EU plant Gesetz gegen Einflussnahme "ausländischer Akteure"

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Potentiell undemokratische Einflüsse von NGO und Beratungsfirmen sollen bekämpft werden. Parallelen zu russischen und US-Gesetzen. Was für und gegen das Vorhaben spricht.

In der EU-Kommission wird ein Gesetz vorbereitet, das den "ausländischen Einfluss in der EU bekämpfen soll", berichtet die Publikation Politico. Den politischen Rahmen dafür stellt, was man "Informationskrieg" nennen kann.

Beabsichtigt ist, grobgefasst, per Gesetz von ausländischen Akteuren Transparenz über ihre Finanzierung einzufordern, um somit in einem größeren Horizont ("defense of democracy") einer Unterminierung demokratischer Grundlagen entgegenzuarbeiten.

Nichtregierungsorganisationen (NGO), Beratungsfirmen ("consultancies") und akademische Einrichtungen sollen damit dazu gezwungen werden, "jegliche Nicht-EU-Finanzierung offenzulegen, um den ausländischen Einfluss in der EU zu bekämpfen". Die Informationen dazu stammen von drei Quellen, wie Politico angibt.

Von den drei ungenannten Quellen, offenbar aus Insiderkreisen der EU-Kommission, ist aber nichts über den Inhalt zu erfahren. Mitgeteilt wird aus der Kommission ein etwas unbehagliches Gefühl, da doch gerade ein Gesetz über ausländische Akteure beim EU-Beitrittskandidaten Georgien zu Tumulten geführt hat.

"Das ist natürlich eine heikle Angelegenheit", sagte der Kommissionsbeamte. "Wir befinden uns noch in der Anfangsphase, in der wir Informationen von einer Vielzahl von Interessengruppen einholen, um sicherzustellen, dass wir den richtigen Ansatz wählen.

Politico

Bis Ende Mai soll das Gesetz fertiggestellt sein, hat der Brüsseler Redakteur des Magazins, Nicholas Vinocur, von seinen Quellen erfahren. Noch befinde sich die Arbeit daran in einem sehr frühen Stadium. Es würden noch "vorläufige Überlegungen" zu dem Gesetz diskutiert. Konkret wird dazu nur mitgeteilt:

Es ist unwahrscheinlich, dass die EU-Version auf Einzelpersonen abzielt, aber sie würde sowohl kommerzielle als auch gemeinnützige Organisationen (...) dazu zwingen, Nicht-EU-Finanzierungen offenzulegen, die mit Transaktionen wie der Bezahlung von akademischen Studien verbunden sind.

Politico

"Verteidigung der Demokratie"

Das klingt relativ harmlos. Demgegenüber verrät der Rahmen, der zum Gesetzesvorhaben erwähnt wird, weitreichende politische Ambitionen: Es ist das Paket zur "Verteidigung der Demokratie", das die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union im September 2022 ankündigte.

Zum Paket gehört, so Politico, die Arbeit an einem Gesetz zu ausländischem Einfluss. Ausarbeiten soll es die EU-Kommissarin für Werte und Transparenz, Věra Jourová.

Doppelmoral? Brüssel plant "russisches Gesetz"

Das Gesetz hat ein Politikum, das durch den Streit über Georgiens Gesetz zu ausländischen Akteuren an Brisanz zugelegt hat. In sachlicher Frageform lautet das Politikum: Hat die EU einen besseren Ansatz? Und als Vorwurf, gewissermaßen in Großbuchstaben: Ist hier wieder einmal "Doppelmoral" im Spiel?

Die politische Brisanz und den Verdacht, dass dem so sein könnte, bringt der freie Brüsseler Korrespondent Eric Bonse lakonisch in einer Überschrift unter: Foreign Agents: Brüssel plant selbst ein "russisches" Gesetz (gegen Russland). In Russland, so Bonse, "wurde ein Gesetz zu 'Foreign Agents' genutzt, um westliche NGOs auszuschalten. Nun will die EU offenbar verdeckten russischen Aktivitäten auf die Spur kommen".

Nun kommt es, wie an anderer Stelle opulent und beredt ausgeführt wird, wenn es um Ordnung und Macht geht, viel auf das Kleingedruckte an. "Kleingedruckt" heißt im Fall des Gesetzes zu ausländischen Akteuren angesichts der großen Überschriften zunächst einmal, dass es Unterschiede gibt.

Öfter wird das US-amerikanische Gesetz namens FARA im Zusammenhang mit dem Streit in Georgien in die Diskussion gebracht (nicht zuletzt auch von georgischen Parlamentariern). Als Argument dafür, dass auch die Seite, die sich als die moralisch gute, demokratische positioniert, ein derartiges Gesetz aufgestellt hat, das den Einfluss ausländischer Akteure kontrolliert.

Im Foreign Agents Registration Act (FARA) sehen auch kritische Propagandaforscher, wie Jörg Becker im Telepolis-Interview mit der Medienwissenschaftlerin Sabine Schiffer, gute und politisch wichtige Gründe (mit Seitenhieben auf die Verächtlichmachung russischer Gesetzgebung durch Übersetzungsfehler):

Mit diesem Gesetz können Wissenschaftler heutzutage noch gut arbeiten, weil man bei bestimmten Kriegen nachgucken kann, welche US-amerikanischen Public Relations Agenturen haben für welche Regierung, für welches Staatsoberhaupt, für welchen König oder für wen auch immer eine Beratungstätigkeit übernommen.

Das gibt Wissenschaftlern die Möglichkeit einer empirischen Auswertung, nicht nur einer vagen Vermutung, dass da schon wieder PR-Agenturen rumfummeln. Nein, man kann die sich namentlich angucken. Man kann gucken, wie hoch ist der Geldbetrag, der in Werbung für eine ausländische Regierung gesteckt wird. Man kann auch genau gucken, was sind die Tätigkeiten. (…)

Dieses Gesetz von 1938 ist beispielhaft als Informationsfreiheitsgesetz zu betrachten. Es gibt das in keinem anderen Land: Das heißt auf gut Deutsch, dass entsprechende Aktivitäten einer französischen PR-Agentur oder einer deutschen PR-Agentur in den Balkan-Kriegen nirgendwo systematisch zu erfassen war. Wir wissen allerdings für die deutsche Seite, dass die Agentur Hunzinger in Frankfurt sehr aktiv gewesen ist in diesem Krieg.

Jörg Becker

So gesehen steckt in einem Gesetz, das mehr Transparenz von ausländischen Akteuren fordert, ein aufklärerisches Potential.

Es wäre zu wünschen, dass sich die EU-Kommission davon leiten lässt; zu erwarten ist aber auch, dass das Gesetz sich tendenziell nach einer strikten politischen Anti-Russland-Agenda ausrichtet und einseitig gerät.