Ehemaliger Richter am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag vertritt Puigdemont

Carles Puigdemont. Foto: Adelais Domènech. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Wolfgang Schomburg fordert eine Nichtauslieferungserklärung der Bundesregierung

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Der Berliner Wolfgang Schomburg war früher unter anderem Richter am Internationalen Jugoslawien-Strafgerichtshof in Den Haag und am Internationalen Strafgerichtshof für den Völkermord in Ruanda. Nun arbeitet der Experte für internationales Strafrecht zusammen mit seinem Sohn, dem Wirtschaftsstrafrechtler Sören Schomburg, als Rechtsanwalt für den am Sonntag in Schleswig Holstein festgenommenen abgesetzten katalanischen Regionalregierungschef Carles Puigdemont.

Der Süddeutschen Zeitung zufolge ist Schomburg der Auffassung, dass das Auslieferungsverfahren nicht nur juristisch, sondern auch politisch beendet werden muss. Da die Regeln der Internationalen Rechtshilfe eine politische Bewilligung des spanischen Rechtshilfeersuchens verlangten, habe er Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) dazu aufgefordert, "unverzüglich" zu erklären, dass sie diese politische Bewilligung verweigern wird, damit "spanische Interessenskonflikte" nicht "auf deutschem Boden ausgetragen" werden.

Haftentlassung oder Bundesverfassungsgericht

Außerdem kündigte Schomburg an, das Bundesverfassungsgericht einzuschalten, falls Puigdemont nicht bald freigelassen wird. Das auch von anderen namhaften Juristen angegriffene Gewaltkonstrukt des spanischen Richters Pablo Llarenas hält er für "unhaltbar". "Tathandlung", so der Fachblogger Oliver García über diesen Kunstgriff, "soll dem Beschluss zufolge nicht erst Gewaltausübung oder zumindest Steuerung von Gewaltausübung sein, sondern bereits zurechenbare Gewaltgefahrschaffung".

"Eine solche extensive Interpretation ist" Garcías Meinung nach weder "mit der Garantiefunktion des geschriebenen Tatbestands" noch mit der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes zum Gewaltbegriff vereinbar (vgl. Puigdemont-Auslieferung: Nicht so einfach, wie die ARD meint). Puigdemont selbst betonte in seiner Aussage vor der Amtsrichterin "zu keinem Zeitpunkt in seinem Leben jemals Gewalt ausgeübt oder unterstützt" zu haben, die für ihn "gänzlich inakzeptabel" sei.

Anders als viele andere Juristen hält Schomburg aber auch den Vorwurf der Haushaltsuntreue für "abenteuerlich", weil er sich lediglich auf die Finanzierung des Unabhängigkeitsreferendums bezieht. Darüber hinaus bemängelt der Berliner ganz allgemein die Schlampigkeit des spanischen Haftbefehls, der sowohl mit "Europäischer Haftbefehl" als auch mit "Internationaler Haftbefehl" überschrieben sei.

Strafverfolgung katalanischer Politiker zentrales Thema auf der Generalversammlung der EFA

Puigdemonts iberische Anwälte übermittelten der katalanischen und spanischen Öffentlichkeit nach einem Besuch in der Justizvollzugsanstalt Neumünster die Botschaft, dass sich ihr Mandant "nie ergeben" und dass der Kampf um die Unabhängigkeit "lang, aber erfolgreich" sein werde. Die Gefängnisverwaltung und die Mithäftlinge hätten Puigdemont bislang gut behandelt und er habe Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat.

Außerdem bedankte sich der Katalane für die Unterstützung aus aller Welt, wobei er besonders Schottland und Belgien hervorhob. In diesen beiden Ländern regieren mit der SNP und der N-VA zwei Parteien der European Free Alliance (EFA), die derzeit über elf Sitze im Europäischen Parlament verfügt und sich als Vertreterin der "Interessen staatenloser Nationen und Regionen sowie traditioneller sprachlicher, kultureller und ethnischer Minderheiten" mit den "Kernanliegen Recht auf Selbstbestimmung, Souveränität sowie sprachliche und kulturelle Vielfalt" versteht.

Der Fall Puigdemont und die Strafverfolgung katalanischer Politiker werden auch zentrale Themen auf der Generalversammlung der EFA am 13. und 14. April sein, die dieses Jahr auf Einladung der Bayernpartei im Michel Hotel, dem ehemaligen Kaiserhof im niederbayerischen Landshut stattfindet. Neben gut 150 Delegierten aus 47 Parteien erwartet man dort auch sechs Europaparlamentarier aus Katalonien, Wales, Flandern, Galizien und der russischen Minderheitenvertretung in Lettland (vgl. "In Ost-Lettland gibt es keinerlei Absicht, sich abzuspalten").

Begleiter Puigdemonts festgenommen

In Spanien nahm die Nationalpolizei inzwischen zwei katalanische Mossos-d'Esquadra-Polizisten und einen Historiker fest, die Puigdemont auf seiner Reise nach Finnland begleitet hatten - während das katalanische Parlament eine Resolution verabschiedete, die verlangt, das neun bereits vorher festgenommene Unabhängigkeitsbefürworter freigelassen werden. Eine zweite gestern verabschiedete Resolution spricht Puigdemont das "politische Recht" zu, sich erneut zum Regionalregierungschef wählen zu lassen (vgl. Deutsche mehrheitlich gegen Auslieferung Puigdemonts).

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