Donald Trump: Populismus als Politik
Seite 2: Mit der Inszenierung des Außenseiters treten Rasse und Geschlecht wieder in den Vordergrund
- Donald Trump: Populismus als Politik
- Mit der Inszenierung des Außenseiters treten Rasse und Geschlecht wieder in den Vordergrund
- Wie soll jemand, der Pokemons im Stadtpark jagt, noch an eine objektive Wirklichkeit glauben?
- Trump ist das "Gesicht" des Neoliberalismus in seiner Umschlagphase zu Rechtspopulismus und Anarcho-Kapitalismus
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Trump erinnert in seiner Self-Made-Mentalität an Arnold Schwarzenegger, der es zwar nicht zur Präsidentschaft, aber bis zum Gouverneursposten in Kalifornien geschafft hat. Medial vermittelter Erfolg steckt bei den Wahlen anscheinend an. Wenn man Trump wählt, wählt man dann den Erfolg? (Wessen Erfolg oder für wen?)
Georg Seeßlen: Die ganze Inszenierung des "Außenseiters", der in seinem Kampf mit dem Establishment und der "Elite" ist, dient vor allem einer Botschaft (und diese durchzieht eben auch ein Großteil der Medienträume), nämlich dass "Erfolg" nicht (mehr) gebunden ist an die Zugehörigkeit zu einer Klasse und an "lineare" Aufstiegsbiographien. Die Kehrseite dieser scheinbaren Befreiung: "Rasse" und Geschlecht treten wieder in den Vordergrund.
In den Mythen, die in den siebziger Jahren von Stallone und Schwarzenegger initiiert wurden, geht es stets um den Erfolg des weißen Mannes, der sich stets zunächst als Opfer sieht, als Opfer der Frauen, Opfer der Fremden, Opfer der "Eliten", Opfer des Staates und der Behörden, Opfer der falschen Regeln und der falschen Strukturen. Was damals noch vor allem als heroisch-dramatische "Wiederauferstehung" inszeniert wurde, findet sich heute vor allem als mehr oder weniger lustige Buddie-Phantasie wieder: Männer wie Homer Simpson oder Kevin James wollen einfach nur mit ihren Kumpeln Spaß haben und Bier trinken und ab und zu dem eigenen Größenwahn folgen, aber die moralischen und rationalen Frauen lassen sie nicht. Auch bei Trump scheint ja Erfolg vor allem darin zu bestehen, alles was er anfasst (einschließlich der Frauen) in "Spielzeug" zu verwandeln. Noch seine engsten Verbündeten haben Donald Trump ja zugerufen: "Werd' erwachsen!". Aber vielleicht ist ja genau das eines seiner Wahlversprechen, nämlich das Erfolghaben von der Verpflichtung zum Erwachsenwerden zu befreien…
Protestwähler würden argumentieren, auch wenn Donald Trump politisch nicht ihre Interessen vertritt, so wird durch seine Wahl das Parteiensystem aufgerüttelt.
Georg Seeßlen: Es ist zweifellos so, dass es in diesem Wahlkampf ein gewisses "apokalyptisches" Potenzial gab, ein klammheimliches oder offenes Vergnügen daran, dass ein marodes System auf möglichst dramatische Weise kaputtgeht. Ein reinigendes Gewitter vielleicht, das nach den Regeln der Katastrophenphantasie zu Einsicht und Besinnung führen könnte (jedenfalls in dem, was nach der Katastrophe übrig geblieben ist). Was aber, wenn der "Protestwähler" nur eine Schimäre der "alten" Demokratie-Erzählung wäre?
Könnte man Populismus als Politik auch als Sieg der Popkultur lesen? Politik nun auch aus ihrem eigenen Ressort rausgeworfen zu haben!
Georg Seeßlen: Wenn es so einfach wäre! Aber es geht ja nicht nur um das Aufladen der Politik mit Elementen der Pop-Kultur, sondern auch um eine Indienstnahme der Pop-Kultur durch die Politik. Wie man an den Reaktionen von Hollywood, der Musik-Stars, der Autoren und Filmemacher sehen kann, geht der Riss durch die Pop-Kultur selbst. Sie ist genauso gespalten wie das ganze Land. Kritische und "subversive" Elemente und opportunistisch-propagandistische haben erst angefangen, miteinander in Widerstreit zu treten.
Jemand wie Donald Trump ist zugleich das Produkt der Pop-Kultur und ihr erbitterter Feind; wie alle Rechtspopulisten fängt er zu allererst den Streit mit der liberalen Presse und dann mit dem Rest der nicht gefügigen Pop-Kultur an. Denn so wenig ihm die rationale und moralische Kritik gefährlich werden kann, so sehr muss er "Stimmungswandel" in der Pop-Kultur fürchten. Man könnte ihn absetzen, wie man eine Fernsehserie absetzt, wenn sie beginnt, an Zuspruch zu verlieren.
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