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Tuvalu wird im Pazifik versinken - Vorbereitung zur Evakuierung läuft an
In einigen Jahren muss sich die ICANN mit einem neuen Problem auseinandersetzen: Was passiert mit einer Top-Level-Domain, wenn der dazu gehörige Staat im Meer verschwindet? Genau dieses Schicksal droht nach einem Bericht des Guardian dem Staat Tuvalu, der durch die Länderdomain tv weltbekannt wurde.
Neun Atolle im Pazifischen Ozean, irgendwo auf dem halben Weg zwischen Hawaii und Australien - das ist Tuvalu. Seit 1978 ist das Land formell unabhängig, offizielles Staatsoberhaupt ist die britische Königin Elisabeth II. Bis zum Internetzeitalter war der Fischfang offiziell die Haupteinnahmequelle der knapp 11.000 Einwohner. Da das Land über keine Süßwasserquelle verfügt, ist es von der Hilfe aus dem Ausland abhängig. Nennenswerten Tourismus oder gar eine florierende Exportwirtschaft gibt es auf den Inseln nicht. Man musste sich daher auf andere Weise helfen.
Schon lange wusste Tuvalu seinen Exoten-Status gewinnbringend einzusetzen. Eine Einnahmequelle waren Briefmarkensammler, die ihre Sammlungen mit den Postwertzeichen des Inselstaates schmückten. Auch politisch gab es einiges zu holen: So soll Japan dem Winzstaat Entwicklungshilfe gewährt haben, damit dieser in internationalen Gremien für die Wiederaufnahme des Walfangs stimmt. Gerüchten zufolge sollen diese Zahlungen die Hälfte der nationalen Wirtschaftsleistung Tuvalus ausgemacht haben.
Seit die Polynesier ins Domaingeschäft eingestiegen sind, dürfte sich der Anteil drastisch verringert haben. 50 Millionen Dollar über 10 Jahre bekam der Inselstaat für die Übereignung seiner Domainverwaltung an eine Privatfirma. Das Dot.tv gehört zu den beliebtesten Aushängeschildern von TV-Sendern. Sei es nun Viva oder CNN - jeder will . Im Mai meldete die .tv-Corporation die Registrierung der Domain Drugstore.tv für die Rekordsumme von 500.000 Dollar pro Jahr.
Von dem erwirtschafteten Gewinn leistete sich der Staat im September 2000 eine teure UN-Mitgliedschaft, entsandte Vertreter zu den internationalen Klimakonferenzen in Bonn und Kyoto. Zu spät. Die Zeit für dramatische Appelle war längst abgelaufen. Eine Beschränkung der Treibhausgase könnte die Inseln nicht retten, die nur etwa vier Meter aus dem Pazifik ragen. Schon mehrmals hieß es bei Stürmen "Land unter".
Nun hat die Regierung ihr Scheitern erklärt. Man bemüht sich nicht mehr, den Untergang der Insel aufzuhalten. Stattdessen sucht Premierminister Tuilimu nach einer neuen Heimat für die Tuvalesen. Australien soll eine entsprechende Anfrage schroff abgewiesen haben. Im kommenden Jahr soll die erste Gruppe nach Neuseeland umgesiedelt werden. Für die Internetserver muss kein Asylland gesucht werden. Die .tv-Corporation hat ihren Sitz in Los Angeles.