EXPO mit angezogener Handbremse in die Endphase

Sinkende Besucherzahlen - 100-Tage-Fazit - Sonderaktionen

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Die EXPO-Strategen hatten es immer vorausgesagt: Zum Ende der Weltausstellung strömt das Volk noch einmal, um letztlich doch noch bei der EXPO 2000 gewesen zu sein. Doch das Wetter macht angeblich selbst den inzwischen verhaltenen Prognosen einen Strich durch die Rechnung. Um noch mehr Besucher anzulocken, haben sich das EXPO-Management und die teilnehmenden Nationen diverse Sonderaktionen einfallen lassen. Eine Verlängerung wird es definitiv nicht geben.

Knapp 95.000 Menschen besuchen inzwischen täglich die Weltausstellung. Zum Tag der Gewerkschaften am 2. September wurde mit 156.000 zahlenden Gästen sogar ein neuer Besucherrekord aufgestellt, der gestern noch einmal mit angeblich über über 170 000 Gästen übertroffen wurde. Viele Besucher kamen, um in die Pop- und Techno- Konzerte von "Lovestern Galaktika meets Expo 2000" zu gehen. Dennoch macht sich Ernüchterung breit, denn die Besucherzahlen sind inzwischen deutlich rückläufig.

In der Woche vom 1. bis 7. September kamen nur noch 757.703 EXPO-Besucher. EXPO-Geschäftsführer Reinhard Volk nennt als einen Grund, dass die Menschen aus der Region inzwischen fast alle wieder arbeiten müssten. Auch das schlechte Wetter der vergangenen Woche hält er für einen entscheidenden Faktor. Getragen werden diese Besucherzahlen aber immer noch von den vielen Abendgästen aus der hannoverschen Region.

Kritiker gehen sogar davon aus, dass in den nächsten Wochen noch weniger Besucher kommen werden, denn immer noch lebt die EXPO zu einem großen Teil von niedersächsischen Gästen. Nur Sonderaktionen wie am Tag der Gewerkschaften oder Veranstaltungen wie die des NDR locken mehr abendliche Besucher auf das Gelände. Entsprechend will man ihnen in den nächsten Wochen noch weitere Anreize geben. Noch will man nicht zu viel verraten, aber man sprach von abendlichen Illuminationen auf dem Gelände der Weltausstellung oder Gruppendarbietungen wie z.B. Shanty Chören. Das internationale Kulturprogramm hat sich inzwischen kräftig gemausert, sodass man fast jeden Abend spezielle Veranstaltungen erleben kann. Besonders die lateinamerikanischen Länder haben die EXPO in dieser Beziehung bereichert.

Zufrieden sind die EXPO-Verantwortlichen dagegen mit den Schüler-Besucherzahlen. Hier wurde am Freitag eine Schulklasse aus Gera persönlich von der niedersächsischen Kultusministerin Renate Jürgens-Pieper begrüßt. Mit der Klasse hat nämlich inzwischen der "Millionste Schüler" die Weltausstellung besucht. Angestrebt waren hier 1.25 Millionen und zur Zeit liegen feste Buchungen von 1.1 Millionen vor. Bei gleicher Gelegenheit wurde im Jugendcamp der 100.000 Übernachtungsgast willkommen geheißen.

100-Tage-Fazit

Auch nach 100 Tagen Weltausstellung bleibt in wirtschaftlicher Hinsicht wenig Erfreuliches zu berichten. Birgit Breuel zog eine kritische Bilanz. Gegenüber dpa sagte sie, es sei nicht alles wie geplant verlaufen. Insbesondere enttäuscht sei sie von der Differenz zwischen den realistischen und geplanten Zahlen. Entgegen den Erwartungen von 40 Millionen haben bislang erst 9.4 Millionen Menschen die Weltausstellung besucht. Dennoch sprach sie gleichzeitig von einem inhaltlichen Erfolg. Insbesondere sei die EXPO ein lebendiges Beispiel für mehr Toleranz und Völkerverständigung. Noch gilt es als fraglich, ob die inzwischen neu kalkulierten 14 Millionen Besucher erreicht werden und so das Defizit von bislang errechneten 3.4 Milliarden DM nicht weiter steigen werde.

Sonderaktionen

Der Themenpark bleibt jetzt jeden Freitag bis 24 Uhr geöffnet. Diese Maßnahme dient hauptsächlich der Zufriedenheit der Abendkartenbesitzer, denn bislang musste man ab 18 Uhr durchschnittlich mit 90 Minuten Wartezeit am Themenbereich "Planet of Visions" und des "21. Jahrhunderts" rechnen. Mehr Besucher wird diese Sonderaktion nicht zwangsläufig auf das Gelände locken, zumal sich die Abendstunden inzwischen deutlich abgekühlt haben. Ziel solcher Aktionen ist es wohl, ein besseres Stimmungsbild der regionalen Besucher zureichen. Nur zufriedene Besucher, die viel in den verbleibenden Abendstunden erleben, werden die Kröte von steuerlichen Mehrbelastungen in Niedersachsen schlucken. Schließlich hatten sie auf der EXPO ihren Spaß.

VW will an seinem Partnertag am 28. Oktober alle 100.000 Mitarbeiter mit verbilligten Tickets auf das Gelände locken. Sollte dieses Vorhaben gelingen, könnte zumindest in den letzten Tagen der Weltausstellung ein weiterer Besucherrekord aufgestellt werden. Wenn die VW-Angehörigen mit den "Kurz-vor-Toresschluss-doch-noch-mal-Besuchern" und den Schnäppchenjägern zusammentreffen, könnte vielleicht sogar die prognostizierte Schmerzgrenze von 450.000 Besuchern erreicht werden. Dann nämlich müssen aus Sicherheitsgründen die Tore geschlossen werden.