EU finanziert internationales Polizeitraining in Nordrhein-Westfalen
Einige Verteidigungsministerien entsenden ihre Gendarmerie. Die ebenfalls teilnehmende Bundespolizei könnte dadurch militärische Kenntnisse erlangen
Unter dem Namen "European Union Police Services Training" (EUPST) plant die Europäische Union eine weitere Staffel internationaler Übungen von Polizei- und Gendarmerietruppen. Die Federführung liegt bei der niederländischen Gendarmerie (Königliche Marechaussee). Frühere Trainings sollten das Zusammenwirken europäischer Einsatzhundertschaften verbessern und einheitliche Standards für Polizeimissionen entwickeln. Im Fokus steht die Zusammenarbeit mit afrikanischen Staaten.
2008 starteten die Veranstaltungen zunächst als "European Police Force Trainings" (EUPFT). Fast alle größeren EU-Mitgliedstaaten beteiligten sich mit Einheiten von Polizei und Gendarmerie. Zu den rund 1.800 Teilnehmern gehörten auch Gendarmen aus der Ukraine (EU plant weitere Polizeiausbildung zur Aufstandsbekämpfung).
Drei Jahre später folgte die erste Staffel der EUPST unter Beteiligung des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD). Dem EAD obliegt mit dem Lissabon-Vertrag die "Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik" der Europäischen Union. Im Zuge der Neuorganisation der zivil-militärischen EU-Institutionen werden auch die Polizeitrainings stärker in die Politik des EAD eingebettet. Für die neue Staffel der EUPST wertete der zum EAD gehörende Dienst für außenpolitische Instrumente deshalb zunächst frühere Trainings aus.
Europäische Gendarmerietruppe als Partner
An der ersten Staffel des EUPST nahmen Spezialeinheiten aus Kenia, Kamerun, Ruanda, Uganda und dem Sudan teil. Die neuen Übungen sind bereits fertig geplant, mit ihrer Umsetzung soll im ersten Halbjahr 2016 begonnen werden. Während die EUPFT mit 2,4 Millionen Euro finanziert wurden, kosteten die EUPST mit 5,6 Millionen bereits mehr als das Doppelte.
Laut der Webseite des EUPST II gehören 14 "Partner" zum Konsortium: Bulgarien, Zypern, Estland, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien, die Niederlande, Großbritannien sowie die EU-Polizeiakademie. Auch die Europäische Gendarmerietruppe (EUROGENDFOR) ist als "Assoziierter Partner" beteiligt. Am Sitz der EUROGENDFOR im italienischen Vicenza betreibt die Truppe eine Polizeiakademie.
Vor vier Jahren hatte der Europäische Auswärtige Dienst abgefragt, welche zivilen Kapazitäten die EU-Mitgliedsstaaten für militärische Mission beisteuern können. Von Interesse waren die "Integrated Police Units" (IPU) und "Formed Police Units" (FPU). FPU sind Einheiten der Bereitschaftspolizei, die einem zivilen Kommando unterstehen müssen und erst nach einer Befriedung kriegerischer Auseinandersetzungen in Krisengebieten eingesetzt werden. Als IPU gelten Gendarmerien, die für Einsätze in Bürgerkriegsszenarien besonders geeignet sind. Sie unterstehen in der Regel den Verteidigungsministerien (Mehr Einbindung der Europäischen Gendarmerietruppe in EU-Sicherheitspolitik).
Vorbereitung in Lübeck
Deutschland unterhält mit seiner Auslandshundertschaft der Bundespolizei ebenfalls eine FPU. Die Bundespolizei ist auch Mitglied im Konsortium des EUPST II, die Polizeien der Länder Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg nehmen ebenfalls an Trainings teil. Für die Vorbereitung der Trainings in Weeze führte die Bundespolizei im Januar ein 5-tägiges Seminar in der Polizeiakademie Lübeck durch. Ein weiteres Modul ist im Mai geplant.
Vom 4. bis 15. April 2016 soll in Weeze/ Nordrhein-Westfalen eine Übung auf einer privaten Ortskampfanlage durchgeführt werden. Die "Training Base Weeze" entstand aus einer ehemaligen Royal Air Force Base und wird von einer GmbH betrieben. Beworben als "multidisziplinärer Trainingscampus" für Behörden mit Sicherheitsaufgaben handelt es sich laut der GmbH um das "größte Übungszentrum seiner Art in Europa".
Unter anderem für Übungen zur Bekämpfung von Unruhen können Einsatzhundertschaften in einer Schule und einem Freibad, einem 200m langen Autobahnabschnitt, drei Gleisabschnitten, einer Tankstelle mit Tankwagen, einem Kraftwerk und einem "Flugzeugdummy" trainieren. Die Anlage wird von einer Trabanten-Wohnsiedlung mit mehr als 100 Häusern umsäumt.