Ein Mörder aus einem kleinen Dorf in der Normandie
Frankreich: Dschihadisten für den IS rekrutieren sich nicht nur aus den bekannten Kategorien
Im jüngsten Angeber-Video der IS-Dschihadisten, das den Serien-Mord an syrischen Piloten zum Thema hat, wurde mindestens ein Franzose unter den Mördern identifiziert. Das Beachtenswerte daran ist, dass der junge Mann nicht so recht in geläufige Kategorien der IS-Rekruten aus europäischen Ländern passt.
"Sie sind männlich, muslimisch, haben einen Migrationshintergrund und weisen Misserfolge in der Pubertät, der Schule oder in der sozialen Gruppe auf", gab der Bundesverfassungsschutz Ende Oktober als grobes Erkenntnismuster für die Islamistenszene in Deutschland bekannt (Versager werden zunehmend Salafisten). Vom 22-jährigen Maxime H., der in Frankreich als einer der "Kopfabschneider" im genannten Video identifiziert wurde, heißt es etwa, dass er nicht in einem muslimischen Umfeld aufgewachsen ist.
Aber er ist, nicht untypisch, ein Konvertit. Wie aus Maxime H. dessen Nachname keinen Rückschluss auf einen "Migrationshintergrund" zulässt und der nicht aus einer Großstadt oder einer Banlieue stammt, sondern aus einem 3.000-Seelen-Ort in der Normandie namens Bosc-Roger-en-Roumois, schließlich der Dschihadist Abu Abdallah al Faransi wurde, wird noch ermittelt. Die Staatsanwaltschaft hat sich der Sache angenommen. Ermittelt wird auch, ob sich bestätigt, dass ein zweiter Franzose bei dem Enthauptungsvideo mit von der Partie war.
Laut einer Einschätzung französischer Behörden, über die Le Monde berichtet, zeichnet sich die Rekrutierungsarbeit des IS im Unterschied zu al-Qaida dadurch aus, dass eben nicht nur Personen - besonders Einwanderer - in sozialen Brennpunkten, Vorstädten oder sogenannten Problemzonen angesprochen werden, sondern "alle Schichten der Bevölkerung auf dem gesamten Terrain".
Die Zahlen, die von der Zeitung beigebracht werden, bestätigen dies - nicht ganz. Von 101 Departements in Frankreich seien 83 von dem Phänomen betroffen. Nur aus 18 rekrutieren sich bislang keine Dschihadisten, die das Abenteuer in Syrien suchen. Le Monde nennt als Beispiel Vienne, Creuse, Lozère, Aveyron, Dordogne und Mayenne und beschreibt als Gemeinsamkeit, dass sie sehr ländlich - "essentiellement ruraux" - seien.
Die meisten Dschihad-Rekruten kommen aus dem Raum Paris, aus Yvelines, Seine-Saint-Denis, Val-de-Marne, Nord, Bas-Rhin, Rhône und Alpes-Maritimes. In 93 Fällen seien bereits Prozesse eröffnet, insgesamt zählt man 1.132 Franzosen, die in Syrien oder im Irak mit radikalen Islamisten in Zusammenhang gebracht werden. Von 376 unter ihnen weiß man, dass sie sich in Kampfzonen aufhalten. Die Zahl habe sich gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Beachtenswert ist der Anteil von 23 Prozent unter den offensichtlich näher bekannten 376 Dschihadisten, die "nicht in einer muslimischen Kultur aufgewachsen" sind.