Don Diego und seine Vasallen - Fortsetzung
Ein weiterer Auszug aus Stefan Wimmers "großem Bilderbuch der Vulkan-Vaginas"
Als ich am Morgen nach kurzem Schlaf aufstand, fühlte ich mich immer noch gekräftigt von Lavinias Zärtlichkeiten. Ich zog mich an, verließ das Haus und nahm die U-Bahn zum Heinzel-Verlag - in heller Vorfreude auf ein Wiedersehen. Selbst die U-Bahn mit ihren Spukgestalten, Zombiearmeen und professionellen Bakterienschleudern konnte mich nicht schrecken. Ich trat ins Verlagsgebäude, und normalerweise hätte man annehmen können, nach einer solchen Nacht die Aura der Unbesiegbarkeit zu verbreiten, doch das schien nicht der Fall zu sein: Im Aufzug traf ich den Chef, der mir klar machte, dass meine Reportage über die Flirtbörsen in wenigen Tagen auf seinem Tisch zu liegen habe, weil sich inzwischen schon Doc Schätzer eingeschaltet habe, um die Arbeitsabläufe zu kontrollieren, und als ich an meinen Rechner trat und den Computer anschaltete, ploppten folgende Mails auf:
Das Mitglied »Fickelfe« hat ihr Profilfoto angesehen und möchte mit Ihnen nichts mehr zu tun haben. Das Mitglied wünscht Ihnen weiterhin viel Erfolg bei der Partnersuche.
Ihr Lovepoint Team
Und:
Huhu, Dichterfürst!
Das ist ja ’ne echt imposante Sturmfrisur, die du da trägst... : -)
Ich hab’s mir mal zwischenzeitlich überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass wir doch nicht zusammenpassen.
Nicht böse sein...
Liebe Grüße, Strapsmausi
Ich klickte auf meine Profil-Seite, sperrte mein Foto und rief umgehend Natty an, die eben eingetrudelt war - mit der Bitte, mir sofort einen Portrait-Fotografen in die Redaktion hochzuschicken. Der Fotograf kam und machte ein paar Schnappschüsse, ich stellte die neuen Fotos auf meine Profilseite, dann schrieb ich weitere Mitglieder an. Schließlich trudelte Bertram ein, dann Timmi, und dann, ganz zum Schluss, gegen 10.30 Uhr, Lavinia. Gespannt wartete ich auf eine Begrüßung, doch sie stolzierte nur kühl wie eh und je an mir vorbei, ohne die geringsten Anzeichen, dass sie vor neun Stunden mit mir in irgendwelchen Hauseingängen zu Werke gewesen war. Hinter ihr wehte eine Wolke dieses unvorstellbar manipulativen Parfüms durch die Redaktion, Lavinia blickte spitz über meinen Scheitel und lächelte. Aus Diskretion! - dachte ich - Um die zarte Knospe unserer Liebe nicht zu gefährden, verhält sie sich so distanziert!
Dann klingelte der Reihe nach unser Telefon, Marlene war dran und befahl jedem, in fünf Minuten zur Themenkonferenz ins Zimmer des Chefs zu kommen. Timmi und ich rappelten uns auf, machten uns auf den Weg und gingen den Korridor entlang. Lavinia trat energisch aus ihrem Büro und überholte uns, ohne mir einen Blick zu schenken. Die Mädchen der Fotoredaktion kamen hinzu, Thierry und die Menschen aus der Anzeigenabteilung, und gemeinsam begaben wir uns wie auf dem Weg nach Amarillo in den Saal. Der Chef eröffnete die Themenkonferenz, sprach über die allgemeinen Baustellen der momentanen Ausgabe und übergab das Wort an Thierry, der zunächst seine eigenen Meriten hervorhob, die er in den letzten Wochen eingeheimst hatte.
Thierry sprach bei Themenkonferenzen immer auf die gleiche Weise: Er ließ seine Oberlippe nach vorne hängen, fror sie dort ein und speiste seine Worte wie durch einen Filter aus dem oberen Gaumenbereich - undeutlich, verschnupft, nasal, dabei blasiert zu Boden blickend. Ich konnte Thierrys Phonetik schon seit Wochen nicht mehr verstehen, doch da er in der Redaktion nach dem Chef die größte Macht hatte, eiferten ihm alle in dieser Sprechweise nach, Timmi, Bertram, die Mädchen, selbst der Chef. Nur Lavinia, die sich mit undurchschaubarem Pokergesicht neben mich gesetzt hatte, war immun gegen Thierrys Manierismen.
Während aus Thierrys Mund unzusammenhängende Satzfetzen gurgelten (»...müssen mehr Profil... Positionen, Meinungen, Vernichtungen... Wenn der Newsfeed... Erotik in meinen Augen zweitrangig... Vintage, Opulenz...«), starrte ich wie ein Verhungernder zu Lavinia, völlig in Anspruch genommen von ihrem pestilenzischen, vermutlich mit Mösensaft untermischten Parfüm. Lavinia saß starr wie eine Gottesanbeterin neben mir, die Beine in ihren Zickzackstrümpfen hart übereinander geschlagen und die Knie streitlustig mit ihren lackierten, findigen Fingern umgriffen. In Abständen klimperte sie mit ihren Augen - jedoch ohne großes Interesse für die Vorgänge in der Konferenz. Ich sog jedes einzelne Atom ihrer Körperzwischenräume ein.
»Thema Straffere Arbeitsabläufe...«, sagte Thierry plötzlich. »Was ist eigentlich mit der Reportage über die Flirtbörsen geworden?«
»Ha!«, rief ich erwachend und machte mich bereit für meine Verteidigung. »Die ist nicht so einfach! Ich kann da leider auch nicht hexen! Ich bin inzwischen in drei verschiedenen Foren aktiv, aber aus irgendwelchen Gründen antwortet mir niemand! Ich setze wirklich alle Hebel in Bewegung, aber was hilft’s, wenn Fickelfe und Strapsmausi nicht mitziehen!«
Ein gereiztes Gelächter ging durch die Menge - und Thierry nickte bitter:
»Von Anfang an gewusst... besser ’nem Freien geben...«
Der Chef schüttelte auffahrend seine dicken Backen und fragte in breitestem Österreichisch:
»Ja, aber hamma dann weeenigstens dieses Wir san Häälden-Interview in der Taschen?«
Ich lachte schrill auf und sah zu Lavinia, die mich ebenfalls neugierig musterte:
»Das Wir sind Helden-Interview ist noch weitaus komplizierter als die Flirtbörsen-Reportage! Es war nicht meine Idee, diese Band zu interviewen - das ist auf eurem Mist gewachsen! Ich habe drei Wochen lang jeden Tag ihrem PR-Manager hinterhertelefoniert - und gestern kam die definitive Absage. Ich zitiere: Hi Ingo, du wirst es dir schon gedacht haben, aber leider zählt eure Zeitschrift nicht zu den Medien, mit denen sich Die Helden identifizieren können. Deswegen müssen Judith und ihre Mannen leider ein klares Nein kommunizieren. Ich hoffe, du kannst das irgendwie nachvollziehen! Gruß, Claas... Wenn es nach mir ginge, müssten wir Interviews mit ganz anderen Leuten machen...«
»Und wen hast du dir da vorgestellt?«, fragte Thierry mitleidig.
»Mickie Krause z.B...«, sagte ich - und die Redaktion lachte wieder auf, obwohl mein Vorschlag durchaus ernst gemeint war.
»Und was sagst du, Lavinia?«, fragte der Chef, denn Lavinia hatte nur laut gegähnt.
»Ich werde hier nur für die Art Direction bezahlt, Harald«, sagte sie, »und nicht, um eure Contents aus dem Schlamm zu ziehen! Dafür verdiene ich einfach zu wenig!«
»Lavinia!«, riefen schockiert ein paar Stimmen. »Wir verlangen von dir mehr Mitarbeit!«
»Ist doch wahr!«, sagte Lavinia. »Ich werde hier sowieso nur verarscht! Ich bin seit dem Spätsommer am Überlegen, ob ich nicht wieder nach Bellinzona zurückgehen soll...«
Nach mehreren Sekunden des allgemeinen Kopfschüttelns und einem schweren Schock meinerseits ergriff der Chef das Wort, leitete über zu Timmi, der eine Weile die neuesten Sensationen auf dem Feld »Gadgets« referierte, dann kam Bertram und berichtete kurz von einem neuen, besonders bissigen Sportwagen, die Fotomädels erzählten irgendetwas von einer TV-Moderatorin, die eventuell bereit war, sich halbbekleidet beim Kuchenbacken für die Weihnachtsnummer abbilden zu lassen, und am Schluss trat verspätet der oberste Anzeigenleiter in den Raum, verkündete die anzeigenrelevanten News und streckte kernig den Daumen nach oben, dann wurde die Themenkonferenz beendet und alle gingen hinaus.
Im Gang fasste ich erschrocken Lavinia am Arm und sagte:
»Du willst zurück in die Schweiz? Wieso hast du mir denn davon nichts gesagt? Ich steh total neben mir. Ich hab die ganze Nacht nicht schlafen können...«
»Tja«, sagte Lavinia pfiffig. »Dann musst du früher ins Bett gehen! Dann darfst du dir nicht die Nächte mit bösen Mädchen vertreiben! Die Anderen tun das ja auch nicht, die bereiten sich auf die Themenkonferenz vor!«
»Du hast gut reden! Können wir nicht abends was trinken gehen? Ich muss dir dringend was sagen!«
»Am Abend hab ich keine Zeit«, sagte Lavinia schnippisch. »Ich muss auf ’ne Veranstaltung. Aber wenn du mir was Wichtiges sagen willst, dann tu’s bitte nicht so unentschlossen wie gestern. Sonst verpasst du nämlich wieder die Straßenbahn!«
Lavinia ging fröhlich pfeifend in ihr Büro zurück und strich sich ihre Haare nach hinten, wie jemand, der Wichtiges zu tun hat.
Ich blieb allein im Gang zurück. Ja, klar! - dachte ich - Natürlich ist sie schwer beleidigt, weil ich gestern wie eine alte Jungfer herumgezickt hatte! Zuerst sabbelte ich irgendwelche »Du-siehst-so-toll-aus«-Tiraden, und dann verlor ich sofort die Nerven, als es zur Sache ging - à la Wolfgang Petry: »Oh, Gianna, nein! / Lass das sein! / Gianna, nein! / Du bist gemein!« Stattdessen hätte ich ihr lieber zeigen sollen, wo der Bartel den Most holt, denn was Frauen wollten, war etwas ganz anderes, als was im Buch der Etikette stand! Frauen wollten einen Cäsaren, einen Eroberer - einen Mann, der über Leichen ging, um ihrer habhaft zu werden. Ich musste eine viel zeitgenössischere Schiene fahren, viel selbstsicherer sein! Ich musste mich als der zeigen, der ich war: Ein Mann, der keine Skrupel kannte!
Mit gierigen, blutunterlaufenen Augen starrte ich hinüber zu Lavinias Bürotüre, hinter der unablässig dieses perverse Parfüm herauswaberte. Dann schritt ich zu meinem Platz zurück, zog die Tastatur über den Tisch an mich heran und hackte folgende E-Mail ins Freifeld: Lavinia, du bist so unfassbar geil! Ich hab die ganze Nacht nur an dich gedacht! Ich muss dich küssen - jetzt gleich, von mir aus auch gerne auf dem Klo! Bitte sag ja! Eine Weile zögerte ich, weil bekannt war, dass der Heinzel-Verlag die Mailkorrespondenzen seiner Angestellten überwachte. Doch nach zwei Minuten kannte ich kein Halten mehr, ich schickte die E-Mail einfach los, über den büro-eigenen Server, ich konnte Lavinia jetzt nicht nach ihrer Privat-Mail fragen, sie musste die Nachricht erhalten - hier und jetzt! Das rotierende Symbol zeigte an, dass meine Mail ihrem Ziel entgegenflog. Dann sackte ich in mich zusammen, weil diese Großtat all meine Energie verbraucht hatte.
Es dauerte keine sechs Minuten, und Lavinia trat aus ihrem Büro. Mit starrem Hals ging sie an mir vorbei - direkt aufs Büro des Chefs zu. Oh nein! - dachte ich und fasste mir an den Kopf - Das durfte doch nicht wahr sein! Jetzt geht sie natürlich direkt zum Chef und petzt! Was bin ich nur für ein Idiot gewesen! Diese Dreistigkeit wird sie mir nicht durchgehen lassen!
Doch auf der Höhe der Fotoredaktion blieb Lavinia plötzlich stehen, wandte sich nach mir um und gab mir einen Wink, mitzukommen. Ihr irrer Gesichtsausdruck mit den manischen Augen erinnerte mich an das Maschinenwesen von Metropolis. Bertram, der hinter mir saß, räusperte sich und sprach trocken ins Telefon: »Wirklich? Lauter Autowracks in Firzë? Selbstmörder-Strecke, sagen die Einheimischen...?«, und Lavinia entfernte sich in Richtung der Klos. Ich stand auf, tat so, als ob ich Zigaretten einstecken würde, und folgte ihr, willenlos.
Durch den ganzen hinteren Trakt sah ich sie gehen, am Korridor mit den Büros von Eve Lavendel, Personalleiterin und Betty Buschhäuser, Besondere Aufgaben vorbei, hinein in die Stille, wo nur mehr das Fotostudio, das Raucherzimmer und die Klos waren. Ich folgte ihrer Gestalt mit dem schwarzen Hänge-Kleid, den Elfenbein-Armreifen und den silbergefärbten Strähnen in ihren Haaren, und eine Weile dachte ich, dass Lavinia die Nerven verlieren und mit mir ins Raucherzimmer gehen würde, weil es einfach viel zu riskant war, im Hoheitsbereich der dunklen Macht ein Schäferstündchen zu feiern.
Doch Lavinia verlor nicht die Nerven. Ohne sich groß nach Risiken oder Störfaktoren umzusehen, öffnete sie die Tür vom Herrenklo. Ich prüfte den Gang links und rechts, hielt kurz inne und trat ebenfalls ein. Sie war in der linken Kabine des grünen Raums, die Presspan-Tür stand halb offen, und ich wand mich hinein. Lavinia lächelte breit und gallig. Ich ließ meinen Kopf auf ihr Schlüsselbein sinken, hinein in dieses Bermudadreieck ihrer Geruchsmischung, und umfasste ihren weichen Po und den Oberkörper, wo ein strammer BH ihre kleinen Brüste umschloss. Lavinia fummelte an meinem Ohr herum und grabschte mit der anderen Hand nach meinem Schwanz.
»Muss ich aufpassen?«, flüsterte ich und rückte an ihren Körper. »Ich meine, wegen Aids?«
Lavinia schnaubte auf und lachte hysterisch.
»Woher soll ich das wissen! Nimm lieber irgendwas! Du hast ’ne Freundin!«
»Schwierig!«, sagte ich und drückte sie gegen die Spülbox. »Wo sollen wir jetzt Präservative herbekommen!«
Lavinia hielt sich an meinem Nacken fest, ich schob meinen Schwanz an ihrem Slip vorbei in ihren Körper, sie verdrehte die Augen - und in diesem Augenblick knallte die Korridor-Türe auf und ein hartes, metallisches Gelächter erklang:
»Hahahaha!«, lachte Timmi in sein Smartphone. »Glauben Sie wirklich, dass das ’n Sommer-Gadget is? Da muss ich Ihren Glauben aber dämpfen! Das bilden Sie sich ein! Das is’ vielleicht Ihr feuchter Traum! Ich sag Ihnen: Dieses Samsung Sumsuru 42 - das seh ich nicht bei uns im Heft!«
Lavinia ließ von mir ab und starrte gebannt an die Klotür. Lautstark hantierte Timmi mit dem Handtuch-Automaten - eher aus Bosheit als aus echtem Bedürfnis -, und aus seinem Handy drang die dumpfe Stimme von jemandem, der verzweifelt um Worte rang, vermutlich irgendein Publicity-Mensch, der jetzt wie ein Löwe um die Präsentation seines Gadgets kämpfte.
Lavinias Körper in meinen Armen wurde schwer.
»Jaja...«, lachte Timmi sardonisch. »Schön, dass Sie von Ihrem Produkt so überzeugt sind! Aber jetzt kommen Sie mal wieder auf’n Boden! So schnell schießen die Preußen nicht! Ich könnte mir vielleicht vorstellen, dass wir’s in der Rubrik Cooler Scheiß g-a-n-z k-l-e-i-n anteasern... Aber als Sommer-Gadget? Ausgeschlossen!«
Lavinia stützte sich mühevoll an der Spülbox ab. Mein Penis wurde irgendwie schwammig, formlos, etwas in Timmis Stimme hatte eine vernichtende Kraft.
»Ja-ja-ja!«, fuhr Timmi fort. »Versuchen Sie nicht, mir was von Coolness zu erzählen! Da reden Sie mit dem Falschen! Ich sag Ihnen mal was: In diesem Job muss man weitaus cooler sein als der Rest! Um Ihnen ’ne genaue Vorstellung zu geben: Um exakt 1298,7 Prozent cooler als der Rest!«
Ich rechnete gerade nach, um wieviel Prozent ich cooler war als der Rest, als die Tür abermals aufflog und der Chef ins Klo polterte (»Hallo, Harald!«, rief Timmi keck. »Da ist gerade ’n echt verrücktes Huhn am Telefon - will, dass wir den Samsung Sumsuru 42 als Sommer-Gadget bringen!«). Doch der Chef grunzte nur irgendetwas Übelgelauntes, Österreichisches, hievte seinen Schwanz über die Kloschüssel und strullerte. Nachdem noch zwei weitere - von mir nicht identifizierte - Tonquellen ins Klo traten, Lärm machten und störten, resignierten Lavinia und ich. Wir warteten mehrere Minuten den günstigsten Moment ab, dann stahlen wir uns - jeder für sich - aus dem Klo.
Am Abend überdachte ich nochmals meine allgemeine Lage und fasste einen Beschluss. Wie ein Katalysator hatte Lavinia es innerhalb weniger Tage geschafft, mir die ganze Absurdität meiner Beziehung vor Augen zu führen, dieses Nebeneinander-Her-Leben zweier Menschen, die sich nicht mehr verstanden und im Grunde verachteten. Also beschloss ich, die Beziehung nach eineinhalb Jahren zu beenden.
Ich schrieb von meinem Computer aus eine lange Mail. Ich hätte auch persönlich Schluss machen können, doch ich wusste, wie meine Freundin war. Sie würde mir eine gigantische Szene gemacht haben, mit Keifen und Gegenstände-Werfen. Ich hatte schon verschiedentlich erlebt, wie sie mir bei einem Streit die Wohnungstür ins Gesicht knallte, mit rötlichen, zorngeäderten Augen, und ich hatte keine Lust auf eine solche Show. Eine Weile überlegte ich, welche Sachen ich noch bei ihr herumliegen hatte (zweifellos würde sie sie in den Müllcontainer werfen), doch außer einem Fauser-Buch und einem Kochtopf fiel mir nichts ein.
Ein paar Tage später - Lavinia hatte eine Messe in London besucht - näherte ich mich ihr im Raucherzimmer. Sie war nach ihrer Rückkehr in den Heinzel-Verlag freundlich zu mir gewesen, aber auch sehr distanziert. Der Herbst war in einen kalten Regen übergegangen, der die Scheibe entlanglief, und der Rauch stand wie eine Wand in dem dumpfen Raum. Um nicht als unüberlegter Hitzkopf dazustehen, beschloss ich, Lavinia die Tatsache der Trennung zunächst zu verschweigen. »Schön, dass du wieder da bist«, rief ich. »Ich geh auch nicht mehr mit den Anderen in die Kantine essen. Das ist mir alles zu blöd! Ich hab übrigens von einem guten Steak-Restaurant erfahren, das nur zwei U-Bahn-Stationen von hier entfernt sein soll. Wollen wir da mittags mal hingehen?«
»Ich weiß nicht, ich weiß nicht«, sagte Lavinia und sog beunruhigt an ihrer Slim-Zigarette. »Ich mag dich echt gern, aber ich hab da wirklich ein schlechtes Gewissen! Ich möchte nicht, dass deine Beziehung zerbricht!«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Meine Beziehung ist nicht mehr zu kitten. Das haben wir leider echt versiebt.«
»Ja, aber ich find’s nicht richtig, wenn du deine Freundin bescheisst! Ich finde, man muss deine Freundin fast vor dir schützen.«
»›Schützen‹...?!«, rief ich. »Das letzte Mal meinte sie: Wenn du mir kein Kind machst, lass ich’s mir von jemand anderem machen... Ich weiß echt nicht, wer da vor wem geschützt werden muss...«
»Ja, aber wieso machst du denn dann keine Kinder mit ihr? Wenn du an die Liebe glaubst, musst du doch an deiner Freundin festhalten!«
»Ich lasse mich doch nicht so unter Druck setzen!«
»Aber es ist doch auch keine Lösung, sich aus der Verantwortung zu stehlen und immer woanders die Erfüllung zu suchen!«
Ich machte ein selbstbewusstes Gesicht.
»Da hast du völlig recht!«, sagte ich. »Deswegen habe ich auch mit ihr Schluss gemacht!«
Lavinia starrte mich an wie einen Wahnsinnigen.
»Du hast - mit ihr Schluss gemacht?«
»Ja«, sagte ich. »Wir können also miteinander anfangen, was wir wollen. Wenn du magst, gehen wir ins Ausland! Mónica, wir gehn nach Méjico, wie es beispielsweise in dem Film heißt.«
Lavinia lachte gereizt auf.
»Aber da schätzt du mich völlig falsch ein. Ich wollte deine Freundin nicht vertreiben.«
»Du hast meine Freundin nicht vertrieben. Es war einfach aus.«
»Du bist so pushy!«, sagte Lavinia und schüttelte den Kopf, so als könne sie nicht fassen, wohin die Diskussion steuerte. »Das macht mir Angst!«
»Entschuldige!«, sagte ich genervt. »Ich wollte nicht aufdringlich sein. Aber du hast das letzte Mal angefangen, meinen Schwanz zu streicheln. Ich hab mit der Sache nicht angefangen. Ich hab mich halt verliebt in dich!«
Lavinia drückte energisch ihre Zigarette aus.
»Und das wirfst du mir jetzt vor? Darf man sich denn nicht mal ein bischen gehen lassen? Ich war halt in der Stimmung dazu! Da brauchst du dir gar nicht groß was einzubilden drauf!«
Lavinia nahm ihre Lederhandtasche, schnaubte auf und verließ so unwirsch das Raucherzimmer, dass der Stoff ihres langen schwarzen Rocks in den Nähten krachte. Ich blieb allein zurück, wandte den Kopf und starrte auf die Scheiben, die vom Regen blind waren. Das ist doch alles nicht zu fassen! - dachte ich - Das geht doch auf keine Kuhhaut! Da ist man ehrlich, ordnet seine Belange, macht reinen Tisch, und dann stellt sich heraus, dass die eine genauso verrückt wie die andere ist.
Ich drückte ebenfalls meine Zigarette aus und ging genervt an meinen Büroplatz zurück. Timmi kam gerade aus dem Zimmer des Chefs - am Display seines SmartPhones verzückt irgendwelche Gadgets bestaunend, die ihm jemand geschickt hatte -, und setzte sich mir gegenüber an seinen Schreibtisch.
Eine Weile starrte ich ihn an und schwieg.
»Erzähl mir, wie du’s mit Lavinia gemacht hast!«, sagte ich plötzlich. »Jedes Detail will ich wissen!«
Timmi lachte errötend auf und schüttelte milde den Kopf. Dann murmelte er ein paar Einleitungssätze, kam langsam in Fahrt und erzählte mir von seiner glorreichen Nacht - immer auf das SmartPhone starrend.
Ich hörte der Erzählung zu - das Gesicht sporadisch durchzuckt von Muskelspasmen - und war nahe daran, ins Schreibtisch-Pult zu beißen.
»Das habt ihr also alles gemacht?«, fragte ich.
»Ja, ja...«, schloss Timmi nachdenklich. »Mit Lavinia kannste alles machen!«
Es war mal wieder der klassische Fall: Timmi und wer-auch-immer schien mit Lavinia alles machen zu können, nur ich nicht. Was ich mit Lavinia machen konnte, war, wie ein begossener Pudel dazusitzen und mir Geschichten aus zweiter Hand anzuhören.
Dann kam - ich erinnere mich noch sehr gut - die Woche, in der Thierry mit dem Moompitz-Interview Furore machte. The Moompitz war eine US-amerikanische Band, die Thierry vor zwei Monaten in einem Club interviewt hatte und die innerhalb allerkürzester Zeit auf Platz 1 der deutschen Album-Charts hochgeschossen war. Über Nacht galten sie plötzlich als das ganz große Ding, und selbst Timmi, der einen völlig anderen Musikgeschmack hatte, war von The Moompitz hingerissen. Stöhnend reichte er Thierry die CD-Hülle und sagte: »Geile Scheiße, Alder! So gut wie die erste Kings of Leon!«
Ich hatte zu The Moompitz eine gegenteilige Meinung, sie lautete so: In der zeitgenössischen Rockmusik gab es eine Art Pyramide - ähnlich der Freimaurer-Pyramide mit dem sehenden Auge -, und die Spitze dieser Pyramide bildeten The Velvet Underground. Dann folgten - stufenweise erniedrigt - die Pixies, die Smashing Pumpkins, Sonic Youth und ein paar andere, auf Stufe Nr. 50.324 ff. saßen Roy Black, Joe Dolce und Vadder Abraham (die mit Velvet Underground nun wirklich nicht mehr allzu viel zu tun hatten), und auf Stufe 121.456 lungerten irgendwo The Moompitz.
Doch mir fehlte bereits die Kraft, diese Ansichten zu äußern, denn nach der Sache mit Lavinia war ich in eine Art Depression verfallen: Ich hatte verschiedentlich versucht, sie zurückzuerobern (falls »Eroberung« das richtige Wort für die urspünglichen Vorgänge war), doch damit wurde es nichts. Ich hatte immer wieder Einladungen zu Cocktails, zu Dinners und zu Konzerten ausgesprochen, doch sie mied den Kontakt mit mir. Ganz im Gegenteil, je mehr ich versuchte, sie rumzukriegen, desto unverschämter wurden ihre Äußerungen.
Per E-Mail und auch mündlich ließ sie folgendes verlautbaren: Sie habe inzwischen eingesehen, dass es ein großer Fehler gewesen sei, mir näherzukommen. Gewarnt von früheren, unguten Erlebnissen mit Stalkern in der Schweiz, sei sie zu dem Schluss gekommen, dass es besser sei, nur mehr auf einer rein kollegialen Ebene miteinander zu kommunizieren. Dass wir miteinander Sex gehabt hätten, leugne sie zwar nicht, es sei aber eine schwere Fehlentscheidung ihrerseits gewesen. Inzwischen sei ihr übrigens auch eingefallen, dass sie meine Freundin von diversen In-Parties kenne, und es koste sie Mühe, nachzuvollziehen, wie ein so nettes Geschöpf einen solchen Chaoten wie mich zum Freund gehabt habe. Alles in allem, schätze sie mich als einen Mann ohne Charakter ein - ähnlich ihrem Freund -, der seine desaster-artige Wirkung erst nach und nach entfalte.
Dieser Frechheiten nicht genug, hatte ich Lavinia in den kommenden Wochen wiederholt im Nachtleben gesehen, flirtend mit irgendwelchen Medien-Jungspunden, die zehn Jahre jünger waren als sie, lachend wie eine Kokssüchtige, schillernd wie eine Odellache, und kokettierend mit dem gleichen Augenklimpern, das ich schon einmal gesehen hatte.
Trotz dieser Zumutungen musste ich im Heinzel-Verlag weiterschuften, als sei nichts gewesen, und dies war kein Spaß. Inzwischen hatte man mich zu inferioren Tätigkeiten abkommandiert, ich sollte ein Interview mit einer völlig unbekannten Nachwuchs-Schauspielerin namens Labina Labansisalehi an Land ziehen, die gerade mit Wotan Möhring in einer indisch-deutschen Low-Budget-Produktion mitgewirkt hatte.
Als Ablenkung von meinen Gedanken an Lavinia stürzte ich mich in die Arbeit wie ein Besessener und versuchte, alles zum Besten zu richten. Doch die Hamburger Interims-Agentur, die Labina Labansisalehi vertrat, antwortete weder auf meine Mails noch auf meine Ansagen auf den Anrufbeantworter. Schließlich platzte mir der Kragen und ich erreichte eine der zuständigen Presse-Agentinnen:
»Entschuldigen Sie«, sagte ich freundlich, »ich warte seit zwei Wochen auf Ihren Rückruf... Ich wollte jetzt mal nachfragen, wann Frau Labansisalehi Zeit für ein Interview hat!«
Die Stimme am anderen Ende der Leitung lachte herrisch auf.
»Frau Labansisalehi hat niemals Zeit für ein Interview mit Ihnen! Das können Sie sich aus dem Kopf schlagen!«
»Ähem, wieso?«
»Diese Frage können Sie doch selbst beantworten!«
»Hören Sie, kann ich mit Frau Labansisalehi nicht persönlich sprechen? Sie ist 35 Jahre, also volljährig, und kann also sehr wohl selbst entscheiden, ob sie unserer Zeitschrift ein Interview geben will oder nicht!«
»Nein. Über mich werden Sie keinen Kontakt zu Frau Labansisalehi bekommen! Denn Agenturen sind ja dafür da, sich schützend vor ihre Klienten zu stellen!«
»Wieso denn schützend? Soweit ich das mitgekriegt habe, bewilligen Sie doch auch Blättern wie Cosmopolitan oder In-Touch Interviews. Was ist denn an unserer Zeitschrift so schlimm, dass Frau Labansisalehi vor uns geschützt werden muss?«
»Die Fotos! Die Fotos!«, rief die Stimme hysterisch.
»Die Fotos?«, lachte ich verzweifelt auf. »Soll ich Ihnen sagen, was ich von den Fotos halte? Diese Fotos sind so gestaltet, dass ich beim Ansehen eine Spezialbrille tragen muss, um nicht einzuschlafen! Diese Fotos sind das Langweiligste, was ich je gesehen habe! Vor diesen Fotos muss doch niemand geschützt werden!«
»Doch!«, beharrte die Agentin. »Der Schutz ist die Pflicht unserer Agentur, und von Menschen wie Ihnen geht für eine hoffnungsvolle Schauspielerin wie Frau Labansisalehi eine besonders große Gefahr aus!«
»Das ist doch die Höhe!«, rief ich. »Wieso werde ICH nicht mal geschützt! Wieso müssen immer alle vor MIR geschützt werden - all die Verhaltensgestörten, die auf meinen Nerven herumtrampeln! Auch ICH habe Rechte! Mir reicht’s jetzt langsam mit dieser Moraltrompeterei! Das war das letzte Mal, dass ich irgendjemanden von Ihrer Agentur angefragt habe! Und was Ihre hoffnungsvolle 35-jährige Hinterhofschauspielerin betrifft, so soll sie sich... Ach, egal...«
Ich donnerte das Telefon auf den Hörer - und alle in der Redaktion starrten mich an, vom Westfenster bis zur Nordseite. Selbst Lavinia trat aus ihrem Büro und sah nach, wer solchen Krach machte. Es herrschte eisige Stille, und für Sekunden überlegte ich, ob ich meinen Wutanfall nicht noch weiter ausdehnen solle und in Lavinias Richtung schreien:
»Und wir beide - wir sind auch noch nicht fertig miteinander! Du kriegst schon noch deine Spermaladung! Du wirst noch bereuen, dass du mich so scharf gemacht hast!« - um dann, hüstelnd, für die Kollegen hinzuzufügen: »Wär’ ja noch schöner! Ich kenn meine Pappenheimer!«
Das wäre zweifellos das Ulkigste gewesen, das ich je in meinem Leben gemacht hätte. Aber natürlich hielt ich den Mund.
Danach ging alles sehr rasch. Am folgenden Tag erhielt ich einen Anruf von Marlene, die mir mitteilte (zuerst dachte ich: dass ich hochkant gefeuert sei, aber nein:) dass unsere Zeitschrift mit sofortiger Wirkung auf Geheiß von Heinzel eingestellt werde und bis zum Inkrafttreten der Auflösungsverträge einfach Dienst nach Vorschrift abzuleisten sei. Hoffnung jedenfalls auf eine Weiterbeschäftigung könne niemandem gemacht werden.
Mit dieser Nachricht kam der Zusammenbruch der Zeitschrift - und mit ihm die Untergangswirren. Tag für Tag schneiten jetzt Controller und Abwicklungsbeauftragte in die Büroräume, um die Auflösung zu überwachen und unseren Unmut kleinzuhalten (Marlene hielt eine Art Totenrede auf das Ende der Zeitschrift: »Ich weeeeeeiiiiß, es ist niiiiieeeee schön, wenn man eine Zeitschrift begraben muss wie ein kleines Kind, aber Herr Heinzel versucht, das Ganze jetzt hygienisch durchzuführen, damit es zu keinen Klagen kommt, denn Klagen werden wir mit jeder uns juristisch zur Verfügung stehenden...«), und der Abbruch ging zügig voran.
In den nächsten Wochen wurde die ganze Etage aufgelassen, Bulldozer schoben Büroteile, Schubfächer und Regalkomplexe zu einem Haufen zusammen, der im Westtrakt lag, und Arbeiter renovierten das freigeräumte Areal. Auch die gesamten Promo-Produkte unserer Zeitschrift - Unterhöschen und T-Shirts mit Don-Diego-Wappen - wanderten auf diese Müllhalde, und nachts kamen die Mädchen von der Tierzeitschrift zwei Stockwerke über uns, um im Schutz der Dunkelheit noch das eine oder andere Schnäppchen zu ergattern.
Auf die Tatsache des Endes reagierte unsere Belegschaft unterschiedlich. Timmi, der befürchtete, ein Langzeitarbeitsloser zu werden, tobte voller Panik herum: »Diese Arschlöcher! Das können sie mit uns nicht machen! Da schindet man sich zwei Jahre lang den Arsch ab - und dann wird man ins soziale Aus geworfen! Das ist ja so, als ob einem die Schulterklappen abgerissen werden!« Bertram dagegen blieb sonderbar stoisch, er flüsterte erloschen ins Telefon: »Für die letzte Autoreportage nochmal was richtig Gefährliches... Was ist von der Autostrada Shkoder - Velipoje zu halten?« Thierry und der Chef dagegen waren vergnügt: Thierry, weil er bereits einen Übernahmevertrag mit einer Frauenzeitschrift unterzeichnet hatte (Thierry: »Das is’ einer der Vorteile dieses Frauenzeitschriftensegments, dass man da viel stärker wahrgenommen wird!«), und der Chef, weil er zum Publisher eines Philosophie-Magazins berufen wurde.
Lavinia dagegen reagierte auf das Aus der Zeitschrift mit fast asozialer Wut. Sie hatte zwei Wochen vor Bekanntgabe der Neuigkeiten ihre Kündigung eingereicht und sich daher um jeden Anspruch auf Arbeitslosengeld gebracht. Als Dank an alle brachte sie zur Abschlussfeier einen Kuchen mit, der so schmeckte, als ob sie ihr Menstruationsblut darin eingebacken habe. Ich aß ein paar Bissen und beobachtete Lavinia, wie sie mit gespitztem Mund wie eine Rachegöttin auf dem Ledersofa der Redaktion saß und die Kollegen lächelnd zu essen ermunterte, dann ließ ich langsam meinen Bissen in ein Taschentuch fallen und im Müll verschwinden.
Nach dem Abschiedsumtrunk misteten Timmi und ich die letzten Regale mit den übriggebliebenen Stößen der Back-Issues aus.
»Bei der Nummer mit dem grauen Hintergrund war ich auf dem Höhepunkt meiner Macht!«, seufzte ich und zeigte auf die Ausgabe 6 / 2014. Gemeint war, dass ich in dieser Ausgabe ein paar ungewöhnliche, anspruchsvolle Texte abgeliefert hatte, bevor Doc Schätzer sich einschaltete und jegliche Abweichung in dieser Richtung unterband.
Timmi, der einen großen Stapel in den Müll fallen ließ, verbat sich einen solchen Relativismus. »Also, ich hatte in jeder Nummer ’ne Sternstunde!«, rief er. »Da gab’s keine Hochs und Tiefs. Da hing mein Herzblut dran, da wurde durchgehend geklotzt!«
»Logo«, sagte ich. »Du hast schließlich ’n goldenes Händchen!«
Timmi lachte keck und voller Einverständnis auf. Als wir beide um die Tonne gebeugt standen, zwinkerte er mir zu:
»Aber sag mal...«, raunte er. »Was mich immer schon interessiert hätte... Diese Reportage über die Flirtbörse - da warst du einfach nur zu faul, um die zu schreiben, was? Jetzt kannst du’s ja zugeben! Hast wahrscheinlich die ganze Zeit an Lavinia gedacht...«
Timmi lachte teuflisch.
»Nein, gar nicht!«, sagte ich. »Ich war wirklich motiviert! Das Problem waren die Fotos, die am Anfang auf meiner Profilseite standen. Da herrschte auf dieser Wiese zuviel Wind, deswegen hatte ich da ’ne komische Frisur. Inzwischen hab ich neue reingestellt. Aber das Ding ist ja eh gelaufen.«
»Was?!«, rief Timmi. »Aber dann müsste ja jetzt ’n ganzer Haufen Mails von hübschen Schnecken auf deiner Mailbox sein? Schau doch mal nach! Wir haben ja jetzt ein paar Wochen frei!«
»Ich weiß nicht...«, sagte ich. »Man sollte das ganze Kapitel ruhen lassen... Ich bin seitdem auch nicht mehr auf diese Lovepoint-Seite gegangen...«
»Nein, schau nach!«, lachte Timmi. »Dann können wir ja mal mit denen ins Bob Beaman gehen!«
»Meinst du wirklich?«
»Klar! Da machen wir uns ’nen coolen Abend...«
Ich seufzte auf, ging zum Computer, loggte mich bei Lovepoint ein und öffnete meinen Posteingang. Timmi stellte sich dazu, und gemeinsam lasen wir die Nachrichten der hübschen Schnecken:
Hallo »Dichterfürst«,
Leider konnten wir das von Ihnen hochgeladene Foto nicht veröffentlichen, weil unsere jahrelange Erfahrung zeigt, dass sich unvorteilhafte Aufnahmen dieser Art nicht auszahlen. Wenn Sie ein Bild hochladen wollen, dann achten Sie bitte darauf, dass es Ihre Persönlichkeit auf sympathische Art und Weise zum Ausdruck bringt. Wir empfehlen Ihnen, Bilder in einem professionellen Fotostudio machen zu lassen. Das wird den Betrachter begeistern und Ihnen höhere Erfolgschancen einräumen. Jahrelange Erfahrung beweist: Die Investition lohnt sich!
Danke für Ihr Verständnis!
Ihr LOVEPOINT Team
Stefan Wimmer ist ein Münchner Schriftsteller und Journalist. Er schreibt regelmäßig Features für den WDR, NDR, das DeutschlandRadio und die Süddeutsche Zeitung. 2010 wurde ihm der Deutsche Radiopreis für die "beste Sendung" verliehen. Nach seinen Romanen Die 120 Tage von Tulúm und Der König von Mexiko erscheint im August 2015 im Blond Verlag sein neuestes Werk: - "Das große Bilderbuch der Vulkanvaginas".
Empfohlener redaktioneller Inhalt
Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.