EU-Sondertreffen: Kleinere Maßnahmen gegen ein zu großes Problem
Flüchtlingskrise: Transitländer melden Rekordzahlen, der Sondergipfel meldet ein 17-Punkte-Programm, mit 100.000 neuen Aufnahmeplätzen auf der Balkanroute und mehr Frontex an den Grenzen
Am Samstag sind 4.000 Flüchtlinge in Passau angekommen; am Sonntag zählte man 1.000 wartende Menschen im niederbayrischen Simbach am Inn, für die es "keine Unterbringungsmöglichkeit gebe", wird der Sprecher der Bundespolizei in Bayern, Frank Koller, zitiert, die Kapazitäten seien "erstmal dicht".
Koller ("Wir saufen heute ab") kritisierte das Nachbarland. Österreich würde entgegen einer klaren Absprache mehr Menschen über die Grenze lassen. Abgemacht seien 50 Flüchtlinge pro Stunde an den wichtigsten Übergängen - damit man sie registrieren und unterbringen könne -, tatsächlich werde diese Zahl aber "deutlich überschritten".
Vom österreichischen Spielfeld an der Grenze zu Slowenien wird berichtet, dass 42 Busse und ein Sonderzug 2.800 Flüchtlinge zur Weiterreise nach Graz, Wien und Kärnten bringen sollten, "um den Druck von Spielfeld zu nehmen". Auch Taxifahrer durften am Sonntag Flüchtlinge nach Salzburg fahren - Preis etwa 600 Euro, nach Wien kostet es 400 Euro.
Der Polizeisprecher Furtner beklagte, dass die deutschen Behörden im Laufe des Sonntags immer weniger Flüchtlinge übernommen hätten. Man erwarte eine schwierige Nacht in Oberösterreich.
In Slowenien rechnet man bis Sonntag Mitternacht mit etwa 15.000 Flüchtlingen. Man habe fünf Züge mit Flüchtlingen und 1000 weitere Menschen in Bussen an die Grenze nach Österreich gefahren. Wenn es bei dem Krisentreffen in Brüssel, das für Sonntagabend anberaumt war ("Kleiner EU-Gipfel" gegen Asylbewerberweiterleitung) zu keiner Lösung komme, so slowenische Ministerpräsident Miro Cerar, "dann sei es das Ende der EU als ganzes".
"Keine Politik des Durchwinkens mehr"
EU-Kommissionspräsident Juncker gab vor, dass man die "Politik des Durchwinkens" beenden müsse und geordnete Verfahren und Verhältnisse entlang der West-Balkan-Route gewährleisten.
Da das Sondertreffen mit Regierungschefs aus Albanien, Österreich, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Rumänien, Serbien und Slowenien in dieser Form keine Beschlusskraft hat, ging es, so die Tagesschau, im Grunde um die Wiederherstellung des europäischen Geistes", also um ein besseres Gesprächsklima zwischen den zerstrittenen Länder auf der "Balkan-Route" und um Vorschläge.
Herauskam die Einigung über einen 17-Punkte-Plan. Darin geht es um einen besseren Informationsaustausch- und bessere Absprachen zwischen den Ländern - es sollen Kontaktstellen in den Ländern geschaffen werden, die täglich Informationen über Flüchtlingszahlen und Maßnahmen untereinander austauschen.
Ein wichtiger Punkt angesichts des Winters und der Meldungen über Flüchtlinge, die Nächte im Freien verbringen, war der Ausbau von Unterkunftsmöglichkeiten für ankommende Flüchtlinge und die Gewährleistung der Versorgung mit dem Nötigsten, wozu das UNHCR mehr involviert werden soll. Mit Hilfe der UN-Flüchtlingsorganisation sollen die Aufnahmekapazitäten an den Grenzen auf der Balkanroute auf 100.000 erhöht werden - in Griechenland allein bis Ende des Jahres auf 30.000, dann sollen nochmal 20.000 Plätze hinzukommen.Dazu soll das Land finanzielle Unterstützung von der EU erhalten.
Im Mittelpunkt der Absicht zum verstärkten Grenzmanagement standen die EU-Außengrenzen zwischen Griechenland und der Türkei - vergangene Woche sind laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) 48.000 Migranten von der Türkei aus auf der griechischen Insel Lesbos angekommen.
Mit der Türkei sind erst nach den Wahlen Anfang November verlässlichere Absprachen zu treffen, so stand also Griechenland im Mittelpunkt und die Lösungsvorschläge waren im Wesentlichen ganz die gewohnten. Man macht Druck auf Athen, damit die "Hot-Spots" an den Grenzen zur Türkei endlich funktionieren. Bis Jahresende soll das machbar sein, hat Tsipras versprochen.
Mehr Frontex soll an den Grenzen eingesetzt werden, nicht nur an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei, sondern auch zwischen Bulgarien und der Türkei, zwischen Griechenland und Mazedonien. Auch in Albanien sollen Frontex verstärkt eingesetzt werden wie auch an der Grenze zwischen Kroatien und Serbien. Man legt großen Wert darauf, dass die Registrierung und das Abnehmen von Fingerabdrücken ordnungsgemäß verläuft. Slowenien soll binnen einer Woche 400 zusätzliche Grenzpolizisten und Ausstattung erhalten.