Dumme Gute, gute Böse

Seite 2: Eine schwarz-grüne Koalition aus Abgebrühten und Moralisten

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Dies alles ist insofern Zeitgeist pur, als das in der Beziehung der Yuppies zu den Öko-Moralisten die mentale Arbeitsteilung unserer Gesellschaft offenkundig wird: eine schwarz-grüne Koalition aus Abgebrühten und Moralisten, aus Idealisten und Desillusionierten, die kulturell innerhalb der gebildeten bürgerlichen Schichten schon längst existiert.

Im Zweifel sind die ökologischen Moralisten dabei Sprößlinge der reichen Großbürger, die "hungrigeren" Yuppies und Neoliberalen entstammen der unteren Mittelschicht und "haben es noch nötig". Gemeinsam ist ihnen die Verachtung für den Rest, allen voran die Alten und die Politiker.

Dabei ist nicht zu übersehen, dass "Bad Banks" auch mit dem Masochismus von Teilen des Publikums spielt, dem Selbsthass der Idealisten, die es auf perverse Weise genießen, ihresgleichen - den wohlhabenden Mittelschichten, die sich Moral gern leisten können - beim Scheitern zuzusehen.

Bad Banks, 2. Staffel. Bild: ZDF/Fabrizio Maltese

Dieses Scheitern der Idealisten ist die eigentliche Botschaft von "Bad Banks 2". In einem zentralen Monolog formuliert Gabriel Finger, warum alle Ideen von Nachhaltigkeit und anderem Wirtschaften scheitern müssen, solange nicht auch die Gesellschaft und das Bewusstsein jedes Einzelnen einer Revolution unterworfen wurden:

"Weil du eine kleine feige Hure bist, genau wie alle anderen Menschen, deswegen wird 'Green Wallet' scheitern ... du spendest wahrscheinlich 50 Euro im Jahr, die du von der Steuer absetzt, kaufst dir jedes Jahr ein neues Handy, für das Kinder in denjenigen Ländern sterben, für die du deine 50 Euro spendest ... Wir alle mogeln uns um unser Gewissen herum und die, denen das am besten gelingt, die die sich am besten einreden, das Richtige zu tun, während sie anderen schaden, die sind die Gewinner."

Moral ist ein Gen-Defekt, der zum Tode führt. Der Zyniker entpuppt sich als der wahre, freilich gescheiterte Moralist.

Dynamisierung, Temposteigerung

Die zweite Staffel von Bad Banks übertrifft die erste. Sie ist mutiger in Inhalt und Erzählweise im Vergleich zu Christian Züberts Dynamisierung der Inszenierung, zu Temposteigerung ist im im Nachhinein erkennbar, wie behäbig und bieder die erste Staffel stellenweise doch noch war, und wo die Grenzen von Christian Schwochows Regie liegen.

Bedeutenden Anteil an allem haben die Darsteller. Ihre Figuren sind selten einfache Identifikationsträger, um so mehr ist ihre Leistung zu würdigen, mit der sie die kaum im Detail durchschaubare Handlung tragen, und Dialoge im Finanz-Chinesisch sprechen, denen mindestens vier Fünftel des Publikums rational nicht zu folgen vermögen.

Bad Banks, 2. Staffel. Bild: ZDF/Fabrizio Maltese

Für Paula Beer ist die Figur der Jana Liekam eine ideale Rolle. In der zweiten Staffel ist die noch facettenreicher: Nicht mehr die halb-unschuldige Novizin am Hof des Geldadels, sondern einen Fürstin aus eigenem Recht. Geachtet und gefürchtet, vor anderen immer cool, dabei nicht ohne menschliche Wärme und Seiten, die nur wir Zuschauer kennen. Man bekommt Sympathien für sie, die nicht mehr in Unschuldslammqualitäten liegen.

Beer kann auch Autor und Regisseur dankbar sein, dass sie ihr Möglichkeiten jenseits bisheriger Auftritte geben. Hier ist Beer nicht wie so oft schon idealisiertes Objekt in den Händen eines Regisseurs, hier stellt sie ein Film nicht als püppchenhafte Ikone auf einen Sockel wie schon in ihrem Debüt bei Chris Kraus ("Poll") und zuletzt noch in Donnersmarcks "Werk ohne Autor" und Petzolds "Transit". Stattdessen entfaltet Beer Charme, jugendlichen Unrast, dabei viel Expertise in ihrem Beruf - zusammen fasziniert ein seltsamer Kontrast zwischen fast kindlicher Wirkung und der Härte der Finanzkriegerin.

Großartig ist auch Albrecht Schuch in der Rolle von Janas vertrautem Partner Adam - der das Gegenteil von Jana verkörpert: Der Finanzmarkt ist für Adam Droge ("Ich muss das leben. Um aus Scheiße Geld zu machen, musst Du sie zuerst probieren."), vom kurzfristigen Erfolg ist er abhängig wie ein Fixer vom täglichen Schuss.

Den Ausgleich bilden andere Exzesse mit Frauen und Alkohol, dazwischen gibt es kurzfristige Depressionsschübe, und ab und an verliert Adam einfach mal die Fassung - das alles mag Börsen-Klischees seit "Wall Street" und "American Psycho" folgen, doch Schuch bringt es mit erstaunlicher Glaubwürdigkeit und Humanität, nie karikierend auf den Bildschirm. Und sogar den ganz unverstellt naiv liebenden Vater der von ihm getrennt lebenden Kinder nimmt man ihm ab.

Im Vergleich zur ersten Staffel fällt dafür Mai Dong Kieu ab: War sie 2018 noch "die" Entdeckung, lässt ihre Rolle der Thao diesmal kaum mehr zu, als das Klischee von der "undurchschaubaren Asiatin".

Routiniers wie Desiree Nosbusch als manipulative Lady Macbeth des Bankenmilieus, Barry Atsma, in einem diesmal kleineren Auftritt. Gabriel Finger und Tobias Moretti in einem wunderbaren Auftritt als von den neuen Verhältnissen überrollter Altbanker an der Grenze zur Karikatur runden das Tableau ab. Einzig Trystan Pütter als deutscher Finanzminister bleibt in jeder Szene eine Witzfigur: absurd unglaubwürdig und den Kollegen nicht gewachsen.

Broker am Rande des Nervenzusammenbruchs

Wo steht diese Serie? Weltanschaulich? Sie ist keineswegs so neutral wie Rezensenten jetzt behaupten. Sie feiert den Kapitalismus und die Härte. "Bad Banks 2" inszeniert die Entfesselung des Chaos auf allen Ebenen.

Es zeigt Broker am Rande des Nervenzusammenbruchs und funktioniert selbst ein bisschen wie Derivate-Handel: Schnell, ohne Blick zurück und Zeit zur Reflexion. Das Publikum ist mal in der Rolle von Insidern, die auf der Höhe der Macher eine neue Idee entwickeln, dann wieder in der von jenen trotteligen Kleinsparern, die von Menschen wie der ambivalenten Heldin Jana in zwei Minuten zugelabert und über den Tisch gezogen werden.

Die Verzinsung der Serie ist dabei überraschend langfristig. Man wartet auf die nächste Tranche.

Arte, 6. Februar, 20 Uhr 15, Folgen 1-3, 7. Februar, 20 Uhr 15, Folgen 4-6;
ZDF, 8. Februar, 21 Uhr 45, Folgen 1-2, 9.2., 22 Uhr 15, Folgen 3-4, 10.2., 22 Uhr 15, Folgen 5-6
"Bad Banks", Arte Mediathek und ZDF Mediathek, komplett verfügbar ab sofort

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