Statt selbstgenügsamer Positionen, eine echte, eine gemeinsame Vision.

Statt Gemütlichkeit, volles Risiko und eine echte Frontlinie gegenüber Union, FDP und der AfD. Das wäre eine wehrhafte Utopie gegen den Klimawandel und die drohenden sozialen Verwerfungen. Vielleicht retten sich so auch noch ganz nebenbei die sterbenden Konstrukte SPD und Linke.