Einbrecher-Werkzeug oder DMCA-Sargnagel?

Elcomsoft-Prozess beginnt mit ersten Zeugenvernehmungen

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Gestern hat vor einem kalifornischen Gericht der Prozess gegen die russische Firma Elcomsoft begonnen. Am ersten Verhandlungstag wurden bereits zwei Zeugen vernommen, der Ebook-Hacker Dmitry Sklyarov gehörte jedoch noch nicht dazu.

Zur Eröffnung des Prozesses erklärte Staatsanwalt Scott Frewing, Elcomsoft habe sich an dem Verkauf eines Einbrecher-Werkzeugs bereichert. Gemeint ist damit das umstrittene Advanced Ebook-Processor-Programm, das sich zum Umgehen der Kopierschutzsperren des Adobe Ebook-Formats nutzen lässt. Elcomsoft-Anwalt Joseph Burton erklärte dazu vor Gericht, das Programm sei lediglich dazu gedacht gewesen, Besitzern von Ebooks mehr Flexibilität zu bieten. Außerdem habe man in den USA insgesamt nur fünf Exemplare des Programms verkauft.

Nach den einleitenden Statements beider Parteien kam es zur ersten Anhörung zweier Zeugen der Anklage. Der berühmteste aller Zeugen wurde aber am Dienstag noch nicht geladen: Dmitry Sklyarov soll als ehemaliger Elcomsoft-Mitarbeiter sowohl von der Anklage als auch der Verteidigung in den Zeugenstand berufen werden. Sklyarov war im Juli 2001 in New York wegen seiner Beteiligung an der Programmierung des Ebook-Processors verhaftet worden (Dmitry Sklyarov angeklagt). Nach einigen Wochen Haft wurde er auf Kaution entlassen. Seinen Heimweg konnte er erst antreten, als er den russischen Behörden Kooperation bei der Klage gegen Elcomsoft versprach (Russischer Programmierer frei).

Testfall für den DMCA

Besondere Beachtung findet der Prozess gegen Elcomsoft auch deshalb, weil er ein erster Testfall für den 1998 verabschiedeten Digital Millenium Copyright Act (DMCA) ist, der das Umgehen von Kopierschutzmaßnahmen unter Strafe stellt. So bekommt Elcomsoft Unterstützung von der Electronic Frontier Foundation (EFF). Die EFF möchte den Fall dazu nutzen, den DMCA für unkonstitutionell zu erklären.

Der Prozess konnte erst mit Verzögerung beginnen, da Sklyarov und der Elcomsoft-CEO Alexander Katalov im Oktober kein Visum für ihre Reise in die USA bekommen hatten. Am heutigen Mittwoch wird er mit der Anhörung weiterer Zeugen fortgesetzt. Die Verteidigung möchte neben zahlreichen Adobe-Mitarbeitern auch Kunden von Elcomsoft in den Zeugenstand berufen, um sie nach ihren Beweggründen für den Kauf des Ebook-Processors zu fragen. Insgesamt wird mit bis zu fünf Verhandlungstagen gerechnet.