Dune 2: Spice Boys oder die graue Seite der Macht

Martialisch, messianisch und undemokratisch läuft Denis Villeneuves zweiter Teil des Fantasy-Epos im Wartesaal der Handlung im Kreis herum. Sonst ist alles an diesem Film super!

Insofern sagt "Der Wüstenplanet" zwar nichts über die Zukunft, aber alles über die gegenwärtige Verfassung der Filmindustrie.

Bodo Fründt über David Lynchs "Dune"-Verfilmung, SZ 18.12.1984

Power over spice is power over all.

Prolog zu "Dune 2

Zur Erinnerung: "Spice", wörtlich "Gewürz", ist im "Dune"-Kosmos des Hippie-Autors Frank Herbert eine psychedelische Droge und ein Rohstoff, der als Energielieferant für Raumfahrten durch Zeit und Galaxien essenziell ist.

Weil das orangefarbene Zeug sehr knapp ist und ausschließlich auf dem Wüstenplaneten Arrakis durch die dortigen Sandwürmer erzeugt wird, bringt es überaus hohe Gewinnmargen. Es wird auch als Währung genutzt und ist somit de facto Inbegriff für Geld und Droge, Macht und Energie ("power" und "force") und Metapher für Gut wie Böse, Antrieb und Verhängnis.

Dune: Part Two (21 Bilder)

Bild: Warner Bros. Entertainment Inc.

Im Netz gibt es heftige Debatten über die Frage, ob "Star Wars" von "Dune" geklaut habe. Hauptrolle im Streit spielt die Verwendung von Gewürzen.

Auch in "Star Wars" spielt spice, gefunden auf den Planeten Kessel und Naboo, eine Rolle. Ob George Lucas ein Erfolgs-Rezept geborgt oder gar geklaut hat, fragt etwa die Publikation Screenrant und entscheidet, dass es sich lediglich um eine Hommage handelt – mehr zum Vergleich mit "Star Wars" weiter unten.

Das Paradox eines Arthouse-Blockbusters

"Dune" ist das Paradox eines Arthouse-Blockbusters, der obschon immer monumental und laut, vom mal dröhnenden, dann wieder kunstsinnig streichersäuselnden Soundtrack Hans Zimmers in einem Mix aus Carl-Orff und "König der Löwen" ständig begleitet, trotzdem gelegentlich subtil, raffiniert und klug ist.

Der bombastische, beim besten Willen lächerliche Ernst dieses Films macht es einem allerdings schwer, selbst ernst zu bleiben, und verleitet den Rezensenten zu bemühten Witzen, in der Hoffnung, damit das, was in diesem Film liegt, sichtbarer zu machen, als wenn man es ernst wiederkäuen und in philosophische Fladen verwandeln würde.

Sonst ist alles an diesem Film super! Ernsthaft!!

Es handelt sich um eine der am meisten erwarteten Fortsetzungen des gar nicht mehr so jungen 21. Jahrhunderts: "Dune: Teil zwei", in der der frankokanadische Regisseur Denis Villeneuve jenen Rest des ersten "Dune"-Romans von Frank Herbert adaptiert hat, der nach seinem ersten "Dune"-Film von 2021 noch übrig blieb.

So können wir uns unser Leben in gut 8.000 Jahren schon vorstellen

Darin kam ein versprengter Haufen aufrechter Aristokraten, Jessica von Atreides und Paul Henckel von Messias (oder so ähnlich) zusammen mit galaktischen Ökoaktivisten, irgendwann recht spät in diesem Film auf den titelgebenden Planeten.

Dort lebt man wieder wie ein nomadisches Naturvolk in Höhlen, aber zugleich mit High-Tech-Unterstützung: Gegen Ende des ersten Teils hat Held Paul ("The desert is my home") seiner Mami erklärt, wie diese schicken Latexklamotten funktionieren, die hier jeder trägt, und mit denen man einerseits Batman-artig elastisch herumhüpfen kann, in die man andererseits keinen Schlitz machen sollte, weil sie Tränen und Schweiß direkt in Trink- und Kühlwasser verwandeln.

Jeder Mensch ist seine eigene Ökosphäre. So können wir uns unser Leben in gut 8.000 Jahren schon vorstellen. Es wird alles doch nicht so schlimm mit dem Klimawandel – aber so richtig top mit der Demokratie läuft es dann halt auch nicht mehr. Gut für alle Menschen von Geblüt, schlecht für den Rest.

Villeneuve: Kein missglückter Film in seiner Filmografie

Denis Villeneuve ist fraglos einer der wenigen Filmemacher in der Geschichte des Gegenwartskinos, der keinen missglückten Film in seiner Filmografie hat. Die große Mehrheit seiner Werke wird von vielen zum Besten gerechnet, was das jeweilige Genre zu bieten hat.

Zugleich hat dieser Film eine schwierige Vorgeschichte: Er wurde mehrfach verschoben – pandemiebedingt. Und weil er technisch lange nicht fertig wurde. Wie man hören kann, wurde er der Leitung des Berlinale-Filmfestivals als Eröffnungsfilm angeboten – doch die lehnte aus unbekannten Gründen ab.

Jetzt aber kommt "Dune: Teil zwei" endlich in die Kinos und scheint alle Erwartungen zu sprengen – zumindest die der Fans.

Mehr Fantasy als Science-Fiction

Es war einmal, in einer weit weit entfernten Galaxis ...

"Dune: Teil Zwei" setzt nahtlos die Geschichte des von Teenieschwarm Timothée Chalamet gespielten Fürstensohns Paul Atreides fort, der sich nun mit der hübschen Wüstenprinzessin Chani (gespielt von Zendaya) und dem Wüstenvolk der Fremen zusammenschließt, um jene Verschwörung zu rächen, die seine Familie zerstört hat.

Bald sieht er sich aber vom Schicksal vor die Wahl gestellt zwischen seiner Liebe und dem Schicksal des Universums zu entscheiden, muss Paul kämpfen, um eine schreckliche Zukunft zu verhindern, die nur er vorhersehen kann.

Der Kosmos von Frank Herberts-"Dune"-Romanen ist mehr Fantasy als Science-Fiction oder Superheldenkino, er ist vor allem ein bisschen Steam-Punk in seiner Verliebtheit in stählerne Retrotechnik.

Ansonsten: Martialisch, messianisch, mittelalterlich und mythisch – und immer undemokratisch, nie machtkritisch in seinem despotisch-elitären Wertekorsett.

Man fragt sich, was die Hippies einst geritten hat, dass sie ausgerechnet dieses Fantasy-Epos zusammen mit dem erzreaktionären "Herr der Ringe" zum Kultbuch erkoren.