Ditib-Spitzelaffäre: Wie viel Spielraum gibt die Bundesregierung?

Seite 2: Späte Ermittlungen gegen Ditib-Aktivitäten

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Ermittlungen wurden erst angestrengt, nachdem die Vorwürfe, dass Ditib-Imame in ihren Gemeinden als Spitzel der türkischen Regierung aktiviert wurden, über Medienberichte bekannt geworden waren. Zum Beispiel durch einen Bericht von Deniz Yücel Anfang Dezember 2016: Türkische Imame spionieren in Deutschland für Erdogan.

Zwar hätten Bundessicherheitsbehörden schon zuvor, nach dem Putschversuch am 15. Juli 2016, Hinweise auf eine mutmaßliche Ausforschung von Anhängern der Gülen-Bewegung erhalten, heißt es in der Antwort der Bundesregierung, von konkreten Verdachtsmomenten des Einsatzes von Ditib-Imamen zum Ausspionieren regierungskritischer Muslime habe man erst über die Medienberichterstattung ab 8. Dezember erfahren. Das genannte Datum ist das Erscheinungsdatum des oben verlinkten Yücel-Artikels.

Die Generalbundesanwaltschaft schaltete sich - Anfang Dezember, zunächst mit Beobachtungen - erst ein, nachdem Volker Beck eine Strafanzeige gestellt hatte und dazu Dokumente wie den eingangs genannten Spitzelaufruf vom September 2016 beilegte. Ab 20. Januar wurde das Bundeskriminalamt mit den polizeilichen Ermittlungen betraut.

Der Fall weitete sich aus

In der Folge taten sich ein paar bemerkenswerte Unzulänglichkeiten auf, die sich in der Antwort der Bundesregierung aufzeigen. Der Fall weitete sich aus. Mindestens 13 Imame in Düsseldorf, Köln und München sollen Berichte über 33 Gemeindemitglieder und Lehrer mit angeblichem Gülen-Bezug an die Diyanet-Behörde in Ankara weitergeleitet haben.

Die Konsequenzen hielten sich aber in Grenzen. So scheiterte die Verhaftung von sechs Beschuldigten am Bundesgerichtshof (BGH) und, wie die FAZ hervorhebt, "spionageverdächtige Imame der Ditib konnten sich der Vernehmung und Strafverfolgung in Deutschland durch Flucht in die Türkei entziehen".

Personen, die auf einer Liste stehen, die von den Imam-Spionen an die Religionsbehörde Dyanet gesendet wurde, "sollten auf keinen Fall mehr in die Türkei reisen und auch nicht mehr in das türkische Konsulat gehen. Es könnte sein, dass man Ihre Reisepässe einzieht", warnt die Kriminalpolizei Betroffene bei sogenannten Gefährderansprachen durch die Kriminalpolizei (siehe: Ditib-Gemeinden: Nach Bespitzelungen gibt es plötzlich viele "Vaterlandsverräter").