Diplomaten und Elitesoldaten vereint im weltweiten Kampf gegen das Böse

US-Außenministerin Clinton sieht die USA weiterhin im globalen Krieg gegen den Terror und propagiert das Konzept einer "Smart Power", einer engen Zusammenarbeit von Außenministerium, Sondereinheiten des Militärs und Geheimdiensten

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Gestern wurde in vielen Medien berichtet, dass eine Abteilung des US-Außenministeriums Websites von al-Qaida in Jemen gehackt haben. US-Außenministerin berichtete dies stolz in einer Rede vor dem Abendessen auf der Special Operations Forces Industry Conference in Tampa. Hier stellte sie allerdings vor den Spezialeinheiten des Pentagon eine neue Strategie der Außenpolitik vor. Die zwar schon immer trotz vieler Reibungen praktizierte Kooperation von Politik, Geheimdiensten und Militär soll zielgerecht verbessert werden, um die grenzüberschreitenden Bedrohungen auf allen Feldern wirksamer zu bekämpfen oder präventiv zu verhindern. Diplomaten und Elitesoldaten von Sondereinheiten sollen Hand in Hand arbeiten. Grenzüberschreitend ist auch die neue Ausrichtung, in der Diplomatie, politische und finanzielle Unterstützung, Propaganda bzw. Kommunikation, verdeckte Einsätze, gezielte Tötungen und militärische Interventionen verschmelzen sollen. Clinton nennt dies "smart power".

Plakat zur Special Operations Forces Industry Conference, auf der Hillary Clinton für ihr Smart-Power-Konzept warb

In der Berichterstattung wurde allerdings meist nur darauf eingegangen, dass der Antiterrorkampf des Außenministeriums nun auch zu Hackermethoden greift, um die al-Qaida-Propaganda durch Anti-al-Qaida-Propaganda zu ersetzen. In dem Fall sei ein dort verkündeter Aufruf zur Tötung von Amerikanern durch Hinweise ersetzt worden, wie viele Zivilisten zu Opfern der al-Qaida-Anschläge geworden sind. Das habe schon Erfolge gezeitigt. Die Terroristen hätten ihre Frustration kund getan und erklärt, dass man nicht alles glauben solle, was man im Internet liest. Mit diesem ideologischen Kampf im Netz könne man verhindern oder erschweren, dass al-Qaida neue Mitkämpfer findet, sagte Clinton.

Um die amerikanischen Interessen auch im "Online Space" zu behaupten, habe man ein Center for Strategic Counterterrorism Communications gegründet, das mit den Geheimdiensten und dem Pentagon zusammenarbeitet. Während das "Nervenzentrum", so will es Clinton, im Außenministerium in Washington sitzt, verknüpft es militärische und zivile Teams weltweit, um die Arbeit der Botschaften zu verstärken und im Internet die extremistische Propaganda zu untergraben oder auszuschalten. Es gebe Netzexperten, die flüssig Urdu, Arabisch oder Somali sprechen und das Internet absuchen. Ob die "Experten" auf Server im Ausland eingedrungen sind oder nur ein "defacement" gemacht haben, geht aus den Äußerungen von Clinton nicht hervor.

Die Pressesprecherin des Außenministers erklärte allerdings, die Botschaften, die man anstelle der al-Qaida-Texte einfüge, würden mit dem Hinweis auf das "digital outreach team" des Außenministeriums gekennzeichnet. Man habe Fotos von Särgen, eingehüllt in der US-Flagge, durch Fotos von Särgen, eingehüllt in der jemenitischen Flagge, ersetzt. Er versicherte auch, dass man Websites nicht hacke und verdeckt vorgehe, sondern dies normalerweise nur "on free sites" und "in a free manner" geschehe, was immer dies heißen mag. Es handle sich um eine "Alternative" zum Hacken. Gelegentlich zahle man auch für die Veröffentlichung solcher Botschaften. Genaueres sagte sie aber nicht und wollte sich erst einmal nach Details erkundigen, Kritik wurde aber in der Pressekonferenz laut, ob diese Art der Gegenpropaganda angemessen.

Aber das ist selbstverständlich nur ein Nebenschauplatz, Clinton bemüht weiter den Kampf gegen den angeblich weltweiten Terrorismus, der ebenso weltweit mit allen Mitteln bekämpft werden müsse. Das wird unter dem Titel "smart power" verkauft, was sich nicht schmutzig anhört und sich von der Brachialpolitik von Bush unterscheiden soll. Gleichzeitig soll die allgegenwärtige Bedrohungskulisse aufrecht erhalten werden. Der von der Bush-Regierung geprägte Begriff des Global War on Terror (GWOT) wurde von Obama zwar offiziell beerdigt (US-Regierung streicht den Ausdruck "Globaler Krieg gegen den Terror"), aber das Konzept wird außen- und innenpolitisch weitergeführt. Nie war bezeichnenderweise die Rede in der Obama-Regierung davon, die Befugnisse, die der Kongress dem Präsidenten nach 9/11 als Kriegsherr für den Kampf gegen den Terrorismus übergeben hat, wieder aufzugeben oder einzuschränken. Denn genau damit hat Obama beispielsweise die Möglichkeit, den Drohnenkrieg, d.h. gezielte Tötungen oder Anschläge, in Pakistan, im Jemen oder anderswo auszuweiten und auf Einsätze von Spezialeinheiten zu setzen, die nicht offen kämpfen, sondern heimlich Gegner wie Bin Laden in Pakistan töten oder Geiseln wie in Somalia befreien (Verdeckte Einsätze, Drohnenangriffe, Spezialeinheiten …).

Spezialeinheiten können aber auch zunächst versuchen, politisch und strategisch ohne Waffengewalt Einfluss zu nehmen oder Bewegungen zu unterstützen, die die US-Interessen zu stärken scheinen, schlägt Clinton vor, nachdem sie die Sondereinheiten (SOF) über den grünen Klee gelobt hatte:

Special Operations Forces exemplify the ethic of smart power - fast and flexible, constantly adapting, learning new languages and cultures, dedicated to forming partnerships where we can work together. And we believe that we should work together wherever we can, and go it alone when we must. This model is delivering results.

Clinton wollte einerseits den Hardlinern demonstrieren, dass Sondereinheiten nicht nur direkt kämpfen, sondern dass wichtige Aufgaben auch durch deren "ruhige und andauernde Arbeit" geleistet werden. So würden Sondereinheiten nicht nur mit anderen Militärs, sondern auch mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeiten, bei Naturkatastrophen tätig werden und humanitäre Hilfe leisten. Daher sollten Sondereinheiten auch eng mit dem Außenministerium zusammenarbeiten. Clinton weist als Beispiel auf das neu gegründete Bureau of Conflict and Stabilization Operations hin, das etwa in Zentralafrika zusammen mit Sondereinheiten den "afrikanischen Partnern" bei der Suche und Ergreifung von Joseph Kony helfen soll. Die Mitarbeiter des Außenministeriums hätten Kontakte mit lokalen Führern aufgebaut, mit den Soldaten eine Radiostation eingerichtet und eine Zusammenarbeit der Spezialeinheiten mit UN-Mitarbeitern ermöglicht. Man könne jetzt bereits erste Erfolge sehen, "wenn Soldaten und Diplomaten in denselben Camps leben und dieselben Lebensmittel essen. Das ist Smart Power in Aktion."

Clinton betont, man bemühe sich im Außenministerium darum, dem Militär ein besserer Partner zu sein. Dazu habe man u.a. das Counterterrorism Bureau geschaffen, das weltweit diplomatisch versucht, den Terroristen den Raum und die Finanzierung streitig zu machen und ein internationales Netzwerke mit Regierungen und Behörden anderer Länder aufzubauen. Da sei um so wichtiger, weil al-Qaida immer weniger zentral organisiert sei, sondern sich zerstreue und diffus werde. Ähnlich wie die Sonderheinheiten weltweit Elitetruppen ausbilden, trainiere das Außenministeriumweltweit Polizisten, Staatsanwälte und Antiterrorexperten und arbeite mit zivilen Organisationen und lokalen Behörden zusammen.

Zum Schluss preist Clinton die Tötungsaktion von Bin Laden, die wohl als Vorbild dienen soll, und versichert, dass die USA eine besondere Verantwortung für die Wahrung von Freiheit und Menschenrechten in der Welt hätten und deswegen die Diplomaten und Elitesoldaten immer auf der "richtigen Seite der Geschichte" stünden und die von den "Kräften der Dunkelheit" bedrohte Welt humaner und sicherer machten:

When you are pursuing a mission in partnership or on behalf of your own country, let us remember that we are on the right side of history. We are on the side of right. Your service is making the world safer for people to be who they are, to live their lives in peace and harmony. That is going to be the challenge of the 21st century. Will we once and for all recognize our common humanity and stand together against the forces of darkness or not? I’m betting we will. And I think it’s a pretty good bet, knowing that our Special Operations Forces and their partners are at the point of that spear.