Eine Landschaft des Bleibenden
Zum Verhältnis von Nation-Building und Massentourismus der Sonderfall Pakistan
Erstaunlich viele postkoloniale Staatsgründungen haben in den Geburtsstunden des Massentourismus stattgefunden. Die Rolle des Tourismus-Sektors beim Nation-Building ist aber selten untersucht worden. Überraschend ist dieser Befund nicht zuletzt deshalb, weil die Volkswirtschaften zahlreicher am wensigsten entwickelter Länder in den letzten Dekaden von der zweitgrößten Branche der Welt, dem Tourismus, maßgeblich abhängig geworden sind. Pakistan, das als politische Konkursmasse britischer Besitztümer hervorgegangen ist, ist in diesem Zusammenhang ein besonders interessantes Beispiel. Als islamisches Land hat es von Anbeginn versucht, Alternativen zum gängigen Massentourismus zu finden.
Pakistan wird nicht auf der Achse des Bösen verortet und es hat keine Ölvorkommen zu verbuchen. Trotzdem ist Pakistan wie kaum ein anderes Land des "Orients" ein permanentes Gesprächsthema in den Massenmedien. Es gibt Schwarzmaler, die das Land als Hort des Bösen in die Schlagzeilen bringen – Starphilosoph Bernard-Henri Lévy hat es in letzter Zeit wie kein anderer verstanden, diesen Diskurs zu prägen: Mit seinem internationalen Besteller "Wer hat Daniel Pearl ermordet?" hat er Verstrickungen islamistischer Organisationen mit dem pakistanischen Geheimdienst auf die "die Austauschbarkeit ihrer Verbrechen und Machtstrukturen" untersucht und "die spiegelbildliche Art, wie sie miteinander verknüpft sind" als "Kennzeichen Pakistans" beschrieben. Pakistan ist damit in vielen Köpfen synonym geworden mit Begriffen wie "Dämonie" und "Finsternis".
Auf der anderen Seite stehen Schönfärber. Sie wähnen sich in Folge der gewandelten US-Außenpolitik als Goldgräber. Seitdem die USA nicht mehr die freien Marktwirtschaften von morgen unterstützen, sondern strategische Partner beim Krieg gegen den Terror und im Zuge dessen jene Kapitalhilfe, die einst Argentinien, Brasilien und Mexiko entgegengebracht wurde, der Türkei und Pakistan zukommen lässt, wird die islamische Nation als attraktives Investitionsland hochgehalten. Das Risiko mit einem vermeintlichen Schurkenstaat Geschäfte zu machen, wird nicht als Abschreckungs-, sondern als Lockmittel kommuniziert. Es gilt Neuland zu betreten und Pionierarbeit zu leisten.
Das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat den janusköpfigen Pakistan-Diskurs neulich auf eine griffige Formel gebracht. Pakistan sei ein "Reich der Schizophrenie und schroffen Gegensätze": Armenhaus (mit rund 54 Prozent Analphabeten) und Atommacht (mit bis zu 50 Nuklearsprengköpfen); Heimat eines der besten Teams im Kolonialsport Cricket wie im urzeitlichen Reiterspiel Buskaschi, dessen Spielwerkzeug ein kopfloses Kalb ist; Bush-Land und gleichzeitig Bin-Laden-Land. Mögen gewisse "Anklagepunkte" ins Schwarze treffen, problematisch ist, dass Widersprüche als Beleg verwendet werden, um Pakistan zu verurteilen – nicht um das Land zu verstehen.
Kennzeichen Pakistan
Im Falle Pakistans bedeutet eine Reduzierung auf das Wesentliche nicht Eindeutigkeit, sondern Widerspruch – Paradoxien sind Kristallisationspunkte der Essenz. Pakistan ist wie kein anderes Land in Südasien seit seiner Gründung im Jahre 1947 in einem Schwebezustand suspendiert, stets schwankend zwischen Stabilität und Instabilität und dabei so sehr hin und her gerissen, dass beide Zustände graduell ununterscheidbar geworden sind. Wer mag heute schon eine eindeutige Aussage darüber treffen, ob Pakistan durch zivile oder durch militärische Regierungen geprägt worden ist? Zwischen 1958 und 1969, sowie zwischen 1977 und 1988 war die Junta an der Macht, die im Jahre 1999 einmal mehr die Zügel an sich riss und sie bis heute in der Hand hat.
Wer würde schon behaupten können, Pakistans Territorium sei klar umrissen – klar und eindeutig genug zumindest, um den Einzugsbereich des Staates definieren zu können? Seit der Staatsgründung ist die Nord-Westgrenze Pakistans Gegenstand heißer Debatten und Kämpfe, weil Afghanistan die Durandlinie, die das Gebiet der Paschtunen trennt, nicht anerkennt. Ebenso lange wird um die Nord-Ostgrenze gestritten. In diesem Fall ist es wiederum Pakistan, das mit der Grenzziehung der Briten nicht einverstanden ist und das Muslimmehrheitsgebiet Kashmir – seit ehedem in der Hand Indiens – für sich beansprucht.
Während diese Grenzkonflikte seit mehr als 50 Jahren anhalten und zahlreiche Menschenleben gefordert haben, ist die Auseinandersetzung mit Bangladesh, einst Ostpakistan, zwar abgeschlossen, aber in gewisser Hinsicht ebenfalls nicht ad acta gelegt worden: Bis heute ist die Sezession ein "traumatisches Erlebnis" (Lévy) geblieben. Wie Anthony Mascarenhas wiederum festhält, haben "die Ereignisse von 1971 gleichermaßen die Gründungsidee, sowie die ideologische Motivation von Pakistan" nachhaltig erschüttert.
Im ersten genuinen Gottesstaat konnte plötzlich niemand mehr leugnen, dass Religion allein nicht mehr genügte, um nationale Identität zu stiften: Ostpakistan war schließlich ebenso mehrheitlich muslimisch wie Westpakistan gewesen, doch soziale sowie kulturelle Differenzen und nicht zuletzt die unterschiedliche Sprache haben einen Keil zwischen beide Regionen getrieben. Das im Vergleich zu Bangladesh sprachlich, ethnisch und kulturell wesentlich heterogenere Pakistan stand zu Beginn der 1970er vor der Aufgabe, sich nochmals neu zu erfinden – ein Wiedergeburtprozess, der bis heute nicht abgeschlossen ist.
Ordnungsmuster Islamabad
Waren die frühen 1970er Jahre von aufreibenden Ungewissheiten geprägt, so wirkte Islamabad, die neu errichtete Hauptstadt Pakistans, wie ein Ruhepol im Chaos. Man hatte bei der Planungsphase Städte wie Canberra und Washington im Hinterkopf gehabt, doch vor allem Brasilia, das aus dem Nichts mitten in der brasilianischen Pampa erschaffen worden war, diente als Vorlage für die neue Hauptstadt. Wie Brasilia wurde auch Islamabad auf dem Reißbrett entworfen und ex nihilo im Norden des Landes innerhalb weniger Jahre fertig gestellt.
Nachdem 1959 eine Studie angefertigt wurde, legten der griechische Stadtplaner Constantinos Doxiades und der japanische Landschaftsarchitekt Kondo Kimio 1960 einen Entwurf vor, der nur ein Jahr später mit dem Beginn der Baumaßnahmen verwirklicht worden ist. Wo vorher bloß eine dörfliche Siedlung war, wurden in nur wenigen Jahren die Raster von Islamabad angelegt: Quadratische Zonen, die mit der symmetrischen Präzision einer digitalen Matrix Gestalt annahmen. Zunächst entstanden nur acht solcher Zonen, in denen die unterschiedlichen Bereiche der Stadt separat untergebracht wurden: Administration, Diplomatie, Bildung, Industrie, Kommerz, Natur, Land und Wohnen. Jeder Bereich bildete eine eigene Enklave. Damit sie weitestgehend als unabhängige Einheiten funktionieren konnten, wurden in jedem Sektor Einkaufsmöglichkeiten und Parks geschaffen.
Überhaupt wurde bei der Begrünung der Stadt nicht gespart. Angeblich sollen mehr als sechs Millionen Bäume angepflanzt worden sein. Das Resultat: Auf Bildern aus der Luft entsteht der Eindruck, Islamabad wäre in einem Urwald eingelassen worden. Für die Planer sicherlich die passende Metapher, denn im Urwald namens Wandel (Modernisierung, Urbanisierung, etc.) sollte ihr Konzept ein Ordnungsmuster darstellen, das Wachstum ermöglichte – in gelenkten Bahnen versteht sich. Weitere Zonen sollten entstehen und die Stadt sowohl in die Horizontale als auch in die Vertikale erweitern. Der Traum der Stadtplaner, Islamabads Muster würde eines Tages auch die Nachbarstadt Rawalpindi überziehen, konnte bis heute nicht in Erfüllung gehen. Auf Satellitenaufnahmen ist zu sehen, wie beide Städte ineinander übergehen – hier das Schachbrett, dort der wuchernde Knäuel.
Bevor in Islamabad zwischen 1976 und 1984 mit der Faisal-Moschee eines der größten Gotteshäuser der Erde entstand, richteten sich die Ministerien in der neuen Hauptstadt ein. So wurde im Januar 1972 beispielsweise das Tourismus-Ministerium etabliert. Als eigenständige Institution war es eine brandneue Einrichtung, denn bis dato hatte es nur als Teil des Kommunikationsministeriums existiert und dort auch nur als eine Abteilung der Eisenbahndivision. Während die anderen Ministerien nach und nach – teils über einen Zwischenstopp in Rawalpindi – in Islamabad einzogen, artikulierte das Tourismusministerium seine Agenda, konzipierte einen Masterplan und rief weitere Institutionen ins Leben, darunter das "Pakistan Institute of Tourism & Hotel Management". In der Geburtsstunde des globalen Massentourismus war man sich durchaus bewusst, dass auch die touristischen Ressourcen Pakistans gewinnbringend auf dem Weltmarkt feilgeboten werden sollten.
Die Entwicklung des Tourismus in Pakistan sollte in so geordneten Bahnen verlaufen, wie die Prachtstraßen von Islamabad. Doch wie konnte Tourismus als planbare Infrastruktur, ja, als "potemkinsches Dorf der Macht" (Lévy) in Szene gesetzt werden? Der Regierung machte sich daran eine touristische Supra- und Infrastruktur zu schaffen, doch ging es ihr auch darum Tourismus als Sinnsystem zu etablieren. Das aufkeimende Dienstleistungsgewerbe musste den Werten und Normen der pakistanischen Nation untergeordnet werden, die nicht immer so eindeutig definiert waren. Im Gegensatz zu den zivilen Regierungen tendierten die Militärregierungen dazu, die Verfassung des Staates von Gott abzuleiten. Sie waren nicht gewillt, eine Entwicklung des Tourismus zu unterstützten, die den sozio-religiösen Werten des Korans zu wider lief. Tourismus avancierte zu einem ideologischen Schlachtfeld, auf dem die Wiedergeburt Pakistans verhandelt wurde.
Islamischer Tourismus
Die Vermassung touristischer Waren wurde in dieser Zeit durch die Industrieländer so vehement vorangetrieben, dass der Stern im Januar 1973 konstatieren musste: "Die Moral in den Urlaubsländern hat sich geändert." Das deutsche Wochenmagazin, das damit auf die Unwägbarkeiten sexueller Abenteuer am Strand anspielte, gab konstruktive, aufreizend bebilderte Tipps, wo man wie landen konnte. Ein heißer Flirt gehörte schlichtweg zum Urlaub. Dem pakistanischen Tourismus-Ministerium waren diese (globalen) Standards bekannt. Der Markt war auf die vier großen "S" ausgerichtet (Sea, Sun, Sand, Sex) und es gab wohl nichts, das den eigenen Wertvorstellungen diametraler entgegen gestanden hätte. Die Frage, ob man mit einem Verzicht auf das standardisierte Erfolgsrezept überhaupt konkurrenzfähig war, stellte sich nicht.
Man war sich sicher, dass man die Klientel – der Großteil aller Pakistanbesucher war männlich – auch anders als mit den vier großen "S" zufrieden stellen konnte. Wie das zu bewerkstelligen war, das formulierte der Präsident Pakistans General Mohammad Ziaul auf einer Trekking-Tagung 1981 wie folgt in seiner Eröffnungsrede: "We have to make it known how vast and lush green our valleys are, we have to publicise how stately and tall our mountains are." Gott sei es zu danken, dass Pakistan mit solchen Schätzen gesegnet ist, und es wäre nicht daran zu denken, so gab er ferner zu Verstehen, dass ein Gottesland diese Qualitäten zu Gunsten von "cheap entertainment" zurückstellen würde.
Statt Bars und Kasinos sollten Berge, Wiesen und Flüsse als Lockmittel eingesetzt werden. Statt sexhungrigen Sonnenanbetern sollten abenteuerlustige Wanderer und Kletterer ins Land strömen. Dazu wurden alle nötigen Verordnungen und Gesetze erlassen. Der Konsum von Alkohol wurde verboten. Sogar an Bord der "Pakistan International Airlines" sowie in Maschinen anderer Luftfahrtunternehmen mit Pakistan-Destinationen durfte nicht getrunken werden. Mit Frauen, die in der Touristik zwar arbeiten konnten, durfte nicht geworben werden. So erregte beispielsweise ein Slogan des Hotel Plaza International "Where you will be served by cheerful hostesses" großen Ärger und musste aus dem Verkehr gezogen werden. Nicht zuletzt galt das Baden im Bikini als gesetzeswidrig.
Wer weiß, wie sich der Tourismus in Pakistan auf diesem reglementierten Boden über die Jahre entwickelt hätte, wenn politische Entwicklungen in den Nachbarländern nicht dazu geführt hätten, dass in den 1980er Jahren einige Spitzenplatzanwärter aus den regionalen Tourismuscharts verschwanden. Das unter Hippies enorm beliebte Afghanistan, sowie die regionalen Spitzenreiter Iran und Sri Lanka wurden auf Grund von dauerhaften Kriegen weit zurückgeworfen. Kurz vor der alles verändernden Revolution war der Iran im Jahre 1977 mit knapp 700.000 Besuchern noch Nummer eins. Sri Lanka, dessen Tourismusindustrie zwischen 1975 und 1983 um 300% gewachsen war, war im Jahre 1983 mit knapp 350.000 die regionale Nummer zwei und verschwand darauf hin für mehr als eine Dekade in der Versenkung. Infolge dessen wurde Pakistan nach Indien das zweitbeliebteste Reiseziel in Südasien. In den 1970ern waren die Besucherzahlen von 100.000 auf 300.000 angestiegen und pendelten sich in den 1980er Jahren bei einem Durchschnittswert von rund 450.000 ein.
Dass während der fundamentalistischen Militärherrschaft die Tourismusindustrie ausgebaut werden konnte, ist nicht wirklich verwunderlich – Touristen sind apolitische Wesen:
It doesn't really matter who is in control in Pakistan. The country still attracts planeloads of trekkers, hippies, and hard-core mountain climbers to discover some of the world's most rugged scenery, smoke a bit hash and explore many of the wild and dangerous areas.
Dangerous Places
In einer gewissen Hinsicht ist die Entwicklung der 1980er aber doch erstaunlich. Immerhin wurden in jener Dekade zwei terroristische Anschläge auf "Pan Am"-Einrichtungen verübt. 1985 wurde ein Büro der damals bekanntesten Fluggesellschaft der Welt bombardiert. Ein Jahr später wurde ein Flugzeug von "Pan Am" entführt, wobei 21 Personen, darunter zwei Amerikaner, starben. Vorfälle, die für gewöhnlich als entwicklungshemmend gelten. Der islamischen Version des Tourismus taten sie offenbar keinen Abbruch.
"Discover Pakistan"
In Pakistan waren die terroristischen Vorfälle der 1980er vor allem auch Anzeichen von innerer Instabilität, bei deren Kompensation sich einmal mehr die Touristik als hilfreich erwies. "Pakistan International Airlines" schaltete damals eine Anzeige, die beispielhaft ist – nicht nur für jene Zeit, sondern auch für die Touristik-Werbung in Pakistan im Allgemeinen. Abgebildet waren darauf fünf Gebirgsmotive und die ersten Zeilen des Anzeigentextes lauteten: "They touch the skies. They rest their heads in the clouds. They stand proud. They are timeless." Daraufhin wurden die Berge näher beschrieben, beim Namen genannt und territorial verortet. Die Ruhe und Gewissheit, die hier zum Ausdruck kam, zieht sich als Leitmotiv durch die pakistanische Touristikwerbung der letzten Dekaden, deren Sujets immer wieder Berge gewesen sind.
Diesen ästhetischen Kanon hatte die Pakistan Tourism Development Corporation (PTDC) geprägt, eine privatwirtschaftliche Einrichtung, die man getrost als Marketing-Abteilung des pakistanischen Tourismus-Ministeriums bezeichnen darf – seit den frühen 1970ern publiziert die PTDC in allen verfügbaren Medien Bilder von Pakistan. Während Pakistan auf diese Weise die nationale Idee am Beispiel von Flora und Fauna durchdeklinierte, wurde mit Kampagnen wie "Discover Pakistan" auch das Territorium vermessen und markiert. Mit einprägsamen Bildern konnte die nach der Trennung von Ostpakistan ungewisse Topographie des Landes eingefangen und definiert werden. Dies konnte nur jenseits der vier großen "S" gesehen und demnach auch vorzugsweise jenseits des Südens von Pakistan, wo nicht zuletzt sonnige Strände lagen. Dies lenkte die Aufmerksamkeit auf den Norden. In den Fokus der Repräsentation gerieten damit nicht zuletzt die instabilen Grenzgebiete, die in den ikonischen Gebirgsmotiven zu festen und unverrückbaren Größen erstarrten.
Mit ihrer Reduktion des Zeichenkanons auf Naturelemente wirken PTDC-Motive mitunter wie Ansichten von einem Land und einer Zeit vor dem Massentourismus. Auf den stillen Bildern sind die Kunden der zweitgrößten Industrie der Welt noch nicht auf dem Vormarsch. Selbst Kampagnenmotive aus der vergangenen und laufenden Dekade weichen von diesem Kanon nicht ab. Die dünnen Spuren der menschlichen Zivilisation, die sich dort abzeichnen, verstärken eigentlich nur den Eindruck: Touristen betreten in Pakistan eine Zeitmaschine. Die Entwicklung, die zahlreiche andere Urlaubsziele bis zur Unkenntlichkeit verändert hat, ist in Pakistan in den Kinderschuhen stecken geblieben. Immer noch ist Pakistan jenes Land, das vor 35 Jahren von Hippies und den Pionieren des Rucksacktourismus entdeckt worden ist. Pakistan, das ist eine Landschaft des Bleibenden.
Diese Projektion scheint ein Widerspruch zu Grunde zu liegen. Im Tourismus ist das Bleibende normalerweise nur eine fiktive Größe, es existiert in der Nostalgie oder in der Fantasie. Die Realität dagegen ist Wandel. Das beste Beispiel dafür ist Pakistans Nachbarmonument: der Himalaya, der, um es überspitzt zu formulieren, sich in den letzten Dekaden in ein Kaufhaus für Bergsteiger verwandelt hat. Als Pakistan sich entschied, durch die Brille des Tourismus auf sich selbst zu blicken und im Zuge dessen zu sich selbst zu kommen, galt es, solchen Veränderungen vorzubeugen. Nun kann man feststellen, dass sich die himalayischen Transformationserscheinungen der touristischen Kommerzialisierung an den Pässen des Karakorum nicht abzeichnen – doch was bedeutet das?
Ist das Bleibende der touristischen Landschaft Pakistans ein Anzeichen dafür, dass das islamische Modell des Fremdenverkehrs die gängigen Regeln des Tourismus außer Kraft setzt und somit ein neues Paradigma geschaffen worden ist? Oder ist dies vielmehr ein Anzeichen dafür, dass das Land es versäumt hat, die Idee der Nation als etwas Dynamisches zu konzipieren? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo im "weder noch" begraben.