EMA: Weiterimpfen, aber auf Symptome achten

Grafik: TP

Der Nutzen des Astrazeneca-Serums überwiegt dem Urteil der EU-Arzneimittelbehörde nach die Risiken

Die EU-Arzneimittelbehörde EMA empfiehlt den vom britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca angebotenen Corona-Impfstoff AZD1222 nach einer Sondersitzung ihres Pharmacovigilance Risk Assessment Committees (PRAC) weiter. Ihrem Urteil nach überwiegt der Nutzen des Serums die Risiken. Eine "kausale Verbindung" mit Koagulationsstörungen sei nicht bewiesen, werde aber weiter untersucht. Wer nach einer Atemnot, Schmerzen im Brust- oder Bauchbereich, Schwellungen oder Kältegefühle in Armen oder Beinen, stärker werdende Kopfschmerzen, Sehstörungen, anhaltende Blutungen oder Hämatome bemerkte solle umgehend um medizinische Hilfe ersuchen und dabei die Impfung erwähnen.

Vorher hatten Deutschland, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Island, Irland, Bulgarien, die Niederlande und Thailand die Impfungen mit dem Serum vorerst gestoppt, nachdem es zu einer Häufung von Blutungen und teilweise tödlichen Hirnvenenthrombosen kam (vgl. Deutschland, Frankreich, Italien: Astrazeneca-Impfung ausgesetzt).

Zahl der bekannten Hirnvenenthrombosefälle nach einer Impfung mit AZD1222 steigt

In Deutschland hatte sich das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sieben Fälle von Geimpften zwischen 20 und 50 Jahren angesehen und war dabei zum Ergebnis gekommen, dass hier ein "Muster" erkennbar und ein Zusammenhang der Sinusvenenthrombosen mit den Impfungen "nicht unplausibel" sei. Inzwischen stieg die Zahl der bekannten Hirnvenenthrombosen in der Bundesrepublik nach einer Astrazeneca-Injektion auf 13. Zwölf davon betreffen Frauen im Alter zwischen 20 und 63 Jahren. Und drei der Erkrankten starben. Zu einem weiteren Fall, über den das Straubinger Tagblatt berichtet, liegen noch keine näheren Erkenntnisse vor: Er betrifft eine 37-Jährige ohne Vorerkrankungen, die ihrer Schwester zufolge nach der Impfung mit AZD1222 über Fieber, Kopfschmerzen und Schüttelfrost klagte und am Freitag starb.

Frank Bergmann, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein, spekulierte anhand des hohen Frauenanteils unter den Fällen in der Rheinischen Post über möglicherweise "potenzierte" Thromboserisiken bei Geimpften, die Hormonpräparate zur Empfängnisverhütung einnahmen. Die "Pille" gilt nämlich neben einer genetische Disposition, langen Flugreisen mit engen Sitzreihen und Schreibtischjobs mit sehr langen Arbeitszeiten als einer der wichtigsten Faktoren bei der Bildung von Blutgerinnseln. Ähnliche Überlegungen stellte der Medizinjurist Alexander Ehlers von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht bei Frankfurt im Deutschlandfunk an.

Haftungsrisiko trägt der Steuerzahler

Die gestern bestätigte Empfehlung der EMA wird nun vom PEI und von der Ständigen Impfkommission (Stiko) beim Robert-Koch-Institut (RKI) bewertet und an das Bundesgesundheitsministerium weitergegeben. Dessen Sprecher Hanno Kautz hatte bereits am Mittwoch verlautbart, es sei "klar, dass wir der Entscheidung folgen". Das damit verbundene Haftungsrisiko trägt der Steuerzahler. Anders als von Angela Merkel suggeriert sehen die Verträge der EU-Kommission mit Astrazeneca nämlich keine umfassende Haftung des Unternehmens vor, sondern stellen es - im Gegenteil - weitgehend davon frei.

Der zweitweise Stopp der Impfungen mit dem Astrazeneca-Serum sorgte dafür, dass der ursprünglich für den 17. März geplante deutsche Impfgipfel auf den heutigen Josefitag verschoben wurde. Kanzlerin Merkel und die Regierungschefs der deutschen Bundesländer wollen dabei unter anderem konkretisieren, wenn und wie die deutschen Hausärzte mit der Verabreichung von Impfstoffen beginnen können.

Darüber hinaus dürfte aus auch um die am Mittwoch von der EU-Kommission angekündigten "Digitalen Grünen Zertifikate" gehen, die nicht nur Auskunft über Sars-CoV-2-Impfungen, sondern auch über abgeklungene Infektionen geben sollen (vgl. Von der Leyen: EU-Verordnung für Corona-Pässe bis Juni). Solche überstandenen Infektionen schützen einer gestern in The Lancet veröffentlichten dänischen Studie nach nicht hundertprozentig vor einer Wiederansteckung: Bei Unter-65-Jährigen liegt der Schutz dafür bei 80 Prozent, bei Über-65-Jährigen nur bei 47. Da die Autoren dieser Studie die Ergebnisse von PCR-Tests auswerteten, ist ihre Aussagekraft allerdings nicht unumstritten.

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