Dune 2: Spice Boys oder die graue Seite der Macht

Seite 2: Antiimperialistisches Epos

In Bezug auf die kulturellen, kommerziellen und filmindustriellen Auswirkungen ist der Vergleich mit dem bis heute beliebtesten zweiten Stars-Wars-Teil "Das Imperium schlägt zurück" gerechtfertigt.

Inhaltlich und in seiner Funktion für die Gesamt-Story erinnert alles aber eher an "Der Herr der Ringe: Die zwei Türme": Denn auch dies ist ein Film, der komplett auf dem aufbaut, was wir über die Charaktere schon aus dem ersten Film wussten, ohne den er nicht zu verstehen ist.

Es dominiert das Gefühl einer ständigen Zwischenstation, eines Wartesaals der Handlung und einer permanent, aber immer nur latent lauernden Gefahr. Wie bei beiden Filmen scheint ein drittes Kapitel unvermeidlich.

Während der erste Teil die Charaktere vorstellte, entspricht der zweite Teil einem antiimperialistischen Epos. Darin nimmt das Wüstenvolk der Fremen, in unseren so geschichtsvergessenen, wie fantasielosen Hirnen die Funktion der Ureinwohner bei der Eroberung Amerikas oder der Aufteilung Afrikas ein.

Ihnen gegenüber steht die ausbeuterische Front der Harkonnen, die wie eine Parodie der Imperialisten des Britischen Empire erscheinen.

Würmer in Absurdistan

Der zweite Teil setzt zugleich den Bildungsroman des ersten fort und erzählt, wie der Held zum Helden wurde.

Das hat dann die Gestalt eines aristokratischen Melodram früherer Jahrhunderte, das mit dem Verlust der Unschuld und den sogenannten "Opfern" spielt, die Macht, Familie und Mission vom Helden verlangen. Man muss auch lernen, auf Würmern zu reiten ...

Ansonsten tummeln sich auch ein paar Absurditäten in dem Wust und redundante Versatzstücke aus 1001 anderen, stumpferen Filmen. Zum Beispiel Feyd-Rautha, den der gewöhnungsbedürftige Austin Butler als Psychopath von der Stange spielt. Ein Neffe des Oberschurken, der mit einer Nonne des matriarchalischen Bene Gesserit-Ordens, Lady Margot Fenring (Léa Seydoux), Sex hat.

Oder die Schwester Pauls, Alia Atreides, die als altkluges Ungeborenes bereits im Mutterleib mit der zur hexenhaften Schamanin mutierten Lady Jessica stille Gespräche führt.

Messias oder falscher Prophet?

In dieser Welt der Intrigen gibt es nicht Weiß oder Schwarz, sondern nur moralische Grautöne. Zwischen effizienter Gemeinschaft und egoistischer Diktatur verweigert dieses Kinowerk für mit-denkende Erwachsene sich gleichermaßen der wissenschaftlichen Vernunft wie der fundamentalistischen Priester-Herrschaft

Feudalismus, Handelskriege, Adelsmacht und die Vorstellung metaphysisch-nietzscheanischer Über-Menschen wird zu einem Gebräu verschränkt, das man vor fast hundert Jahren "orientalische Despotie" nannte.

Wie in den "Mad Max"-Filmen und unserer Gegenwart geht es um Energie. Und knappe Ressourcen. Aber nichts ist auf dem Wüstenplaneten kostbarer als Wasser, wenn man überleben will.

Man muss auch an das Wüstenepos von T. E. Lawrence, des unschuldig-schuldigen "Lawrence von Arabien" denken. Auch dies ist eine Fabel über die Tücken der Herrschaft, die zu einer Abkehr vom reinen Humanismus führt, den die perfekte Zendaya als Chani verkörpert.

So ist dieser Film Kino jenseits von gut und schlecht. Kommerziell dürfte er die bisherige Fantasy- und Superhelden-Science-Fiction des 21. Jahrhunderts in den Schatten stellen.

Ein dritter Teil wird angedeutet. Der dürfte das bereits diesmal aufscheinende Tyrannenpotential des Helden Paul entfalten.

Zickenkrieg im Wüstensand

Mehr als angedeutet wird zudem ein Zickenkrieg zwischen der Wüstenprinzessin und der Königstochter Irulan (Florence Pugh), die hier auch als Erzählerin aus dem Off fungiert, und deren blaues Blut das blaue Wasser von Arrakis ebenbürtig kontert.

Klar, dass Königssohn zu Königstochter findet und weniger weiße Bauerntöchter am Ende das Nachsehen haben.

So gilt der letzte Satz des Films: "The Holy War begins" – famous last words.

Wir lernen: Macht ist gut. Es kommt aber darauf an, was man mit ihr macht.

Nicht nur, weil in Jordanien und Abu-Dhabi gedreht wurde, und weil hier ein Beduinenvolk im Zentrum steckt, das sich wie im Jemen in Nord- und Südhälften teilt, liegen die Analogien zu gegenwärtigen arabischen Verhältnissen und Gaza-Israel-Metaphern nahe, wobei die Sympathien der Macher ganz klar bei den Fremen sind, die sich wie im richtigen Leben in Fundamentalisten und Technikfreunde teilen.

Sollte Paul tatsächlich ein Messias sein und sich nicht zum Saulus wandeln, oder der achte Imam werden, löst er bestimmt am siebten Tag auch den Nahostkonflikt.