Ein Bond für Angela Merkel

Seite 2: Nie ein "richtiger" James Bond

Denn Daniel Craig als James Bond war schon immer eine Doppel-Null: Mit ihm kam die Nabelschau, die auf den Sieg des Westens 1989 folgte, auf das Intermezzo der gut gelaunten Sieges-Party mit Pierce Brosnan im Smoking begann der Wiedereintritt der Geschichte mit der Frage: Warum mögen sie uns nicht?

Seit 2006 der Ex-Freund von Heike Makatsch, der britische Schauspieler Daniel Craig, den Job mit der Lizenz zum Töten ausfüllt, ist von Anfang an, bereits mit seinem ersten Film "Casino Royale", ein anderer Ton in die James Bond-Franchise eingezogen.

Bild: © Danjaq, LLC und MGM

Der Bond, den Craig spielte, war nie ein "richtiger" James Bond. Will sagen: Ihm war alles ausgetrieben, was die Figur von anderen Filmreihen-Helden unterscheidet, was sie einzigartig macht. Denn die Welt retten, das tun viele; gegen Superverbrecher kämpfen, auch das machen viele. Zuletzt war Tom Cruise, also natürlich Ethan Hunt in "Mission Impossible", der bessere James Bond.

Vergnügen verboten

Craigs 007 war ein Bond der Merkel-Ära (seine Chefin heißt "M"): Vorsichtig, risikoscheu, unkultiviert, politisch korrekt und uninteressant. Er war defensiv, er führte einen Abwehrkampf, er war immer tendenziell unterlegen, getrieben, nie selbstgewiss überlegen.

Mit dem "neuen Mann" hatte das allerdings auch nichts zu tun. Dieser Bond war nicht nur blond, sondern ein Fall für den Psychiater (zu dem er von seinen Vorgesetzten geschickt wird); ein auch zerbrechlicher Mann, der seine Emotionen nicht immer unter Kontrolle hat. Ein oft gequälter, nach innen gekehrter Charakter, der sich gefühlt mehr mit sich selbst, seiner Vergangenheit und persönlichen Problemen beschäftigt als mit der Bekämpfung der Feinde der freien Welt. Vergnügen war nun verboten.

Das alles passte 2006 perfekt zum Zeitgeist: Zur da gerade erwachsen werdenden "Generation Y" der Millennials, die mehr Fragen hat als Antworten, mehr auf ihre Gefühle hört und ihren Empfindlichkeiten gerne viel Raum gibt. Das passte auch zur Empfindlichkeit des Westens nach 9/11, dessen Wunden sich nicht schließen wollten, der sich selbst einen Sündenfall nach dem anderen eingestehen musste, dessen Narrativ mit den Türmen von New York und den gewalttätigen Gegenpositionen der Terroristen zerbrochen war.

Craigs James Bond kämpfte nicht vorrangig gegen Russen, Chinesen oder Islamisten, was sich ja angeboten hätte. Er kämpfte auch nicht gegen verrückt gewordene Medienmogule oder gegen Herrscher der sozialen Netzwerke, die nach der Weltmacht greifen wollen - was sich ebenfalls angeboten hätte. Sondern Craigs James Bond kämpfte vor allem gegen sich selbst. Und gegen irgendwelche ungreifbaren reichen Irren, mit denen er oft mehr gemeinsam hatte als mit M, Q, oder der britischen Regierung.

Warum darf ein Held kein Playboy sein?

Und die Frauen? Nun ja. Sie traten paradoxerweise, je mehr in der Gesellschaft über Gleichstellung debattiert wurde, auf der Leinwand umso mehr in den Hintergrund. Es blieben nur ein paar "starke" Chefinnen als Symbol von Egalität. Es verschwanden aber all die Femme fatales, mörderischen Kampf-Girls und verführerischen Agentinnen, die die früheren 007-Filme bevölkert hatten und die Bond selbstbewusst und auf Augenhöhe gefährlicher wurden als Blofield und die Russen.

Sie verschwanden zusammen mit dem übrigen Playboy-Leben des Agenten. Denn mit Craig wurde Bond auch zum harten Arbeiter: Verschwitzt, gesund und wahnsinnig puritanisch. Im neuen Film hat er, hört hört, sogar eine "richtige Beziehung". Und er wird Vater!

Aber ein Bond mit fester Beziehung geht nicht. Es ist dann eben kein James Bond. Und warum darf ein Held kein Playboy sein? Warum ist das Männerbild und sind die sexuellen Verhältnisse in diesem Film so puritanisch wie noch nie in einem Bond? Getötet wird dafür um so hemmungsloser... So enthüllt das Morden die sexuelle Frustration des Helden. Es ist eine Ersatzbefriedigung.

Vielleicht wird man auch das irgendwann verbieten. Besser wäre es aber, ihm wieder alles zu erlauben, was er lange Jahre durfte.

"Sind die Frauen wirklich mehr als Anhängsel?", fragt die FAZ. Warum sollten sie das eigentlich sein? Der schwule Q stöhnt einmal, als James Bond ihn schon wieder mit privaten Wünschen belämmert: "Can I have just one nice evening, before the world explodes?"

Das möchte man als Zuschauer auch gelegentlich ausrufen im Film. Kann man nicht in Ruhe gelassen werden von all den Weltverbesserungen der Bond-Macher?