EU: Innenminister für Einrichtung von Transitzentren in Balkan-Ländern
EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos betont, dass es nicht darum gehe, Internierungseinrichtungen zu schaffen
Die Erfolgsmeldung des EU-Migrationskommissars Dimitris Avramopoulos ist sehr bemüht. Von "ausgezeichneter Arbeit" ist die Rede und dass die Anstrengungen in der Flüchtlingskrise nochmals hochgeschraubt würden. Aber schon eine Zahl lässt die Luft aus dem Soufflé. Am Ende der Aufzählung der erreichten "wichtigen Fortschritte", steht die Zahl 147.
Sie gibt an, wie viel Asylsuchende bis zum gestrigen Sondertreffen der EU-Innenminister in Brüssel von den Außengrenzenstaaten Italien und Griechenland "relocated", also nach einem Plan umgesiedelt, wurden. Die Überschrift zu diesem Plan heißt in der Behörde: "Hotspots Approach", die Einrichtung von Aufnahme- und Verteilzentren. Viel Erfolg hat der Plan noch nicht aufzuweisen.
147 sind ein winzig kleiner Bruchteil der täglich Neuankommenden - nur ein Anfang, so Avramopoulos, "ein wichtiger Anfang". In seiner Zwischenstandsmeldung werden nur "Hotspots", die auf Lampedusa eingerichtet sind, erwähnt. Andere würden folgen, bis Ende November.
Man hatte sich zur Eröffnung von sechs Hotspots verpflichtet, aber nur einen eröffnet, erklärte der italienische Innenminister Angelino Alfano gestern. Schneller gehe das nur, wenn auch die Umsiedelung ("relocation") besser funktioniere.
"Tempo, Tempo, Tempo" fordert auch die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner: "Und ich glaube, es ist ein Mythos zu sagen, dass die griechisch-türkische Grenze nicht geschützt werden kann."
Offensichtlich ist es so, dass der Ansatz mit den Registrierungszentren an den Außengrenzen, bislang wenig erfolgreich war, um mehr Ordnung, Steuerungsmöglichkeiten und generell Übersicht in die Ankunft der vielen Flüchtlinge in der EU zu bringen. Die Zeit drängt, äußert auch der Luxemburgische Außenminister Asselborn, ein paar Krisen-Monate ohne Lösung noch und die EU könnte auseinanderbrechen.
So verlegten die EU-Innenminister den Fokus nun auf Transitzentren: Länder, die auf der sogenannten Balkan-Route liegen, sollen mehr Unterstützung bekommen, also Geld und Personal, um Registrierungs- und Zwischenaufenthaltsunterbringungszentren aufzubauen.
Was die Hotspots in Griechenland oder Italien nicht schaffen, soll in den Transitländern erfolgen. Ursprünglich war in dem 17-Punkte-Papier der EU-Kommission vor gut zwei Wochen (vgl. EU-Sondertreffen: Kleinere Maßnahmen gegen ein zu großes Problem) vorgesehen, angesichts des herannahenden Winters die Aufnahmekapazitäten an den Grenzen der Staaten auf der Balkanroute auf 100.000 zu erhöhen. Diese Aufgabenstellung wird nun mit der Aufgabenstellung "Registrierung" bzw. Abschottung gegenüber "Personen ohne Bleibeperspektive" kombiniert.
Laut Jean Asselborn muss an dem Konzept noch gefeilt werden. Nach Aussagen von EU-Diplomaten, die von Reuters zitiert werden, sieht es ganz nach einer Überschneidung zwischen den Unterbringungen zum Schutz der Geflüchteten und der Registrierungsstellen für Asylsuchende aus.
Dass dem so ist, zeigen auch begleitende Kommentare, die man von der Diskussion über die Einrichtung von Transitzonen an der deutschen Grenze kennt. So beteuerte Dimitris Avramopoulos, dass es keinen Plan gebe, "Haftzentren" einzurichten. Der grundlegende Gedanke sei es, für Personen, die durch den Balkan reisen, einschließlich der Flüchtlingen aus Syrien und aus Asien , die Arbeit in Europa suchen, "Unterstützung und Hilfe" zu leisten. Auch Asselborn sprach davon, dass das Ziel keineswegs sei, Migranten zu internieren oder einzusperren.
Notiert wird dazu, dass die zusätzliche Ausstaffierung der Unterbringungszentren auf der Balkanroute mit Einrichtungen zur Registrierung und dem Abweisen von Migranten, auf Druck aus Deutschland und Schweden erfolge. Beide Staaten hätten deutlich gemacht, dass ihre Aufnahmekapazitäten erschöpft seien. Dazu gibt es immer wieder Andeutungen, dass Grenzen geschlossen werden könnten (Wollen Merkel und Seehofer statt einer "Obergrenze" mit den Transitzonen gleich die Grenzen ganz schließen?). Damit verbunden wären große Schwierigkeiten für die Transitländer.