Ein Scheinschloss für Berlin
In Berlins Mitte soll dort, wo früher der Palast der Republik stand, etwas Neues entstehen, aber etwas, das ganz alt ausschaut, so wie ein Schloss
“Humboldt-Forum“ heißt das Projekt und ist benannt nach dem Berliner Wissenschaftler Alexander von Humboldt. Ein moderner Betonbau soll mit einer „Schlossfassade“ umgeben werden. Geplant ist eine Art Scheinschloss.
Nach Fertigstellung sollen dort jene Museen unterkommen, die sich heute noch in eher ländlicher Idylle in Berlin-Dahlem befinden. Sie erhoffen sich mehr Besucher vom neuen Standort, auch wenn der Platz im neuen Scheinschloss nicht ausreichen dürfte für die Ausstellungsräume und das Magazin.
Doch das ist den Verantwortlichen egal. Bauherr ist die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesbauminister, Wolfgang Tiefensee (SPD). 552 Millionen Euro soll das Scheinschloss insgesamt kosten. Davon darf der Bund - höchstens - 440 Mio. Euro beisteuern, so hat es der Bundestag beschlossen. Das Land Berlin will 32 Mio. Euro geben und 80 Mio. Euro hat ein privater Verein versprochen, der Förderverein Berliner Schloss e. V.. Ein ganz besonderer Verein, mit prominenten Unterstützern. Das lohnt eine nähere Betrachtung.
Spendenaufruf des Ministers
„Ich rufe Deutschland zu Spenden auf“, heißt es in dicken roten Lettern auf der Frontseite des „BERLINER EXTRABLATT“, einer Werbeschrift des Fördervereins. Darunter bekräftigt der Förderverein noch einmal: „Bundesbauminister Tiefensee ruft Bürger zu finanzieller Unterstützung des Humboldt-Forums auf.“ Gleich daneben erfährt der Leser, dass sich auch Bundespräsident Horst Köhler „freut“. Auf was der deutsche Präsident sich genau freut, ist erst mal nicht so klar, aber auch ihm geht’s irgendwie um das gleiche Projekt, selbst wenn er von einem „Wiederaufbau des Stadtschlosses“ spricht. Von einem Wiederaufbau des Schlosses als Ganzes kann zwar keine Rede sein, aber wenn sich der Bundespräsident nun mal darauf freut - gönnen wir es ihm.
Bleiben wir also beim Bundesbauminister Tiefensee. Dessen Spendenaufruf ist schon allein deshalb erstaunlich, weil er als Bauherr des Humboldt-Forums immer noch keinen Vertrag mit jenem Förderverein geschlossen hat, der mit immerhin 80 Mio. Euro nach dem Bund die zweithöchste Summe zum Bau des Berliner Scheinschlosses beitragen soll. Den vertragslosen Zustand bestätigte noch Anfang Oktober 2008 Karin Roth (SPD), Parlamentarische Staatssekretärin in Tiefensees Bauministerium. Auf die Frage des Bundestagsabgeordneten Peter Hettlich (B90/Grüne), der den „Wortlaut dieser Zusage bzw. Vereinbarung“ erfahren wollte, sagte sie:
Der Förderverein Berliner Schloss e. V. hat mehrfach öffentlich und auch gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erklärt, dass es sein Ziel sei, dem Projekt 80 Mio. Euro (bar) zur Verfügung zu stellen. Eine verbindliche Zusage hierzu liegt nicht vor.“
Spannend in dieser Antwort ist auch der Hinweis der Staatssekretärin, dass der Bund die 80 Millionen „bar“ erwartet. Denn anders als etwa die Spendensammler für den Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden sammelt dieser Förderverein Spendengelder, um sie großenteils auch gleich wieder auszugeben. Es wird verplant und verbaut - und das schon seit Monaten und mit Wissen des Bundesbauministers.
Wen fördert der „Förderverein“?
Ein Förderverein fördert normalerweise die Tätigkeit eines anderen Rechtsträgers. Ein klassischer Förderverein ist also einer, dessen Hauptzweck in der Verbindung von finanziell potenten Geldgebern und einem unterfinanzierten gemeinnützigen Projekt besteht. Viele Schulen werden durch einen Förderverein unterstützt, deren Mitglieder oft ehemalige Schüler sind.
Diese ehemaligen Schüler kämen jedoch kaum auf die Idee, in ihrer ehemaligen Schule selbst den Unterricht zu übernehmen. Beim „Förderverein Berliner Schloss e. V.“ ist das ganz anders. Die Rolle des Geldbeschaffers genügt dem Verein nicht, sondern er versteht sich als selbsternannter Schlossbau-Verein. Er will nicht nur Spenden sammeln, er will selbst mit bauen. Also werden die gesammelten Gelder zu einem Großteil vom Förderverein verplant und auch verbaut, sehr zur Freude eines Architektenbüros und einiger Bildhauer, die seit Monaten schon fleißig Steine bearbeiten und Schmuckelemente aus Gips modellieren und auch in Sandstein hauen. All das längst bevor der Architektenwettbewerb für das eigentliche Bauwerk abgeschlossen war.
Wichtigster Auftragnehmer des Fördervereins ist das Architektenbüro Stuhlemmer in Berlin. Dessen Inhaber, Rupert Stuhlemmer, ist mit dem Förderverein in ganz besonderer Weise verbunden. Er war dessen stellvertretender Vorsitzender und betreibt das Architektenbüro gemeinsam mit seinem Sohn York.
Dieses „Büro Stuhlemmer ist der beauftragte Architekt für die historisch getreue Rekonstruktion der äußeren barocken Schlossfassade und des Schlüterhofes“. Wie hoch die zwischen Förderverein und Architektenbüro vereinbarte Auftragssumme genau ist, mag der Verein nicht mitteilen. Die Frage: „Wann fand eine Ausschreibung für die hier zugrunde liegenden Leistungen statt?“ gehört zu über zwanzig Fragen des Autors, die weder der Vereinsvorsitzende Prof. Richard Schröder, noch sein Geschäftsführer derzeit beantworten mögen. Prof. Richard Schröder gilt vielen als ein Gutmensch, dem niemand etwas Böses zutraut. Er wird von seiner Partei, der SPD, gerne schon mal als Festredner eingesetzt. Der Herr Professor ist als Vorsitzender des Fördervereins zwar rechtlich verantwortlich, verweist aber bei Fragen gerne auf den angestellten Geschäftsführer Wilhelm von Boddien. Das führt möglicherweise mit dazu, dass selbst in Berliner Lokalzeitungen der Geschäftsführer Wilhelm von Boddien bisweilen noch als „Vorsitzender“ bezeichnet wird.
Unbeantwortet bleibt bisher auch die Frage, ob das Architektenbüro bereits 2004 (und auch schon 2003) - also zu einer Zeit, in der Rupert Stuhlemmer der 1. stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins war -, bereits Aufträge in Höhe von mehreren hunderttausend Euro erhielt. In der Kostenaufstellung eines vom Förderverein beauftragten Buchprüfers wurden für den Posten „Schlossrekonstruktion für 2004“ insgesamt 409.304,14 Euro und für 2005 stolze 713.161,59 Euro verbucht. Aus weiteren internen Vereinsunterlagen geht hervor, dass Stuhlemmer in der Vereinsbilanz bereits 2003 auf der Ausgabenseite mit 206.814,26 Euro zu Buche schlug. In verschiedenen Veröffentlichungen wird die Auftragssumme für das Büro Stuhlemmer mit über vier Millionen Euro angegeben.
Die Frage nach der korrekten Auftragssumme bleibt vorläufig ebenso unbeantwortet wie die Frage, warum ein schriftlicher Architektenvertrag mit dem Architektenbüro Stuhlemmer erst am 06.12. 2005 abgeschlossen wurde.
Während in anderen Vereinen der Vorstand Verträge schließt, macht das im Förderverein schon mal der Geschäftsführer. Auch darauf verweisen die Wirtschaftsprüfer in ihrem Prüfungsbericht zum 31. Dezember 2004:
Die wesentlichen Aufwandspositionen setzten sich überwiegend zusammen aus Kosten der Schlossrekonstruktion (TEUR 409).
Und weiter:
Von den Kosten für die Schlossrekonstruktion (TEUR 409) entfallen im Berichtsjahr TEUR 287 (= 287.000 Euro) auf Leistungen des Architekturbüros Dipl.-Ing. Rupert Stuhlemmer für die Rekonstruktionspläne der Schlossfassade des Berliner Schlosses...
Dann folgt ein interessanter Hinweis:
Die Beauftragung des vorgezeichneten Architekturbüros erfolgt durch den Geschäftsführer des Vereins Herrn Wilhelm von Boddien.
Es folgt ein, angesichts des Prüfzeitraums, (gemeint ist das Jahr 2004, Anm. d.A.) ebenfalls bemerkenswertes Detail:
Der schriftliche Architektenvertrag wurde am 06.12.2005 abgeschlossen. Herr Dipl.-Ing. Rupert Stuhlemmer schied zum 31.10.2004 aus dem Amt des 1. stellvertretenden Vorsitzenden aus, da er als planender Architekt der Schlossfassade keinen Interessenkonflikt mit seiner Tätigkeit im Vorstand des Vereins herbeiführen wollte.
Berliner Verein mit Hamburger Geschäftsstelle
Nicht nur gegenüber seinem früheren Vorsitzenden zeigt der Förderverein eine besondere Fürsorge, auch der ehemalige Vereinsvorsitzende und jetzige Geschäftsführer wird ganz nett behandelt.
Der Förderverein hat seinen juristischen Sitz zwar in Berlin, seine Geschäftsstelle befindet sich jedoch in Hamburg.
Nicht irgendwo in Hamburg, sondern im „Haus Rissen“, einem noblen Konferenzzentrum. Seine Nachbarn unter gleicher Anschrift sind das „Hanse-Parlament“, eine Vereinigung, die sich um Wirtschaftskontakte mit Osteuropa kümmert. Warum sitzt der Berliner Förderverein überhaupt in Hamburg? Weil dort der Geschäftsführer des Vereins wohnt. Deshalb bezahlt der Berliner Verein das Hamburger Büro. Geschäftsführer ist der frühere Vorsitzende des Vereins, Wilhelm Dietrich Gotthard (...) kurz: Wilhelm von Boddien. Er war schon einmal für eine Berliner Gesellschaft als Geschäftsführer tätig, die sich Partner für Berlin nannte.
Doch das ist eine andere Geschichte. Weil der adlige Herr sich aufgabenbedingt oft in Berlin aufhalten muss, beteiligt sich der Förderverein auch an der Finanzierung einer Wohnung in Berlin. Überhaupt kümmert sich der Verein geradezu rührend um seinen Geschäftsführer. Nachdem dessen Firma „Boddien Landmaschinenhandel und Kommunaltechnik“ 2004 in Insolvenz geraten war, wurde der bisherige Vorsitzende v. Boddien zum hauptamtlichen Geschäftsführer berufen, ausgestattet mit einem ansehnlichen Gehalt. Im Prüfbericht der Wirtschaftsprüfer zum 31. Dezember 2004 heißt es dazu:
Die Erhöhung der Personalkosten um TEUR 220 (gemeint sind Tausend Euro, also 220.000 Euro) im Vergleich zum Vorjahr resultiert im wesentlichen aus der Berufung des Herrn Wilhelm von Boddien zum Geschäftsführer des Vereins. Diese Stelle war bis zu diesem Zeitpunkt unbesetzt. Notwendig wurde diese Entscheidung aufgrund des stetig steigenden Verwaltungsaufwands und der zunehmenden Aktivitäten des Vereins.
Dann folgt der bemerkenswerte Satz:
Die Prüfung der Angemessenheit der Geschäftsführervergütung war nicht Gegenstand unseres Auftrags.
Eine Distanzierung der Prüfer? Vielleicht für den Fall, dass es wegen des für einen Spendensammelverein doch recht hohen Geschäftsführergehalts irgendwann einmal Irritationen geben sollte?
Noch etwas ist anders als in anderen deutschen Vereinen. Die Mitglieder kennen sich nicht alle untereinander, sie verfügen auch nicht über eine Adressenliste, die eigenständiges Handeln der Vereinsmitglieder erleichtern würde. Es gibt auch keine von den Mitgliedern gewählten oder bestimmten Kassenprüfer. Das sieht die Satzung nicht vor. Auch Verträge schließt bei diesem Verein in vielen Fällen nicht etwa der Vorsitzende ab, sondern der angestellte Geschäftsführer.
Steine statt Scheine
Der Förderverein und seine Bauhelfer werkeln jedenfalls munter weiter. Die „Steinsammlung“ des Fördervereins soll später – wie bereits erwähnt - als Fassade das moderne Gebäude ummanteln. Dabei gehen die Haushaltspolitiker des Bundestages weiterhin von 80 Mio. Euro aus. In ihren Beschlüssen ist nicht von Steinen die Rede, die der Förderverein anliefern soll, sondern von Geld im Sinne von frei konvertierbarer Währung - Bargeld also.
So beschloss der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages auf Antrag der Koalitionsfraktionen zuletzt am 7. November 2007 für die Wiedererrichtung des Berliner Schlosses – Bau des Humboldt-Forums im Schlossareal Berlin - eine „verbindliche Kostenobergrenze in Höhe von 552 Mio. Euro, wovon der Bund höchstens 440 Mio. Euro aufbringen soll“. In diesem Beschluss ist auch die Rede von einem „verbindlich zu erbringenden“ Spendenaufkommen „in Höhe von 80 Mio. Euro“. Diese Erwartung dürfte enttäuscht werden. Eigenen Angaben zufolge hat der Förderverein bereits 15,34 Mio. Euro „an Spenden und zugesagten Geldern verbucht.“
Was unter „zugesagten Geldern“ genau zu verstehen ist und wie man solche Zusagen auch noch verbucht, erschließt sich nicht unmittelbar. Auch diesbezügliche Nachfragen bleiben unbeantwortet. Unklar bleibt zudem, wie viel von den Spenden noch in monetärer Form vorhanden ist. Dennoch gibt es die ministerielle Unterstützung seitens des Bundesbauministers Tiefensee.
Dass der Verein einen großen Teil seiner Spendengelder zwar nicht in den sprichwörtlichen Sand setzt, aber doch in Sandstein konvertiert, weiß auch der Minister. Er ist mehrfach im Bundestag darauf hingewiesen worden. Spendenaufruf fürs gemeine Volk ist das eine – Verantwortung übernehmen für die eigenen Worte ist was anderes. Auf die Frage der Bundestagsabgeordneten Heidrun Bluhm (DIE LINKE), ob „dem Bundesminister (...) vom Vorstand des „Fördervereins Berliner Schloss e.V. seriöse und nachvollziehbare Unterlagen über den Finanzstatus und die bereits eingegangenen Spenden für die Rekonstruktion der Schlossfassade für das Berliner Humboldt-Forum vorliegen“, erklärte Tiefensees Parlamentarische Staatssekretärin Karin Roth, MdB:
Dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung liegen keine verbindlichen Angaben über die Höhe der bisher (...) gesammelten Spenden vor. (...) Es besteht keine Verpflichtung des Fördervereins Berliner Schloss e. V., Nachweise von Einnahmen und Ausgaben gegenüber der Bundesregierung offen zu legen.
In zahlreichen Antworten auf entsprechende Bundestagsanfragen hat sein Ministerium immer großen Wert darauf gelegt, dass es bisher keinerlei vertragliche Vereinbarung mit dem Förderverein gebe.
In Bezug auf die Gemeinnützigkeit verwies die Staatssekretärin Roth einerseits auf die Zuständigkeit des Landes Berlin und auf die Tatsache, dass dem Förderverein „zwischenzeitlich vom Zentralinstitut für Soziale Fragen (DZI) das Deutsche Spendensiegel erteilt wurde, das nach strengen Vorgaben die Förderwürdigkeit künftig jährlich neu überprüft.“
Die Vereinsfreundin im DZI und das Spendensiegel
Die Gemeinnützigkeit wurde dem Verein für seine „Förderung der Volksbildung“ vom Berliner Finanzamt zugestanden. Fragen dazu werden vom Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin unter Verweis auf das Steuergeheimnis nicht beantwortet. Das erging auch dem Grünen Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Oliver Schruoffeneger so. Er hatte seine Anfrage überschrieben: „Gemeinnützigkeit von nicht existierenden Denkmälern – In Berlin ist alles möglich“.
Tatsächlich ist das Berliner Schloss kein Denkmal und folglich kann seine Errichtung auch nicht aus Denkmalgesichtspunkten steuerlich gefördert werden. Aber kreativen Politikern in Berlin fällt insbesondere bei Baumaßnahmen immer etwas ein, ganz nach der Devise: Wo ein Wille, da auch ein Bauplatz. Zum Verein gehören schließlich Berliner mit Macht und Einfluss. So auch Ingrid Stahmer, frühere Berliner Senatorin (SPD).
Auf Anraten der Fördervereinsaktivistin und Ex-Senatorin Ingrid Stahmer (SPD) beantragte der Förderverein das Spendensiegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) und erhielt es auch. Frau Stahmer ist, wie es der Zufall so will, Vorsitzende des weitgehend aus Steuergeldern des Bundes und des Landes Berlin finanzierten DZI. Dieses Institut hatte sich im Zuge des Unicef-Skandals nicht sonderlich mit Ruhm gekleckert und erst recht spät die Vorwürfe gegen den damaligen Geschäftsführer des Deutschen Vereins der UNO-Kinderhilfsorganisation untersucht.
Kritik im Bundestag auch am DZI
In einer internen Sitzung des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, in dem hinter verschlossenen Türen über die Erfahrungen aus dem Unicef-Debakel beraten wurde, verdeutlichte der DZI-Geschäftsführer seine großzügige Haltung gegenüber professionellen Spendensammlern. Burkhard Wilke wörtlich:
(...) Die Einschätzung heiße nicht, dass das DZI die Zahlung von 30 000 Euro für die Zahlung einer Spende von 500 000 Euro für verschwenderisch halte, dies sei vom Prozentsatz her völlig in Ordnung...
Für die meisten ehrenamtlichen Spendensammler zu Gunsten Unicefs dürften 30.000 Euro allerdings sehr viel Geld sein. Und die Vorstellung, dass ein einzelner Spendensammler diesen Betrag als „Honorar“ für sich persönlich abzweigen darf, wird für sie gar nicht in Ordnung sein. Aber das DZI und sein Geschäftsführer Wilke bewegen sich offenbar in anderen Sphären. Das DZI hatte die Selbstversorgung von Spendensammlern und Beratern zu lange geduldet und Unicef-Deutschland wurde - sehr spät - das DZI-Spendensiegel wieder aberkannt. Dies führte zum Einbruch von Spenden auch für andere Hilfsorganisationen.
Rund ein Dutzend davon, an der Spitze die Welthungerhilfe, gründete daraufhin eine eigene, vom DZI unabhängige Transparenzinitiative. Die neue Initiative wurde, obwohl Konkurrenz, gleichwohl vom DZI begrüßt.
Im Zusammenhang mit der Verleihung des Spendensiegels an den „Förderverein Berliner Schloss e.V.“ sieht sich das DZI erneut harscher Kritik ausgesetzt. Denn auch diesem Verein gegenüber zeigt sich das DZI erneut äußerst verständnisvoll. Die DZI-Vorsitzende Stahmer verwies den Autor mit seinen Fragen an den Geschäftsführer des DZI, Burkhard Wilke. Für ihn scheint beim Förderverein alles in Ordnung zu sein. Er schrieb:
"Der Förderverein Berliner Schloss e.V. verzichtet tatsächlich auf eine interne Kassenprüfung. Der Verein lässt durch seinen Steuerberater einen handelsrechtlichen Jahresabschluss erstellen. Dieser Jahresabschluss wird von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft. In einem solchen Fall verlangen die Spenden-Siegel-Leitlinien keine zusätzliche interne Kassenprüfung. Der Wirtschaftsprüfungsbericht ist im Internetauftritt des Vereins abrufbar. Auch in dieser Hinsicht demonstriert die Organisation außerordentliche Transparenz.
(...) Im Hinblick auf die Auftragsvergabe an das Architektenbüro Stuhlemmer sei angemerkt, dass hierbei für das DZI zum einen maßgeblich war, dass Herr Dipl.-Ing. Rupert Stuhlemmer zum 31. Oktober 2004 aus dem Vereinsvorstand ausgeschieden ist und insofern einer Interessenkollision begegnet wurde. Zum anderen wurden die Auftragsvergabe an das Büro Stuhlemmer in den Jahren 2003/2004 sowie der Abschluss des Vertrages zwischen dem Verein und dem Architektenbüro im Jahr 2005 auf der Mitgliederversammlung am 07.04.2006 ausführlich diskutiert und von der Mitgliederversammlung im nachhinein ausdrücklich genehmigt. (...)
Der Verein hat seine Geschäftsstelle in Hamburg. Dies hängt mit dem dortigen Wohnsitz des Geschäftsführers zusammen. Mit beiden Tatsachen geht der Verein offen um. Zum einen ist der Verein bundesweit Spenden sammelnd tätig. Zum anderen ist der Geschäftsführer aufgrund des Satzungszwecks natürlich oft in Berlin tätig. Daher besteht zum Zwecke der Übernachtung in Berlin eine kleine Wohnung, die zum großen Teil vom Verein finanziert wird. Aus Sicht des DZI ist dies nicht zu kritisieren, zumal der Sachverhalt im Rahmen einer Sonderprüfung auch vom Finanzamt geprüft und nicht beanstandet wurde."
Trotz dieses manifesten Großmuts dem Förderverein gegenüber, scheint auch das DZI mit der Mittelverwendung des Fördervereins seine Probleme zu haben. Das DZI erstellt für alle von ihm besiegelten Vereine Kurzbeschreibungen. In der zweiseitigen Beschreibung, die noch im Januar 2008 verbreitet wurde, heißt es unter dem Punkt „Mittelverwendung“:
(...) die Fassaden- und Schmuckelemente für die drei Außenfassaden (...) sollen zum gegebenen Zeitpunkt vom Förderverein Berliner Schloss e.V. auf die Stiftung Preußischer Kulturbesitz übertragen werden.
In der nächstfolgenden Spenderinformation ist vom vermeintlichen Empfänger, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, allerdings keine Rede mehr. Dort heißt es:
(...) Darüber hinaus soll durch den Verein auch die eigentliche Anfertigung der Fassaden- und Schmuckelemente finanziert werden.
Auf Anfrage, wieso das DZI zuvor behauptet habe, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sei letztlich Empfänger der im Auftrag des Fördervereins behauenen Steine, erklärte DZI-Geschäftsführer Wilke:
Dies entsprach im Dezember 2007 dem Informationsstand des DZI. Als sich der Sach- und Informationsstand änderte, passte das DZI seine Auskunft entsprechend an.
Ob überhaupt eine spätere Verwendung der teuren Sandsteine gegeben ist, scheint das DZI nicht zu interessieren.
Zum Weiterlesen: schlossdebatte.de