Dunkle Wolken über Europas Ökostrom-Markt: Führende Produzenten senken Wachstumsziele
Dunkle Wolken über Europas Ökostrom-Markt. Führende Produzenten wie Statkraft senken Wachstumsziele. Grund: sinkende Renditen. Ist die Energiewende in Gefahr?
Über dem Markt für Wind- und Solarkraftwerke in Europa ziehen dunkle Wolken auf. Der norwegische Staatskonzern Statkraft, Europas größter Produzent von Ökostrom, hat nun seine Wachstumsziele gesenkt. Grund seien sinkende Strompreise und steigende Kosten, teilte das Unternehmen am Donnerstag mit.
Europas Ökostrom-Marktführer Statkraft senkt Wachstumsziele
Die seit April amtierende Statkraft-Chefin Birgitte Vartdal versprach eine "geschärfte" Strategie, um in einem schwierigeren Umfeld zu bestehen. "Der Übergang von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien vollzieht sich in Europa und dem Rest der Welt mit zunehmender Geschwindigkeit. Allerdings sind die Marktbedingungen für die gesamte Branche der erneuerbaren Energien schwieriger geworden", sagte Vartdal laut Financial Times (FT).
Das Unternehmen plant jetzt, ab 2026 jährlich 2 bis 2,5 Gigawatt (GW) Onshore-Wind-, Solar- und Batteriespeicherkapazität zu installieren – genug, um rund 2,5 Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen. Zuvor hatte Statkraft 2,5 bis 3 GW pro Jahr ab 2025 und 4 GW pro Jahr ab 2030 angepeilt.
Bei der Offshore-Windenergie sollen bis 2040 insgesamt 6 bis 8 GW statt der bisher geplanten 10 GW ausgebaut werden. "Wir glauben weiterhin fest an die Offshore-Windenergie und wollen in diesem Bereich bleiben, aber wir schrauben unsere Ambitionen etwas zurück", so Vartdal.
Offshore-Windenergie: Statkraft schraubt Ambitionen zurück
Statkraft ist nicht der einzige europäische Energieversorger, der im vergangenen Jahr seine Wachstumspläne zurückgeschraubt hat. Der dänische Offshore-Windgigant Ørsted reduzierte seine Ziele für 2030 um mehr als 10 GW, nachdem Projekte in den USA auf Hindernisse gestoßen waren.
Auch der portugiesische Versorger EDP senkte im Mai seine Jahresziele und verwies auf "niedrigere Strompreise und ein längerfristig höheres Zinsumfeld", so Vorstandschef Miguel Stilwell d'Andrade laut FT.
Trotz politischen Drucks: Energieversorger reduzieren erneuerbare Energien
Diese Schritte erfolgen trotz des wachsenden politischen Drucks, erneuerbare Energien auszubauen. Auf dem Klimagipfel COP28 im November hatten sich die Länder darauf geeinigt, die weltweiten Kapazitäten bis 2030 zu verdreifachen.
"Projekte sind viel schwieriger geworden und die relativen Renditen sind einfach nicht mehr da", sagt Vegard Wiik Vollset von der Beratungsfirma Rystad Energy gegenüber FT. "Ich würde sagen, das ist nicht gut für die Energiewende. Ihre relative Geschwindigkeit ist infrage gestellt.
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Überangebot an Ökostrom drückt Preise unter null
Hintergrund ist ein Überangebot an erneuerbarem Strom, das die Preise an den Strommärkten immer öfter unter null drückt. Solarparks in Spanien und Windkraftanlagen in Norwegen produzierten im Mai Rekordmengen an Ökostrom. Zeitweise überstieg das Angebot die Nachfrage bei Weitem.
Bloomberg berichtete, dass sich laut der EU-Marktaufsichtsbehörde ACER die Zahl der negativen Großhandelspreise im vergangenen Jahr verzwölffacht hat – eine "Explosion", die hauptsächlich in Nordeuropa stattfand. In Deutschland, dem größten Strommarkt Europas, gab es 2022 rund 300 Stunden mit Preisen unter null. In diesem Jahr könnte sich diese Zahl verdoppeln, schätzt die Analysefirma EnAppSys laut Bloomberg.
Negative Strompreise könnten Investoren abschrecken
Auch außerhalb Europas greift der Trend um sich: In Australien fielen die Strompreise 2022 in rekordverdächtigen 14 Prozent der Fälle unter null – Tendenz steigend. Auch in Kalifornien fielen die Preise bis April bereits in 592 Stunden ins Minus – mehr als im gesamten Vorjahr.
Sinkende Renditen für erneuerbare Energien könnten Investoren davon abhalten, neue Solar- und Windparks zu bauen. "Negative Preise werden den Ausbau der erneuerbaren Energien für die meisten Akteure verlangsamen", warnt Axel Thiemann, Chef des Solarentwicklers Sonnedix, laut Bloomberg.
Batteriespeicher als Lösung für Preisschwankungen
Alexander Hauk vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) beobachtete demnach bereits, dass das Interesse an Investitionen in Solarparks stark zurückgeht". Wenn Europa bis 2030 mehr als zwei Drittel seines Stroms aus erneuerbaren Quellen gewinnt, könnten laut dem Analysehaus BNEF Minuspreise zur neuen Normalität werden.
Als Lösung müssen Speicher wie Batterien massiv ausgebaut werden, um überschüssigen Strom für wind- und sonnenarme Zeiten zu speichern. "Wir müssen die Unterbrechungen im Markt in den Griff bekommen", sagt Statkraft-Chefin Vartdal. "Negative Preise sind auch eine Chance, Werte zu schaffen."